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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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eintrafen.«
    Laboughe starrte ihn unter buschigen weißen Augenbrauen hinweg an. »Ein Tipp?«
    »Sieht so aus.«
    »Von wem?«
    »Da hüllen sie sich in Schweigen. Einer meiner Gendarmen hat ein Gespräch zwischen zwei von den Geiern aufgeschnappt. Offenbar haben wenigstens zwei Zeitungsredaktionen am Sonntagabend gegen sieben eine Mitteilung erhalten, woraufhin sie es für ratsam hielten, einen Reporter in die Rue de Berlin zu schicken.«
    »Also mit der genauen Anschrift?«
    »Auch diesbezüglich halten sie sich sehr bedeckt, aber ich vermute es.«
    Präfekt Laboughe ballte seine alte blaugeäderte Hand auf dem Elfenbeinknauf seines Stocks. »General Du Pont? Bestreitet er, dass Marguerite Vernier seine Geliebte war?«
    »Nein, aber er hat verlangt, dass wir ihm zusichern, in dieser Angelegenheit diskret vorzugehen.«
    »Und die Zusicherung haben Sie ihm gegeben?«
    »Allerdings. Der General bestreitet mit aller Entschiedenheit, sie getötet zu haben. Hat den Journalisten die gleiche Geschichte erzählt wie uns. Er behauptet, ihm sei, als er gestern aus einem Mittagskonzert kam, ein Zettel überreicht worden mit der Nachricht, nicht, wie verabredet, um fünf Uhr am Nachmittag zu Marguerite Vernier zu kommen, sondern erst am späteren Abend. Sie wollten heute Morgen für ein paar Wochen ins Marne-Tal reisen. Den Dienstboten war so lange freigegeben worden. Die Wohnung war eindeutig auf eine längere Abwesenheit der Bewohner vorbereitet worden.«
    »Hat Du Pont den Zettel noch?«
    Thouron seufzte. »Mit Rücksicht auf die Reputation der Dame, so behauptet er jedenfalls, hat er die Nachricht zerrissen und vor dem Konzertsaal weggeworfen.« Thouron stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und fuhr sich mit müden Fingern durchs Haar. »Ich habe sofort einen Mann hingeschickt, aber die Straßenfeger in dem Arrondissement sind erstaunlich emsig.«
    »Hinweise auf Verkehr intimer Natur kurz vor ihrem Tod?«
    Thouron nickte.
    »Was sagt der Bursche dazu?«
    »Die Neuigkeit hat ihn erschüttert, aber er hat die Fassung gewahrt. Er war es nicht, sagt er. Bleibt bei seiner Geschichte, dass er sie tot aufgefunden hat, als er abends kam und schon zahllose Reporter auf der Straße vor dem Haus gewartet haben.«
    »Bestätigen Zeugen sein Eintreffen?«
    »Für halb neun, ja. Die Frage ist aber, ob er nicht schon am Nachmittag dort war. Wir haben nur sein Wort, dass er erst am Abend gekommen ist.«
    Laboughe schüttelte den Kopf. »General Du Pont«, sagte er nachdenklich. »Beziehungen nach ganz oben … so was ist immer heikel.« Er musterte Thouron. »Wie ist er reingekommen?«
    »Er hat einen Schlüssel.«
    Thouron kramte in einem der wackeligen Papierstapel auf seinem Schreibtisch herum und hätte beinahe ein Tintenfass umgestoßen. Schließlich fand er die Mappe, nach der er gesucht hatte, und zog ein einzelnes Blatt heraus.
    »Abgesehen von den Dienstboten, lebt ein Sohn in der Wohnung, Anatole Vernier, ledig, Alter sechsundzwanzig, ehemaliger Journalist und
littérateur,
sitzt jetzt im Beirat einer Fachzeitschrift, die sich mit seltenen Büchern,
beaux livres,
und dergleichen befasst.« Er konsultierte seine Notizen. »Zum Haushalt gehört auch noch eine Tochter, Léonie, siebzehn, ebenfalls ledig.«
    »Sind sie von der Ermordung ihrer Mutter unterrichtet worden?«
    Thouron seufzte. »Leider nein. Es ist uns nicht gelungen, sie ausfindig zu machen.«
    »Wieso das?«
    »Sie sind vermutlich auf dem Land. Meine Männer haben die Nachbarn vernommen, aber die wissen nicht viel. Sohn und Tochter sind Freitagmorgen abgereist.«
    Präfekt Laboughe runzelte die Stirn, so dass sich seine weißen Brauen mitten auf der Stirn trafen. »Vernier? Wo hab ich den Namen schon mal gehört?«
    »Da gibt es etliche Möglichkeiten. Der Vater, Leo Vernier, war bei den Kommunarden. Wurde verhaftet, vor Gericht gestellt und in die Verbannung geschickt. Starb auf der Galeere.«
    Laboughe schüttelte den Kopf. »So lang ist das noch nicht her.«
    »In diesem Jahr ist Vernier
fils
des Öfteren in der Presse erwähnt worden. Er wurde mit Glücksspiel, Opiumhöhlen, Hurerei in Zusammenhang gebracht, aber stets ohne Beweise. Seine angebliche Sittenlosigkeit wurde angeprangert, könnte man sagen, nicht seine erwiesene.«
    »Eine Art Rufmord?«
    »Sieht ganz danach aus, Monsieur le Préfet.«
    »Anonym, vermutlich?«
    Thouron nickte. »Vor allem
La Croix
hatte Vernier im Visier. Die haben einen Artikel gebracht mit der Behauptung, Vernier habe auf

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