Die achte Offenbarung
zu spät.
»Wir sollten nach Berlin fahren, zur US-Botschaft«, schlug Mele vor. »Dort gibt es sicher jemanden, der für Terrorwarnungen zuständig ist. Wenn wir ihnen sagen, dass wir Hinweise auf einen bevorstehenden Terroranschlag haben, dann werden sie uns zumindest zuhören.Außerdem sind die Amerikaner wahrscheinlich sowieso die Einzigen, die die Katastrophe noch verhindern können.«
»Du hast recht«, stimmte ihr Vater zu. »Aber auch bei denen gibt es einen bürokratischen Weg. Sie werden euch nicht einfach so glauben.«
»Wir haben immerhin das Manuskript«, meinte Paulus. »Sie können leicht nachprüfen, dass da drin der Anschlag von Lourdes vorhergesagt wird. Immerhin haben sie mit der National Security Agency die größte und leistungsfähigste Behörde für Kryptologie der Welt. Es scheint mir auf jeden Fall unsere einzige Chance zu sein. Wenn es uns nicht gelingt, sie zu überzeugen, dann …«
Es klingelte an der Haustür.
Paulus zuckte zusammen. Er sah auf die Uhr: schon kurz nach neun.
»Erwartest du Besuch, Papa?«, fragte Mele.
Der Architekt schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich bloß der Paketdienst. Wartet hier, ich sehe mal nach.«
Paulus und Mele sahen sich an. Es erschien unwahrscheinlich, dass die Araber sie hier aufgespürt hatten. Andererseits, wenn sie irgendwie Meles Namen herausbekommen hatten …
Paulus blickte sich um. Die Küche hatte einen direkten Ausgang zu einem gepflegten Garten. Über einen Zaun konnten sie auf das Nachbargrundstück gelangen und von dort aus zu Fuß durch das Wohngebiet fliehen.
»Ja, bitte?«, hörte er Meles Vater vom Eingang her sagen.
»Ist Mele hier?«, erklang eine vertraute Stimme.
Dirk! Was machte der denn hier? Paulus warf Mele einen warnenden Blick zu und schüttelte langsam den Kopf.
»Bitte, ich muss dringend mit ihr sprechen«, sagte Dirk.
»Tut mir leid, aber meine Tochter ist schon länger nicht mehr hier gewesen«, erwiderte ihr Vater.
Doch in diesem Moment stand Mele auf und ging zum Hauseingang. »Ist schon okay, Papa. Ich kenne ihn. Er ist ein Kommilitone.«
»Mele! Ich … ich wollte bloß …«
»Komm rein.«
Die drei kamen in die Küche. »Hallo«, sagte Dirk.
»Was willst du hier?«, fragte Paulus, ohne den Gruß zu erwidern. Er hatte ein ungutes Gefühl. Gerade jetzt konnten sie weitere Komplikationen ganz und gar nicht gebrauchen.
Dirk senkte den Blick. »Ich … ich wollte mich bloß entschuldigen. Es tut mir unendlich leid, dass ich das Buch genommen habe. Ich … ich war verblendet.« Er wandte sich an Mele. »Kannst du mir noch mal verzeihen?«
Mele nickte. »Schon okay. Mach bloß so einen Quatsch nicht noch mal!«
»Woher wusstest du, wo wir sind?«, fragte Paulus, der immer noch misstrauisch war.
Dirk lächelte schief. »Du hast ihr doch die Geschichte mit dem Waisenhaus nicht etwa geglaubt, oder?«
Meles Vater zog eine Augenbraue hoch und warf Mele einen Blick zu, sagte jedoch nichts.
»Also schön«, erwiderte Paulus. »Jetzt hast du dich entschuldigt, damit ist die Sache ja wohl erledigt. Wir … sind gerade ziemlich beschäftigt.«
»Seid ihr mit dem Manuskript weitergekommen?«
Bevor Paulus es verhindern konnte, sagte Mele: »Wir sind fertig.«
»Echt? Ihr seid ja wirklich schnell. Was steht denn drin?«
»Hast … hast du von dem Anschlag heute Nacht gehört?«
»Die Sache in Lourdes? Ja, warum?«
»Dieser Anschlag ist in dem Manuskript erwähnt. Mit präzisem Datum.«
Dirk blickte sie mit großen Augen an. »Du verarschst mich doch schon wieder!«
Mele schüttelte traurig den Kopf. »Ich wünschte, es wäre so. Und das ist noch nicht alles. Das Buch warnt vor einem schrecklichen Terroranschlag. Wir müssen die Behörden alarmieren. Paulus und ich werden …«
»Ich glaube, das reicht jetzt«, mischte sich Paulus ein. »Ihr könnt ja über die ganze Sache reden, wenn Mele wieder in Köln ist.«
Dirk ignorierte ihn. »Darf ich mal lesen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, griff er nach den Zetteln mit der Übersetzung.
»O Mann!«, sagte er sichtlich erschüttert, als er die Zettel wieder auf den Tisch legte. »O Mann!« Er setzte sich unaufgefordert. »Was … was wollt ihr jetzt tun?«
Paulus wurde immer nervöser. Der Student erschien ihm unberechenbar. Er wollte ihn unbedingt loswerden, wusste aber nicht, wie. Schließlich war er hier nicht der Hausherr. Er warf einen Blick zu Meles Vater, der schweigend an der Wand lehnte.
»Wir wollen zur amerikanischen Botschaft in Berlin«,
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