Die achte Offenbarung
address. Now you give book to me!«
»I will call Mr Lieberman now«, sagte Paulus und holte sein Handy hervor. Er wählte Liebermans Nummer, erreichte jedoch nur die Mailbox.
»You give me the book now!«, insistierte der Mann. Die energische Art, mit der er die Forderung hervorbrachte, sprach nicht gerade dafür, dass er bloß ein beauftragter Kurier war.
»I’m sorry, I will only give the book to Mr Lieberman in person«, sagte Paulus. »It belonged to my Grandmother. He gave it to me and asked me to keep it. If he changed his mind, he must tell me so himself.«
»Yes, yes, he has changed mind, now wants book himself«, sagte der Araber, oder was immer er war. »You give it now to me!«
»I’m sorry«, sagte Paulus und versuchte, die Tür zu schließen.
Der Mann stellte den Fuß in die Tür. »Open the door!«
»I will call the police now!«, erwiderte Paulus und begann, die Notrufnummer in das Display zu tippen.
Das wirkte. Der Mann stieß einen langen Fluch in einer rauen, kehligen Sprache aus, drehte sich um und verschwand die Treppe hinunter.
Nachdenklich kehrte Paulus an seinen Schreibtisch zurück.Was hatte das zu bedeuten? Ganz offensichtlich hatte der Mann versucht, das Buch unrechtmäßig in seinen Besitz zu bringen. Aber woher hatte er überhaupt davon gewusst? Und warum lag ihm so viel daran? Ging es ihm bloß darum, an ein wertvolles Manuskript aus dem Mittelalter zu kommen, von dessen Existenz er zufällig erfahren hatte? Aber der Fremde hatte sich nicht wie ein professioneller Betrüger verhalten. Dazu war er viel zu ungeschickt vorgegangen.
Paulus wählte erneut Liebermans Handynummer und sprach eine kurze Nachricht auf, in der er um dringenden Rückruf bat.
Er betrachtete das äußerlich unscheinbare Buch, das immer geheimnisvoller zu werden schien, je länger er sich damit beschäftigte. Vielleicht war es an der Zeit, die Sache etwas professioneller anzugehen. Immerhin war er Wissenschaftler.
Die erste Aufgabe, die er bei der Entdeckung eines wissenschaftlich bedeutsamen Fundes hatte, war es, diesen möglichst exakt zu dokumentieren und ihn damit für die wissenschaftliche Auswertung zu sichern. Er holte sein Handy hervor und machte mit der eingebauten Digitalkamera Fotos des Buches und der einzelnen Seiten. Diese überspielte er auf seinen Laptop. Die Fotos waren nicht besonders gut und erfüllten keine wissenschaftlichen Ansprüche, aber immerhin konnte man die einzelnen Glyphen erkennen.
Während er die Bilder betrachtete, kam ihm eine Idee. Er suchte eine Nummer aus dem Speicher seines Handys, die er schon länger nicht mehr angerufen hatte.
»Frank Bornemann?«, meldete sich die Stimme seines früheren Kommilitonen.
»Hallo, Frank, hier ist Paulus Brenner!«
»Mensch, Paul, ist ja ’ne Ewigkeit her! Wie geht’s dir denn so? Bist du immer noch an der Uni?«
Frank hatte wie Paulus mittelalterliche Geschichte studiert. Sie hatten sich vor Jahren in einem Seminar kennengelernt und sich ein paar Mal getroffen, um sich gemeinsam auf Klausuren vorzubereiten. Frank hatte sich besonders für mittelalterliche Handschriften interessiert und wusste alles über ihre Herstellung, die verwendeten Materialien und Techniken sowie Kalligraphie und Illumination. Er hatte sogar Kurse gegeben, in denen man lernte, wie man Pergament herstellte und zu Büchern band.
Frank hatte immer gehofft, nach dem Studium eine Anstellung in einem Staatsarchiv oder einer Universitätsbibliothek zu erhalten. Doch stattdessen hatte er einen Job bei einer Versicherung annehmen müssen. Seit er vor zwei Jahren geheiratet hatte, hatten sie sich aus den Augen verloren.
»Sag mal, beschäftigst du dich eigentlich immer noch mit alten Handschriften?«, fragte Paulus.
»Na ja, eigentlich nicht. Hin und wieder kommt es vor, dass jemand ein Druckwerk aus dem 16. oder 17. Jahrhundert bei uns versichern will, aber meistens geht es um alte Möbel und Kunstgegenstände. Wieso? Hat euer Institut irgendwo eine Geldquelle aufgetan, und ihr wollt etwas kaufen?«
»Nein. Ich bin da zufällig auf etwas gestoßen und wollte nur mal deine Meinung dazu hören.«
»Auf etwas gestoßen? Auf was denn?«
»Eine Handschrift, wahrscheinlich aus dem 15. Jahrhundert. Verschlüsselt.«
»Klingt aufregend. Weißt du, wer sie verfasst hat?«
»Es scheint das Testament eines Mönchs zu sein. Ich kann mir noch keinen richtigen Reim darauf machen. Ichdachte, vielleicht kannst du es dir mal anschauen und mir sagen, wie alt es
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