Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
Vom Netzwerk:
trommelte ungeduldig mit den Fingern, bis die Internetverbindung zustande kam. Endlich erschien das Suchfeld auf dem Monitor. Meredith tippte PAUL FOSTER CASE ein. Augenblicke später erhielt sie eine Liste von Treffern.
    Sie klickte direkt den Wikipedia-Eintrag an, der umfassend und leicht verständlich war. Der Amerikaner Paul Foster Case hatte Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts begonnen, sich für Karten zu interessieren, zu einer Zeit, in der er als Klavierspieler die Passagiere auf Dampfschiffen unterhielt. Dreißig Jahre später gründete er in Los Angeles eine Organisation, die helfen sollte, sein eigenes Tarotsystem zu verbreiten, die Builders of the Adytum, kurz BOTA . Eines der besonderen Merkmale von BOTA war, dass Case mit seiner Philosophie an die Öffentlichkeit ging, was im krassen Gegensatz zu den meisten esoterischen Systemen dieser Zeit stand, die auf absoluter Geheimhaltung und der Idee der Elite beruhten. Außerdem war BOTA interaktiv. Im Gegensatz zu anderen Tarots waren die BOTA -Karten schwarz und weiß, damit jeder Einzelne sie bunt ausmalen konnte, sie sich zu eigen machen konnte. Dieses Prinzip war mitverantwortlich dafür, dass das Tarot in Amerika zunehmend populärer wurde.
    Zudem verband Case erstmals Musiknoten mit den Karten der großen Arkana. Alle waren sie mit einem bestimmten Ton verknüpft, nur nicht Karte  XIX , die Sonne, und IX , der Eremit, als stünden diese beiden Bilder außerhalb der normalen Ordnung.
    Meredith betrachtete die Darstellung einer Klaviatur, auf der Pfeile angaben, welche Karte wohin gehörte.
    Der Turm, das Gericht und der Herrscher waren alle der Note C zugeordnet. Der Teufel war mit A verknüpft; D hatte eine Verbindung zu den Liebenden und der Kraft; der Zauberer und der zahlenlose Narr waren E.
    C-A-D-E. Domaine de la Cade.
    Sie starrte den Monitor an, als wollte er sie irgendwie hinters Licht führen.
    C-A-D-E, alles weiße Tasten, alle mit bestimmten Karten der großen Arkana verbunden, die bereits eine Rolle gespielt hatten.
    Und damit nicht genug. Meredith sah plötzlich eine weitere Verbindung, die die ganze Zeit direkt vor ihrer Nase gewesen war. Sie griff nach dem Notenblatt mit dem Klavierstück, das sie geerbt hatte:
Grabkapelle 1891 .
Sie kannte das Stück in- und auswendig – die fünfundvierzig Takte, den Tempowechsel im Mittelteil –, den Stil und die Klangfarbe, die an Gärten des 19 . Jahrhunderts und Mädchen in weißen Kleidern denken ließen. Anklänge an Debussy und Satie und Dukas.
    Und um die Noten A, C, D und E herum konstruiert.
    Meredith vergaß für einen Moment, wo sie war, und stellte sich vor, wie ihre Finger über die Tasten glitten. Es gab nur noch die Musik. A, C, D und E. Das abschließende unterteilte Arpeggio, der verklingende Schlussakkord.
    Sie lehnte sich zurück. Alles gehörte irgendwie zusammen, keine Frage.
    Aber was zum Teufel hat es zu bedeuten?
    Meredith fühlte sich nach Milwaukee zurückversetzt, in Miss Bridges Musikunterricht an der Highschool, wie diese immer wieder dasselbe Mantra wiederholt hatte. Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen. »Eine Oktave besteht aus zwölf plus eins chromatischen Tönen.« Sie hörte förmlich die Stimme der Lehrerin im Kopf. »Die Halbtöne und die Ganztöne sind die Bausteine der diatonischen Tonleiter. In der diatonischen Tonleiter gibt es acht Töne, in der pentatonischen fünf. Der erste, dritte und fünfte Ton der diatonischen Tonleiter sind die Bausteine der Grundakkorde, die Formel für Vollkommenheit, für Schönheit.«
    Meredith ließ die Erinnerungen in sich aufsteigen, ihre Gedanken von ihnen leiten. Musik und Mathematik, auf der Suche nach Verbindungen, nicht nach Zufällen. Sie tippte FIBONACCI ins Suchfeld. Sah neue Worte vor ihren Augen auftauchen. Zu Beginn des 13 . Jahrhunderts entwickelte Leonardo da Pisa, bekannt als Fibonacci, eine mathematische Theorie, in der Zahlen eine bestimmte Folge bildeten. Nach zwei Anfangswerten ist jede weitere Zahl die Summe ihrer beiden Vorgänger.
    0 , 1 , 1 , 2 , 3 , 5 , 8 , 13 , 21 , 34 , 55 , 89 , 144 , 233 , 377 .
    Angeblich beschreibt der Quotient zweier aufeinanderfolgender Zahlen die ideale Proportion, den Goldenen Schnitt.
    In der Musik fand das Fibonacci-Prinzip manchmal beim Stimmen von Instrumenten Anwendung. Die Fibonacci-Zahlen fanden sich auch in natürlichen Phänomen, wie in der Verästelung von Bäumen, der Krümmung von Wellen, dem Aufbau eines Pinienzapfens. In Sonnenblumen beispielsweise gab es

Weitere Kostenlose Bücher