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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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hinreißend sein.
    Drei Stufen führten zu einem pompösen Portal. Linker Hand, hinter einer getönten, handtellergroßen Glasscheibe, eine Videokamera. Darunter fünf Klingelknöpfe ohne Namen, nur mit römischen Zahlen I, II, III, IV und V gekennzeichnet. Wer hier wohnte, legte keinen Wert auf Namensnennung.
    Natürlich hätte Caterina läuten können. Paolos Zettel verriet die Anschrift der Fellini exakt: Lungotevere Marzio 3–II. Aber dann hätte es im Lautsprecher geknackt. Im besten Fall hätte sie vielleicht noch ein mürrisches »
Pronto!
« vernommen, aber sobald sie ihr Anliegen vorgetragen hätte, wäre das Gespräch sicher beendet gewesen, noch bevor es begonnen hätte. Deshalb zog es Caterina vor zu warten, bis ein Bewohner das Haus betreten oder verlassen würde.
    Lange dauerte es nicht, und vor dem Haus hielt ein Taxi, dem ein vornehmer älterer Herr entstieg.
    »Zu wem möchten Sie denn?«, fragte er höflich, als er Caterina warten sah.
    »Zu Signora Fellini«, erwiderte Caterina wahrheitsgemäß.
    »Kenne ich nicht. Hier wohnt keine Signora Fellini. Wahrscheinlich haben Sie sich in der Hausnummer geirrt, Signora. Das hier ist Nummer drei!«
    »Nummer drei, ich weiß. Ich habe mich auch nicht in der Hausnummer geirrt. Die Signora wohnt erst seit kurzer Zeit hier.«
    »Wie, sagten Sie, ist ihr Name?«
    »Signora Fellini, zweiter Stock!«
    Der ältere Herr musterte Caterina von der Seite. Seine Haltung verriet ein gewisses Misstrauen. Aber als Caterina ihm freundlich zulächelte, steckte er seinen Hausschlüssel ins Schloss und fragte: »Haben Sie schon geläutet?«
    »Nein, ich möchte Signora Fellini überraschen.« Caterina wedelte mit dem Blumenstrauß.
    »Na, dann kommen Sie mal mit«, meinte der ältere Herr und stieß die Eingangstür auf. »Die Hälfte des Weges nehmen wir gemeinsam. Ich wohne im vierten Stock.«
    Der Aufzug in der Mitte des mit grünem Marmor ausgelegten Treppenhauses strahlte Wohlstand und Gediegenheit aus. Beinahe lautlos öffneten sich die Türen aus poliertem Mahagoni und geschliffenem Glas.
    »Nach Ihnen«, sagte der ältere Herr und ließ Caterina den Vortritt. Dann drückte er auf die Knöpfe II und IV. Und mit einem Blick auf das Blumengebinde meinte er: »Ein besonderer Anlass?«
    Caterina schüttelte den Kopf: »Nein, kein besonderer Anlass. Nur so.«
    Mit sanftem Ruck kam der Aufzug im zweiten Stockwerk zum Stehen. Caterina grüßte freundlich, und der alte Mann erwiderte ihren Gruß. Dann fuhr der Lift weiter.
    Aus der zweiflügeligen Wohnungstür drang laute Musik, die nicht so recht zur Gediegenheit passen wollte, die das herrschaftliche Haus ausstrahlte. Vergeblich suchte Caterina nach einem Namensschild, aber es gab nur einen trichterförmigen in die Wand eingelassenen Klingelknopf, nichts weiter.
    Caterina läutete.
    Die laute Musik endete abrupt. Sie hörte, wie jemand hin und her ging. Schließlich näherten sich die Schritte dem Eingang. Die Tür wurde geöffnet, aber nur einen Spalt.
    »Signora Fellini?«, erkundigte sich Caterina. Dabei hatte sie die ehemalige Hausbeschließerin längst erkannt. Sie trug einen rosafarbenen Unterrock und sündhaft teure hochhackige Schuhe von Prada. Zwischen den Fingern der rechten Hand glimmte eine Zigarette, und die Frau schwankte ein wenig. Sie hatte ohne Zweifel getrunken.
    »Was wollen Sie?«, gab die Fellini mit belegter, ziemlich ordinärer Stimme zurück. Da fiel ihr müder Blick auf das Blumengebinde.
    »Ich soll die Blumen abgeben«, erwiderte Caterina. »Sie sind von einem Signor Gonzaga.«
    Noch ehe sich Caterina versah, flog die Tür vor ihrer Nase zu. Die Begegnung hatte sie sich anders vorgestellt. Sie stand da wie ein begossener Pudel. Mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Eigentlich war es doch naheliegend, dass eine Frau, die unfreiwillig von heute auf morgen in ein neues Leben verpflanzt wird, so reagieren würde. Caterina ärgerte sich über sich selbst. Sie wollte sich gerade umdrehen, als die Tür erneut geöffnet wurde.
    »Kommen Sie rein«, sagte die Fellini. Sie hatte sich einen Bademantel übergeworfen.
    Caterina war so verblüfft, dass sie zunächst keine Regung zeigte. Erst als die Fellini die Augen zusammenkniff und einladend mit dem Kopf nickte, folgte Caterina ihrer Aufforderung.
    »Sie müssen verstehen«, plauderte die Signora los, während sie in der dunklen Diele vorausging, »ich bin neu hier, und man hört so viel von Einbrüchen in der Gegend. Da ist man einfach

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