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Die Achte Fanfare

Titel: Die Achte Fanfare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Philosophiebüchern?«
    Dr. Vogelhut, der Leiter der Anstalt, lehnte sich wieder zurück. »Bücher über orientalischen Kampfsport, im besonderen über eine Form namens Aikido.«
    »Eine ziemlich gewaltlose Abart. Zu gewaltlos für ihn.«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß er sich geändert hat. Er übt die Bewegungen Tag und Nacht.«
    »Man kann Aikido nicht allein üben.«
    »Peet doch.«
    Vogelhut führte Kimberlain zu dem abgeschiedenen Flügel, in dem Peet seit drei Jahren einsaß. Er öffnete die Tür mit seinem Schlüssel, folgte ihm jedoch nicht hinein.
    »Wollen Sie diesen einzigartigen Augenblick nicht mit eigenen Augen beobachten, Doktor?«
    Vogelhut schüttelte den Kopf. »Es ist seiner Therapie am dienlichsten, wenn Sie beide sich allein unterhalten. Außerdem werde ich mir später die Videobänder ansehen.«
    »Dann übermittle ich ihm Ihre Grüße«, sagte Kimberlain, und die Tür schloß sich und erzeugte dabei ein lautes Echo.
    Die beiden ersten Wächter standen, mit Maschinenpistolen bewaffnet, direkt vor ihm. Einer führte Kimberlain durch den Gang zu der einzigen Zelle, in der Licht brannte. Zwei weitere Wächter standen zwei Meter voneinander entfernt neben der Tür. Kimberlain fühlte, wie sein Herz schneller schlug, als er sich der Tür näherte. In dem Narbengewebe, das nach ihrer einzigen bisherigen Begegnung zurückgeblieben war, stieg die Erinnerung an Schmerz empor. Als er die Zelle erreichte, saß die große, kahlköpfige Gestalt mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Boden; sie wirkte seltsam ruhig und gelassen.
    »Hallo, Fährmann«, sagte Winston Peet.
    Kimberlain verabscheute es, sich mit den Einzelheiten ihrer bislang ersten und einzigen Begegnung zu beschäftigen, sowohl in Gedanken wie auch in Gesprächen mit anderen. Drei Jahre lang hatte er sein Bestes versucht, diese Begebenheit zu vergessen, doch die zahlreichen Nächte, in denen der Schmerz ihn aus dem Schlaf riß, machten dies unmöglich.
    Acht Morde waren schon geschehen, bevor die Behörden, die den Fall bearbeiteten, ein Muster entdeckten, und weitere sieben, bevor Kamanski, der damals beim FBI war, den Fährmann hinzuzog. Es hätten mehr sein können – Dutzende mehr – doch Kamanski und die anderen Beamten bezweifelten es, denn es schien dem Mörder Freude zu bereiten, wenn andere seine Werke begutachteten. Alle Leichen waren mit abgetrennten Köpfen vorgefunden worden, die der Täter mit den Händen abgerissen hatte, nachdem er die Opfer erwürgt hatte. Sie mußten es also mit einem Mann mit unglaublichen Kräften zu tun haben. Sucht nicht nach einem Menschen, hieß es, sucht nach einem Ungeheuer.
    Der Fährmann machte sich also auf die Suche nach einem Ungetüm. Die Methodik deutete darauf hin, daß der Täter – wer immer es auch war – es darauf anlegte, gefunden zu werden, oder es zumindest herausforderte. Er hinterließ eine leicht zu verfolgende Spur, fünfzehn Morde in fünfzehn verschiedenen Bundesstaaten, und die Opfer schienen – abgesehen von dem Zustand, in dem sich die Leichen befanden – nichts gemeinsam zu haben. Doch Kimberlain wußte, daß es weitere Hinweise geben mußte, denn der Mörder wollte Spuren hinterlassen. Er stellte sich vor, wie er sich dort draußen irgendwo ins Fäustchen lachte und dachte: Ich gebe euch alles, was ihr braucht, um mich zu schnappen, und das ist alles, was euch einfällt?
    Der sechzehnte Mord fand statt, als der Fährmann schon an dem Fall arbeitete. Er und Kamanski verbrachten lange Stunden vor einer Karte der Vereinigten Staaten, auf der sechzehn numerierte Fähnchen die Orte darstellten, wo man die Leichen gefunden hatte. Sie schienen völlig zufällig ausgewählt zu sein, doch Kimberlain wußte, daß sich dieser Eindruck nur einstellte, weil sie in der falschen Richtung suchten. Sie arbeiteten die Akten über die Toten durch, stießen jedoch auch dabei auf keine Informationen, die sie weiterbrachten. Es kam auch nichts heraus, als sie die Daten in einen Computer einspeisten: Es schien keine logischen Zusammenhänge zu geben.
    Aus lauter Frustration, so tief gegraben und nichts gefunden zu haben, meinte Kimberlain schließlich, daß sie vielleicht ein paar offensichtliche Daten an der Oberfläche übersehen hätten. Er nahm sich noch einmal die Akten vor, faßte die Lebensläufe der Opfer in Tabellen zusammen und fand nach einem Tag der Vergleiche die Antwort: Jeder Mord hatte in dem Staat stattgefunden, in dem das vorherige Opfer geboren worden war.

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