Die Achte Suende
wollen, ist es unerlässlich, dass du darüber Bescheid weißt.«
Lukas nickte zustimmend und begann von Neuem: »Wenn Gonzaga und Marlene wirklich ein Verhältnis hatten, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass der Kardinal in irgendeiner Weise für Marlenes Tod verantwortlich ist.«
»Hältst du den Gedanken für so absurd, dass ein Liebhaber seine Geliebte umbringt? Und trotzdem auf ihrer Beerdigung erscheint? Jeden Tag passieren Beziehungsmorde, aus Eifersucht, Hass und Habgier.«
»Eigentlich hast du recht«, bemerkte Malberg zögerlich. »Aber welche abartigen Beweggründe sollte ein Kardinalstaatssekretär gehabt haben?«
»Vielleicht hatte der Mann Gottes Angst, sein Verhältnis könnte entdeckt werden. Und was das für einen Kardinalstaatssekretär bedeutet hätte, brauche ich nicht weiter zu erörtern. Es wäre aber auch denkbar, dass Marlene Ammer Gonzaga erpresst hat.«
»Das hätte Marlene nie getan!«, empörte sich Malberg.
»Wer will das wissen? Bis heute hättest du es auch nicht für möglich gehalten, dass Marlene mit einem leibhaftigen Kurienkardinal ins Bett steigt.«
Lukas schüttelte den Kopf. Er konnte Marlenes Verhalten noch immer nicht begreifen. Er musste sich zwingen, das Unfassbare als gegeben hinzunehmen.
Wie aus der Ferne hörte Malberg den Schlüssel im Schloss der Wohnungstür. Er sah darin keinen besonderen Anlass zur Panik. Erst als er Caterina, nur mit dem Tischtuch bekleidet, ansah, sprang er auf, nur ein Handtuch um die Lenden, und trat Barbieri entgegen.
Der konnte ein Schmunzeln nicht verbergen. Auch als Malberg erklärte, sie seien nass geworden in dem Regen und hätten ihre Kleidung zum Trocknen aufgehängt, meinte Giacopo lachend, dafür brauche er sich doch nicht zu entschuldigen, und dabei zwinkerte er mit den Augen.
Im selben Augenblick trat Caterina aus dem Badezimmer. Ohne ein Wort, nur mit einer angedeuteten Handbewegung winkte sie Barbieri zu. Der blickte etwas verwirrt, als er seine zweckentfremdete Tischdecke erkannte. »Ich finde«, meinte er schließlich, »das ist der reizvollste Verwendungszweck, dem meine Aussteuer je zugeführt wurde.«
Barbieris Worte lockerten die peinliche Situation. »Ich will auch gar nicht weiter stören«, sagte Barbieri und zog aus seiner grünen Segeltuchtasche eine zusammengefaltete Zeitung hervor. »Ich dachte nur, das könnte euch interessieren.«
Lukas und Caterina sahen sich fragend an, während Giacopo die Zeitung aufschlug und Malberg mit den Worten reichte: »In der Fontana di Trevi schwamm gestern Morgen eine männliche Leiche.«
»Und was habe ich damit zu tun?«, fragte Malberg, ohne einen Blick in das Blatt zu werfen.
»Sein Name ist Frederico Garre!«
»Kenne ich nicht. Tut mir leid.«
Barbieri wurde allmählich ungehalten: »Sagtest du nicht, du seist vor dem Haus der Marchesa von einem Mann mit schweren Brandwunden im Gesicht bedroht worden?«
»Ja, das sagte ich.«
»Vielleicht würdest du dann auch die Güte haben, dir das Bild in der Zeitung einmal anzusehen!«
Malberg überflog den Zeitungsartikel. Unter der Überschrift »Toter in der Fontana di Trevi« wurde von einem etwa fünfzigjährigen Mann berichtet, dessen Leiche im bekanntesten Brunnen der Welt entdeckt und als Frederico Garre identifiziert wurde. Die Obduktion habe neben älteren Schuss-und Stichwunden ergeben, dass Garre, in Ganovenkreisen bekannt unter dem Namen »Brandgesicht«, erwürgt und in die Fontana geworfen wurde.
Mit geweiteten Augen betrachtete Malberg das Bild in der Zeitung. Es gab keinen Zweifel: Das war Brandgesicht, mit dem er sich vor Michelangelos
Pietà
getroffen hatte.
»Was ist? So rede doch endlich!«, bestürmte Caterina Malberg.
Doch der schüttelte nur den Kopf.
Kapitel 45
Etwa zur selben Zeit steuerte Soffici den dunkelblauen Mercedes auf der unwegsamen Schotterstraße bergan. Aufgrund der unliebsamen Begegnung mit Moro und Abate hatte er sich verspätet. Nervös blickte er in den Rückspiegel, ob ihm jemand folgte. Er musste befürchten, dass der Kardinal und sein Sekretär nicht einfach so das Feld räumten.
Im Übrigen hatte Soffici ein mulmiges Gefühl, was diesen Anicet betraf. Auch wenn er ihm äußerst selbstbewusst gegenübergetreten war, seine Selbstsicherheit war gespielt. Er wusste nur zu genau, wie rücksichtslos der Ex-Kardinal handelte, wenn es um die Durchsetzung seiner Interessen ging.
Soffici hatte sich auf die Verhandlungen mit Anicet gut vorbereitet und verschiedene mögliche
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