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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Packung Wachsstreichhölzer aus seiner Tasche und nahm eine Zigarette aus dem Etui. »Aber den Luxus einer Kutsche scheint es leider nicht zu geben.« Er zündete das Streichholz an. »Zumindest nicht so spät im Jahr und an einem Sonntag.«
    Das Grand Café Guilhem lag auf der anderen Seite der Brücke. Davor standen ein paar Marmortische mit schmiedeeisernen Beinen und Holzstühle mit geflochtener Sitzfläche im Schatten einer großen Markise, die sich über die gesamte Länge des Restaurants erstreckte. Geranien in Terrakottatöpfen und Zierbäume in bierfassgroßen Holzkübeln mit Metallreifen verschafften den Gästen zusätzlich etwas Sichtschutz.
    »Nicht gerade das Café Paillard«, sagte Léonie, »aber es wird genügen.«
    Anatole lächelte liebevoll. »Ich glaube kaum, dass sie Séparées haben, aber die Terrasse sieht doch ganz einladend aus. Oder?«
    Sie wurden zu einem angenehmen Tisch geführt. Anatole bestellte für sie beide und geriet mit dem
patron
ins Plaudern. Léonie ließ ihre Gedanken schweifen. Reihen von Platanen mit ihrer scheckigen Rinde, Napoleons Baumarmee, spendeten an der Straße Schatten. Erstaunt stellte sie fest, dass nicht nur die Avenue de Limoux, sondern auch die umliegenden Straßen gepflastert worden waren, anstatt sie in ihrem natürlichen Zustand zu belassen. Sie schrieb das der Beliebtheit der nahen Thermalbäder zu und dem hohen Aufkommen an
voitures publiques
und Privatkutschen, die hier während der Hauptsaison unterwegs waren.
    Anatole schlug seine Serviette aus und legte sie sich über den Schoß.
    Der Kellner kam umgehend und brachte die Getränke – einen Krug Wasser, ein großes Glas kühles Bier für Anatole und einen
pichet
des hiesigen
vin de table.
Kurz darauf wurde das Essen serviert. Ein leichtes Gericht aus Brot, hartgekochten Eiern, einer Galantine aus Räucherfleisch, gepökeltem Schwein, ein paar Stücken Käse aus der Gegend und einer Scheibe Hühnerpastete in Aspik, schlicht, aber nahrhaft.
    »Gar nicht mal schlecht«, sagte Anatole. »Ehrlich gesagt, erstaunlich gut.«
    Léonie entschuldigte sich zwischen den Gängen. Als sie rund zehn Minuten später zurückkam, sah sie, dass Anatole ein Gespräch mit den Leuten am Nebentisch angefangen hatte. Ein älterer Herr in der eleganten Garderobe eines Bankiers oder Anwalts, hoher schwarzer Zylinder und dunkler Anzug, Stehkragen und Krawatte, trotz der Hitze. Und ihm gegenüber ein jüngerer Mann mit strohfarbenem Haar und einem buschigen Schnauzer.
    »Dr. Gabignaud, Maître Fromilhague«, sagte Anatole, »darf ich Ihnen meine Schwester Léonie vorstellen.«
    Beide Männer erhoben sich halb und lüfteten den Hut.
    »Gabignaud hat gerade von seiner Arbeit in Rennes-les-Bains erzählt«, erklärte Anatole, als Léonie wieder am Tisch Platz nahm. »Sie waren also drei Jahre als Assistent bei Dr. Courrent, sagen Sie?«
    Gabignaud nickte. »Ganz richtig. Drei Jahre. Unsere Bäder in Rennes-les-Bains sind die ältesten hier in der Region, und außerdem dürfen wir uns rühmen, mehrere unterschiedliche Wassertypen zu besitzen, wodurch wir ein größeres Spektrum an Symptomen und Pathologien behandeln können als jede andere vergleichbare Thermaleinrichtung. Zu der Gruppe von Thermalwassern gehören die
source du Bain Fort
mit zweiundfünfzig Grad, die …«
    »Sie müssen nicht so ins Detail gehen, Gabignaud«, knurrte Fromilhague.
    Der Doktor lief rot an. »Ja, richtig. Ähm. Es war mir vergönnt, auch andernorts in ähnliche Einrichtungen eingeladen zu werden«, fuhr er fort. »Ich hatte die Ehre, einige Wochen unter Dr. Privat in Lamalou-les-Bains studieren zu dürfen.«
    »Lamalou, den Namen habe ich noch nie gehört.«
    »Das erstaunt mich, Mademoiselle Vernier. Es ist ein zauberhafter Kurort, ebenfalls römischen Ursprungs, etwas nördlich von Béziers.« Er senkte die Stimme. »Obgleich die Atmosphäre dort natürlich recht düster ist. In Medizinerkreisen ist er vor allem für seine Lues-Therapie bekannt.«
    Maître Fromilhague schlug krachend mit der Hand auf den Tisch, so dass die Kaffeetassen hüpften und Léonie zusammenfuhr. »Gabignaud, Sie vergessen sich!«
    Der junge Doktor wurde puterrot. »Verzeihen Sie, Mademoiselle Vernier. Ich wollte keinesfalls despektierlich sein.«
    Verwundert fixierte Léonie Maître Fromilhague mit einem kalten Blick. »Seien Sie vergewissert, Dr. Gabignaud,
ich
habe das auch nicht so aufgefasst.«
    Sie schielte zu Anatole hinüber, der mit Mühe das Lachen

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