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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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schwarze Meerschaumpfeife aus der Tasche, klopfte damit auf die Schreibtischecke, um den Tabak zu lockern, zündete ein Streichholz an und paffte, bis der Tabak glühte. Ein schwerer, säuerlicher Geruch erfüllte das enge Büro.
    »Natürlich können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob ein Zusammenhang zum gegenwärtigen Fall besteht, aber Vernier selbst wurde letzten Donnerstag, dem siebzehnten September, in den frühen Morgenstunden Opfer eines Überfalls in der Passage des Panoramas.«
    »Am Morgen nach den Tumulten im Palais Garnier?«
    »Ganz genau. Kennen Sie die Passage des Panoramas, Monsieur le Préfet?«
    »Eine Passage mit kleinen Geschäften und Restaurants. Der Graveur Stern hat dort seinen Laden.«
    »Richtig. Vernier hat eine böse Wunde über dem linken Auge und etliche Blutergüsse davongetragen. Der Vorfall wurde unseren Kollegen im 2 . Arrondissement gemeldet, erneut anonym. Die wiederum haben uns verständigt, da sie wussten, dass wir uns für den Herrn interessieren. Bei der Befragung des Nachtwächters der Passage stellte sich heraus, dass er von dem Überfall wusste – er war sogar Zeuge –, aber er behauptet, Vernier habe ihn großzügig dafür bezahlt, Stillschweigen zu bewahren.«
    »Sind Sie der Sache nachgegangen?«
    »Nein. Da Vernier, das Opfer, sich dafür entschieden hatte, den Vorfall nicht zur Anzeige zu bringen, waren uns die Hände gebunden. Ich erwähne die Sache nur, weil sie ein Indiz sein könnte.«
    »Ein Indiz wofür?«
    »Für eine Eskalation der Feindseligkeiten«, erwiderte Thouron geduldig.
    »Aber Thouron, wenn dem so ist, wieso liegt dann Marguerite Vernier tot im Leichenschauhaus, und nicht Vernier selbst? Das ergibt keinen Sinn.«
    Präfekt Laboughe lehnte sich zurück und zog an seiner Pfeife. Thouron beobachtete ihn und wartete schweigend ab.
    »Glauben Sie, Du Pont hat den Mord begangen, Inspektor, ja oder nein?«
    »Ich bleibe für alle Möglichkeiten offen, bis wir weitere Beweise vorliegen haben.«
    »Jaja, schon gut.« Laboughe winkte ungehalten ab. »Aber Ihr Instinkt?«
    »Ehrlich gesagt, ich halte Du Pont nicht für den Täter. Natürlich liegt der Verdacht nahe. Wie gesagt, wir haben nur sein Wort, dass er nicht schon am Nachmittag bei Marguerite Vernier war und sie ermordet hat, sondern am Abend gekommen ist und sie tot vorfand. Wir haben zwei Champagnergläser gefunden, aber auch ein Cognacglas, das auf den Gitterrost geschleudert wurde. Aber es passt einfach zu vieles nicht zusammen.« Thouron holte tief Luft und suchte nach den richtigen Worten. »Der anonyme Hinweis zum Beispiel. Wenn es sich tatsächlich um einen Streit zwischen Liebenden gehandelt hat, der außer Kontrolle geriet, wer hat dann die Zeitungen verständigt? Du Pont selbst? Wohl kaum. Und die Dienstboten waren alle weggeschickt worden. Es kann nur eine dritte Person gewesen sein.«
    Laboughe nickte. »Fahren Sie fort.«
    »Außerdem wäre da der Tatzeitpunkt. Sohn und Tochter verreist, die Wohnung für eine längere Abwesenheit vorbereitet.« Er seufzte. »Ich weiß nicht, Monsieur le Préfet. Das Ganze kommt mir irgendwie inszeniert vor.«
    »Sie denken, Du Pont soll zum Sündenbock gemacht werden?«
    »Ich denke, wir sollten diese Möglichkeit in Erwägung ziehen. Wenn er es war, warum hätte er dann die Verabredung lediglich nach hinten verschieben sollen? Er hätte sich doch bestimmt ganz vom Tatort ferngehalten.«
    Laboughe nickte. »Ich will nicht verhehlen, dass ich froh wäre, nicht gezwungen zu sein, einen Kriegshelden vor Gericht zu schleifen, vor allem einen so hochdekorierten und prominenten Mann wie Du Pont.« Er sah Thouron in die Augen. »Womit ich nicht sagen will, dass das Ihre Ermittlungen in irgendeiner Weise beeinflussen sollte, Inspektor. Wenn Sie ihn für schuldig halten …«
    »Selbstverständlich, Monsieur le Préfet. Auch ich würde nur ungern einen Helden des Vaterlandes ins Gefängnis bringen.«
    Laboughe warf einen Blick auf die reißerischen Zeitungsschlagzeilen. »Andererseits, Thouron, dürfen wir nicht vergessen, dass eine Frau getötet wurde.«
    »Sehr richtig.«
    »Wir müssen dringend Vernier ausfindig machen und ihn von der Ermordung seiner Mutter unterrichten. Wenn er zuvor unwillig war, mit der Polizei über die verschiedenen Vorfälle zu sprechen, in die er im Laufe des Jahres verwickelt war, dann löst ihm diese Tragödie vielleicht die Zunge.« Er verlagerte sein Gewicht. Wieder ächzte der Stuhl hörbar. »Haben wir wirklich keinen Hinweis

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