Die Achte Fanfare
Wächter essen nicht einmal mit dem Rest des Personals zusammen.« Er hielt kurz inne. »Dr. Vogelhut hat mich gebeten, Ihnen kurz die Sicherheitsvorkehrungen zu erläutern.«
»Nur zu.«
»Rund um die Uhr stehen jeweils zwei Wachen vor der Zellentür. Seine Zelle wurde extra verstärkt, die Gitterstäbe sind doppelt so dick wieüblich. Kein Fenster. Videoüberwachung. Und für den Fall, daß er trotzdem entkommen sollte, haben wir am Ende des Ganges zu seiner Zelle eine dreißig Zentimeter dicke Tür eingebaut, um ihn aufzuhalten. Sie wird ebenfalls von zwei Mann bewacht, und keine der Wachen in seinem Flügel hat Schlüssel.«
»Sie meinen, Sie haben sie dort eingeschlossen?«
»Im Prinzip ja. Wir wissen, wozu Peet fähig ist. Die Männer wurden eigens ausgebildet und bekommen eine hohe Gefahrenzulage.«
»Und falls etwas schiefgehen sollte, bekommen ihre Angehörigen eine fette Pension?«
»Dieser Fall wird wohl nie eintreten.« Sie wurden augenblicklich durch das Tor gewunken. »Keine der Wachen kommt mit Peet in Berührung. Sie müssen noch nicht einmal die Zellentür öffnen, um dem Tier sein Essen zu bringen. Wir haben ein in sich geschlossenes System für ihn entwickelt.«
»Das freut mich zu hören.«
»Bitte, setzen Sie sich, Mr. Kimberlain.«
Dr. Alan Vogelhut war ein älter aussehender Mann von fünfundvierzig Jahren mit einem Bierbauch. Seine Hand war vor Nervosität schweißnaß. Vogelhut nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz, und Kimberlain setzte sich ihm gegenüber in einen ledernen Queen-Anne-Sessel.
»Sie wissen, daß Winston Peet eigentlich keinen Besuch empfangen darf. Ich war jedoch bereit, in Ihrem Fall eine Ausnahme zu machen, da Mr. Kamanski mich darum gebeten hat und ich Ihr ziemlich einzigartiges Interesse an diesem Patienten und seiner Fallgeschichte kenne.«
»Ich würde ihn nicht gerade einen Patienten nennen.«
»Seien Sie froh, daß ich dies so sehe, Mr. Kimberlain, denn keine Macht auf Erden hätte mich dazu bewegen können, diesen Besuch zu genehmigen, wäre ich nicht der Meinung, es würde sich positiv auf seine Therapie auswirken.«
»Therapie? Soll das heißen, daß Sie versuchen, ihm zu helfen?«
»Ich bin dazu verpflichtet.«
»Sind Sie nicht auch den siebzehn Menschen verpflichtet, die er ermordet hat?«
»Mr. Kimberlain, gerade wegen seiner Neigung zu gewalttätigem Verhalten habe ich Peet für ein Experiment mit einem Medikament ausgesucht, das Einfluß auf sein Verhalten nehmen könnte.«
»Einen Augenblick lang dachte ich, Sie wollten mir sagen, er habe zu Gott gefunden.«
»Sie haben mich nicht aussprechen lassen. Vielleicht liegt es an diesem Medikament, vielleicht auch nicht, doch Peet hat sich geändert. Ich würde nicht sagen, daß er sich gebessert hat oder geheilt ist – er hat sich nur geändert, und zwar zum Positiven.«
Kimberlain schüttelte ungläubig den Kopf. »Haben Sie ihm gesagt, daß ich komme?«
Vogelhut nickte. »Er glaubt, ich wolle ihn damit für die positiven Entwicklungen in seiner Therapie belohnen, genau wie mit den Briefen, die er mit meiner Erlaubnis schreiben durfte.« Er hielt inne. »Haben diese Briefe Sie hierher geführt?«
»Haben Sie sie gelesen?«
»Ich respektiere die Privatsphäre meiner Patienten.«
»Dann sollte ich sie ebenfalls respektieren.«
Vogelhut beugte sich leicht verärgert vor. »Ich habe das Gefühl, daß Ihr Besuch hier zu weiteren Fortschritten bei seiner Entwicklung führen wird. Ich bin der einzige, mit dem er spricht, doch unter diesen Umständen erfahre ich nicht besonders viel dabei. Ich möchte Sie als eine Art Barometer benutzen und hielt es für das beste, Sie darauf vorzubereiten, womit Sie es zu tun haben werden.«
»Sparen Sie sich die Mühe. Ich kenne Peet.«
»Nicht diesen Peet.«
»Zwei Meter und zehn groß, kahlköpfig, breit wie ein Schrank und genauso stabil.«
»Er bezeichnet sich als Fehlgriff der Evolution. Er macht jeden Tag mindestens tausend Liegestütze und zwei Stunden Fitneßtraining.«
»Und den Rest der Zeit?«
»Liest er.«
»Er liest?«
»Philosophische Bücher. Hauptsächlich Nietzsche, alles, was er je geschrieben hat. Peet zitiert ihn ausgiebig. Ich habe ihm Dutzende von Büchern besorgt.«
»Keine gebundenen Ausgaben, hoffe ich. Ein Mann wie Peet könnte die spitzen Kanten als Waffen benutzen und Sie glatt damit umbringen.«
»Ich ließ die Einbände entfernen. Von den Taschenbüchern übrigens auch.«
»Was liest er außer diesen
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