Die achte Karte
morgendliche Kühle zu vertreiben. Zwei Diener, einer aus Paris, der andere aus Carcassonne, standen in respektvollem Abstand. Von Zeit zu Zeit, wenn sie glaubten, ihre Herren bemerkten es nicht, musterten sie einander argwöhnisch.
»Sie meinen, er wird Sie in dieser Angelegenheit um Ihre Dienste bitten?«
Charles Denarnaud, das Gesicht noch immer gerötet von der Menge vorzüglichen Cognacs, den er am Vorabend zum Diner getrunken hatte, zog tief an seiner Zigarre, paffte so lange, bis die würzigen, teuren Tabakblätter glühten. In seinem fleckigen Gesicht lag ein selbstgefälliger Ausdruck. Er legte den Kopf zurück und blies einen weißen Rauchkringel zur Decke.
»Und Sie wollen wirklich keine, Constant?«
Victor Constant hob eine Hand, deren entzündete Haut unter einem Handschuh versteckt war. Er fühlte sich heute Morgen unwohl. Die Anspannung, dass seine Jagd sich dem Ende zuneigte, spielte seinen Nerven übel mit.
»Sie meinen wirklich, dass Vernier sich an Sie wendet?«, fragte er erneut.
Denarnaud hörte den harten Klang in Constants Stimme und setzte sich aufrecht hin. »Ich glaube nicht, dass ich den Mann falsch einschätze«, sagte er rasch, weil er merkte, dass er sein Gegenüber gereizt hatte. »Vernier hat nur wenige Bekannte in Rennes-les-Bains, und darunter ist außer mir ganz bestimmt keiner, mit dem er auf so vertrautem Fuße steht, dass er ihn in einer derartigen Angelegenheit um Hilfe bitten würde. Ich bin sicher, dass er bei mir vorstellig werden wird. Die Zeit reicht nicht, um jemanden von weiter auswärts herkommen zu lassen.«
»Richtig«, sagte Constant trocken.
»Ich vermute, er wird Gabignaud, einen ortsansässigen Mediziner, bitten, als Arzt anwesend zu sein.«
Constant nickte. Er wandte sich an den Diener, der der Tür am nächsten stand.
»Die Briefe wurden heute Morgen überbracht?«
»Ja, Monsieur.«
»Und von den Herrschaften im Haus hat dich keiner gesehen?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe sie einem Dienstboten übergeben, der sie zusammen mit der Morgenpost überbringen sollte.«
Constant überlegte kurz. »Und es weiß niemand, dass du hinter den Geschichten steckst, die jetzt überall kursieren?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe lediglich bei Leuten, die am ehesten dazu neigen, Gerüchte zu verbreiten, die eine oder andere Bemerkung fallenlassen, dass die Bestie, die einst von Jules Lascombe geweckt wurde, wieder gesichtet worden ist. Bosheit und Aberglaube haben ein Übriges getan. Die heftigen Unwetter gelten als ausreichender Beweis dafür, dass die Dinge aus dem Lot sind.«
»Ausgezeichnet.« Constant winkte ihn fort. »Kehre zur Domaine de la Cade zurück und beobachte, was Vernier macht. Erstatte mir am Abend Bericht.«
»Sehr wohl, Monsieur.«
Er ging rückwärts zur Tür, zog dabei seinen blauen napoleonischen Umhang von der Rückenlehne eines Sessels und schlüpfte hinaus auf die wolkenverhangene Straße.
Sobald Constant das Schließen der Tür vernahm, stand er auf.
»Ich möchte diese Angelegenheit schnell erledigen, Denarnaud, und das möglichst diskret. Ist das klar?«
Denarnaud, den das abrupte Ende des Gesprächs überraschte, stand schwerfällig auf.
»Natürlich, Monsieur. Es ist alles vorbereitet.«
Constant schnippte mit den Fingern. Sein Diener trat vor, einen Geldbeutel in der Hand. Beim Anblick der Blasen werfenden Haut des Mannes wich Denarnaud unwillkürlich zurück.
»Das ist die Hälfte Ihres vereinbarten Lohns«, sagte Constant und gab ihm das Geld. »Der Rest folgt, wenn die Sache zu meiner Zufriedenheit erledigt ist. Verstanden?«
Denarnauds gierige Hände schlossen sich um den Beutel.
»Sie werden bestätigen, dass ich keine weitere Waffe bei mir trage«, sagte Constant mit kalter, harter Stimme. »Damit das klar ist.«
»Wir werden ein Paar Duellpistolen benutzen, Monsieur, jede mit nur einem einzigen Schuss. Sollten Sie irgendwelche anderen Utensilien bei sich führen, so werde ich die übersehen.« Er lächelte einnehmend. »Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, Monsieur, dass ein Mann wie Sie sein Ziel nicht gleich beim ersten Versuch trifft.«
Constant quittierte die devote Schmeichelei mit einem verächtlichen Blick.
»Ich treffe immer«, sagte er.
Kapitel 77
∞
Z ur Hölle damit!«, schrie Anatole und stampfte mit dem Stiefelabsatz auf den Boden.
Pascal trottete zu dem notdürftigen Schießstand hinüber, den er auf der von wilden Wacholderbüschen umringten Waldlichtung aufgebaut hatte. Er
Weitere Kostenlose Bücher