Die achte Offenbarung
erklärte Mele.
»Ihr wollt das Buch den Amerikanern geben? Seid ihr verrückt?«, rief Dirk.
Mele verschränkte die Arme. »Hast du vielleicht eine bessere Idee? Uns bleiben nur noch sieben Tage Zeit, um eine Katastrophe zu verhindern. Die Amerikaner sind die Einzigen, die dazu in der Lage sind!«
Dirk schüttelte energisch den Kopf. »Das ist Wahnsinn! Die Amerikaner werden es gründlich vermasseln, sovielsteht fest! Ich sage euch, was ihr machen müsst: Fotografiert das Buch und ladet die Bilder ins Internet hoch!«
»Ins Internet?«, warf Paulus ein, dem Dirks rechthaberisches Gehabe zunehmend auf die Nerven ging. »Was soll das denn bringen?«
»Die ganze Sache ist viel zu groß für uns. Sie ist zu groß für eine einzige Regierung. Eine Botschaft aus der Zukunft, Mann! Das geht die gesamte Menschheit etwas an!«
»Ach ja? Und du denkst, wenn wir das hochladen, wird die ganze Welt den Atem anhalten, und diese Terroristen werden sich vor Schreck in ihren Unterschlupf verkriechen? Hast du eigentlich eine Ahnung, wie viele schwachsinnige Verschwörungstheorien im Internet verbreitet werden? Dass die Amerikaner nie auf dem Mond gelandet sind, ist da noch eine der realistischsten!«
»Dieses Manuskript ist ja wohl keine Verschwörungstheorie!«
»Es gibt genau vier Menschen, die das wissen, plus ein paar Verrückte, die uns deswegen umbringen wollen. Kein Mensch außerhalb dieses Raums wird uns auch nur ein Wort glauben!«
»Und wieso sollten euch die Amis dann ernst nehmen?«
»Weil wir das Buch haben. Fotos kann man faken, fünfhundert Jahre altes Pergament nicht. Außerdem: Wenn wir uns beeilen, dann ist offensichtlich, dass wir das Manuskript nicht gefälscht haben können, denn der Anschlag, der darin vorhergesagt wird, ist gerade erst passiert. So ein Buch voller Glyphen macht auch der geschickteste Fälscher nicht in ein paar Stunden. Wenn wir die Sache dagegen im Internet veröffentlichen, wird sie sofort wie ein Fake aussehen. Dann haben wir jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Ebenso gut könnten wir das Buch verbrennen.«
»Ist dir klar, was die Amis machen werden, wenn sie dasBuch ernst nehmen? Die werden es als Vorwand benutzen, um einen Krieg vom Zaun zu brechen!«
»Vielleicht ist das ja die einzige Möglichkeit«, schaltete sich Mele ein. »Immerhin steht in dem Manuskript, dass Teheran vernichtet werden muss, um den Virus zu stoppen.«
»Ihr wollt allen Ernstes zulassen, dass die Amis Teheran bombardieren? Habt ihr eine Ahnung, was dann passiert? Der ganze Nahe Osten wird explodieren wie ein Pulverfass! Wer weiß, vielleicht mischen sich die Chinesen ein, und wir haben den Dritten Weltkrieg! So oder so werden Millionen Unschuldige sterben!«
»Aber wenn es nicht getan wird, sterben doch noch viel mehr Menschen!«, sagte Mele mit Tränen in den Augen.
»Das wissen wir doch gar nicht!«, rief Dirk. Sein Gesicht war vor Aufregung rot angelaufen. »Vielleicht gibt es ja noch eine andere Lösung. Diese Leute aus der Zukunft wissen, was in ihrer Vergangenheit passiert ist. Aber sie leben offensichtlich in einer Art Paralleluniversum, sonst hätten sie uns die Botschaft nicht schicken können. Unsere eigene Zukunft kann sich völlig anders entwickeln. Wenn der Text im Internet veröffentlicht wird, werden die Terroristen wissen, was passiert, wenn sie tatsächlich den Virus freisetzen. Dann lassen sie es wahrscheinlich.«
»Schwachsinn!«, widersprach Paulus. »Die Terroristen kennen den Text des Manuskripts bereits, sonst hätten sie uns nicht auflauern können. Wahrscheinlich glauben sie, dass Allah sie vor dem Virus verschonen wird oder so. Wie auch immer, wir haben keine Zeit, hier herumzudiskutieren. Mele und ich haben entschieden, dass wir das Buch zur amerikanischen Botschaft nach Berlin bringen, und das werden wir auch tun! Immerhin gehört das Manuskript mir!«
Dirk sprang auf. Seine Augen blitzten. »Sag mal, spinnst du? Das Buch ist eine Botschaft an die ganze Menschheit! Bloß, weil es mal im Besitz deiner Großmutter war, hast du noch lange nicht das Recht, allein zu entscheiden, was damit passieren soll!«
Paulus erhob sich ebenfalls. »Du hast schon genug Chaos angerichtet! Halt dich gefälligst aus der Sache raus und verschwinde!«
»Du hast mir gar nichts zu befehlen!«
»Dirk, es ist wirklich besser, wenn du uns jetzt allein lässt«, sagte Mele.
Dirk drehte sich langsam zu ihr um. Einen Moment sah er sie sprachlos an, als könne er nicht glauben, was sie gerade gesagt
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