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Die Achte Fanfare

Titel: Die Achte Fanfare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Meinung nach suchen sollte.«
    »Wie ist das Wetter draußen?« fragte Peet plötzlich.
    »Es ist kalt und schneit.«
    »Der erste Schnee des Winters?«
    »Kann schon sein.«
    »Wiedergeburt, Fährmann. Jungfräuliches Weiß überzieht ein Land, das dringend einer Erneuerung bedarf.«
    Peet erhob sich. Er war bis zur Taille nackt und trug Khaki-Hosen, die kaum bis zu den Sandalen um seine Füße fielen. Seine gewaltigen Muskeln spielten bei jedem Atemzug, und sogar in seinem Hals pulsierten breite Sehnen. Kimberlain starrte ihn unwillkürlich an. Sein Erinnerungsvermögen wurde dem Ungetüm nicht gerecht.
    »Ich glaube, daß die Menschen auf eine ähnliche Erneuerung warten, Fährmann.«
    »Dr. Vogelhut scheint der Meinung zu sein, daß Sie der Ihren ein großes Stück näher gekommen sind.«
    »Man kann ihn leicht täuschen.«
    »Sie täuschen ihn also?«
    »Nur, indem ich ihn glauben lasse, seine Therapie sei für meine Erneuerung verantwortlich.« Peet hielt kurz inne und musterte Kimberlain eindringlich. »Sie waren es, Fährmann, damals in dieser Stadt. Dort begann meine Wiedergeburt.« Er sah zu dem hohen Stapel Philosophiebücher ohne Umschläge an der hinteren Wand hinüber. »Mein Freund Nietzsche schrieb, daß man von seinen Feinden viel lernen kann. Sie haben mich in Kansas nicht getötet. Ich finde das interessant.«
    »Wir alle machen Fehler.«
    »Ich möchte Sie nicht für Ihr Mitgefühl loben, denn ich weiß, daß das nichts damit zu tun hatte. Mich zu töten hätte das Vergnügen an Ihrem Sieg geschmälert, und so haben Sie mein Leben geschont. In diesem Augenblick habe ich begriffen, wie sehr wir beide einander ähneln.«
    »Ihre Verletzungen müssen Sie in ein Delirium geworfen haben.«
    »Streiten Sie es doch nicht ab. Ihre Seele ist mir nicht fremd. Doch ich finde die Tatsache, daß Sie mein Leben geschont haben, trotz allem aufregend. Das hat mich auf neue Gedanken gebracht. Ich sah ein, daß das Schicksal mich aus einem bestimmten Grund verschont hat.«
    Peet hielt die Augen geschlossen, als meditiere er, und Kimberlain benutzte die Gelegenheit, um sich in seiner Zelle umzusehen. Alles war neu, ordentlich und sauber. Ein Plastikbecken und eine Toilette, eine einteilige Pritsche ohne Federn und Bücherstapel, hauptsächlich Nietzsche. Neben dem Bett lagen zahlreiche Stapel Zeitungen, die so sorgfältig zusammengefaltet waren, daß sie ungelesen schienen. Daher weiß er also von den Morden, dachte Kimberlain und richtete seine Aufmerksamkeit dann auf die potentiellen Waffen, die der Riese zusammengetragen hatte. Sogar Druckerschwärze, mit dem Fingernagel abgeschabt und eine Weile gelagert, konnte ein wirksames Gift ergeben. Und was war mit den Bleistiften, mit denen er die Briefe verfaßt hatte? Sie waren zwar weich und daher weniger gefährlich, doch bei Peet ließ sich kein Risiko ausschließen.
    »Steckt ein Mann hinter den Morden oder mehr als einer?« fragte der Fährmann.
    Winston Peet öffnete die Augen wieder. »Es ist ein Mann und mehr als einer.«
    »Soll das ein Rätsel sein?«
    »Sie sind nicht hinter einem gewöhnlichen Killer her.«
    »Wer könnte es denn sein?«
    »Ich habe mich über diese Fälle auf dem laufenden gehalten. Ich lese eifrig Zeitung, Fährmann, bin immer auf der Suche nach einem Menschen, dessen Fähigkeiten den meinen gleichkommen könnten.«
    »Macht dieser Mörder Sie eifersüchtig?«
    »Wohl kaum.«
    »Haben Sie eine Vermutung?«
    Peet dachte nur kurz über die Frage nach. »Dreighton Quail vielleicht.«
    »Der Holländer ist tot.«
    »Haben Sie ihn getötet?«
    »Nein.«
    »Dann ist er nicht tot.«
    »Sie sind mir keine große Hilfe.«
    »Wie ich Ihnen schon schrieb, wenn ich Ihnen helfen soll, verlange ich, daß Sie zuerst mir helfen.«
    »Wie bitte?«
    Peet trat näher an die Gitterstäbe. Die bewaffneten Wachen, die auf beiden Seiten jeweils zwei Meter hinter dem Fährmann standen, umfaßten ihre Gewehre fester. Der Riese ließ seine Hände den Stahl hinauf gleiten. »Warum kommen Sie nicht zu mir herein?«
    »Weil ich zu alt bin, um noch einmal drei Monate im Krankenhaus zu verbringen.«
    »Haben Sie immer noch Schmerzen?«
    Kimberlain machte sich nicht die Mühe, diese Frage zu beantworten.
    »Ich auch.« Peet deutete auf die unregelmäßige Narbe, die quer über sein Schlüsselbein bis hin zu seinem massigen Hals verlief. Seine Hände legten sich fester um die Gitterstäbe. »Sie wissen, daß ich die Gitter leicht herausreißen könnte. Ich wäre bei

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