Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
Vom Netzwerk:
Und«, so fügte er mit einem verschwörerischen Lächeln in Richtung seiner Schwester hinzu, »falls dir der Gedanke Angst macht, so weit weg von zu Hause zu sein,
petite,
allein und in einer fremden Umgebung, lässt sich Tante Isolde bestimmt dazu bewegen, ihre Einladung auch auf mich auszudehnen.«
    Endlich verstand Léonie, worauf Anatole hinauswollte. »Oh«, sagte sie.
    »Könntest du dich wirklich für ein, zwei Wochen freimachen, Anatole?«, fragte Marguerite nach.
    »
Pour ma petite sœur
kann ich alles«, sagte er. Er lächelte Léonie an. »Falls du die Einladung annehmen möchtest, stehe ich dir zu Diensten.«
    Sie verspürte ein erstes Prickeln der Vorfreude. Nach Lust und Laune in der freien Natur herumspazieren zu können und saubere Luft zu atmen. Lesen zu dürfen, was sie wollte und wann sie wollte, ohne Kritik oder Tadel fürchten zu müssen.
    Anatole ganz für mich zu haben.
    Sie überlegte noch ein Weilchen, weil es nicht zu offensichtlich sein sollte, dass sie und Anatole unter einer Decke steckten. Wenn ihre Mutter sich in der Domaine de la Cade nicht wohl gefühlt hatte, bedeutete das noch lange nicht, dass es ihr ebenso ergehen würde. Sie blickte verstohlen auf Anatoles lädiertes, schönes Gesicht. Sie hatte gedacht, sie hätten die ganze Sache hinter sich. Der gestrige Abend hatte ihr gezeigt, dass dem nicht so war.
    »Also schön«, sagte sie und spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss. »Falls Anatole mich begleitet und vielleicht so lange bleibt, bis ich mich einigermaßen eingelebt habe, dann von mir aus ja.« Sie wandte sich an Marguerite. »M’man, würden Sie Tante Isolde bitte schreiben und ihr mitteilen, dass ich – wir – ihre freundliche Einladung mit großer Freude annehmen?«
    »Ich werde telegrafieren und die Daten bestätigen, die sie vorgeschlagen hat.«
    Anatole grinste. Er hob seine Kaffeetasse. »
A l’avenir
«, sagte er.
    Léonie erwiderte den Trinkspruch. »Auf die Zukunft«, lachte sie. »Und auf die Domaine de la Cade.«

[home]
    Zweiter Teil
    Paris
    Oktober 2007

Kapitel 9
    Paris, Freitag, 26 . Oktober 2007
    M eredith Martin saß im Eurostar nach Paris und starrte ihr Spiegelbild im Zugfenster an. Schwarze Haare, weißes Gesicht. Ohne einen Hauch von Farbe sah sie nicht besonders gut aus. Sie schaute auf die Uhr.
    Viertel vor neun. Fast da, Gott sei Dank.
    Immer häufiger zischten jetzt die grauen Rückseiten von Häusern und Kleinstädte in der Dunkelheit vorbei. Der Waggon war ziemlich leer.
    Zwei französische Geschäftsfrauen in akkurat gebügelten weißen Blusen und grauen Hosenanzügen. Zwei auf ihren Rucksäcken schlafende Studenten. Das sanfte Klickern von Computertastaturen, leise Handytelefonate, das Rascheln von Zeitungen – französisch, britisch und amerikanisch. Auf der anderen Seite des Ganges war eine Vierergruppe von Anwälten in gestreiften Hemden und Jeans mit rasiermesserscharfen Bügelfalten auf dem Weg ins Wochenende. Sie unterhielten sich laut über einen Betrugsfall, und ihr Tisch war übersät mit Glasflaschen und Plastikbechern. Bier, Wein, Bourbon.
    Merediths Augen wanderten zu der glänzenden Hotelbroschüre auf dem Plastiktisch, obwohl sie sie schon fast auswendig kannte.
    L’Hôtel Domaine de la Cade Rennes-les-Bains 11 190
    Das Hôtel Domaine de la Cade liegt in einer zauberhaften bewaldeten Parklandschaft über dem malerischen Örtchen Rennes-les-Bains im wunderschönen Languedoc. Es verbindet die vornehme Eleganz des neunzehnten Jahrhunderts mit dem Komfort und den Freizeitangeboten, die der anspruchsvolle Gast des einundzwanzigsten Jahrhunderts erwartet. Das Hotel befindet sich an der Stelle des ursprünglichen maison de maître, das im Jahr 1897 teilweise durch einen Brand zerstört wurde. Bereits in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde in seinen Mauern der Hotelbetrieb aufgenommen, und im Jahre 2004 erfolgte nach umfassenden Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen die Neueröffnung unter neuer Leitung. Heute gilt es als eines der besten Hotels im Südwesten Frankreichs.
    Preise und ausführliche Beschreibung siehe Rückseite.
    Dann folgte der gleiche Text auf Französisch.
    Es klang toll. Ab Montag würde sie dort sein. Das war ihr Geschenk an sich selbst, ein paar Tage Fünfsterneluxus nach all den Billigflügen und Billighotels. Sie schob die Broschüre zurück in die durchsichtige Plastikreisemappe mit der Reservierungsbestätigung und verstaute das Ganze wieder in ihrer Tasche.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher