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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Reaktionen auf einem Zettel notiert. Doch entgegen seinen Erwartungen hatten sie sich ohne große Diskussionen auf zweihundertfünfzigtausend Dollar geeinigt. War das eine Finte?
    Während er das Lenkrad fest umklammerte, damit der Wagen nicht aus der ausgefahrenen Spur lief, stiegen in Soffici immer heftigere Zweifel auf, ob er diesem Anicet gewachsen sein würde. Er, der unbedeutende Sekretär des Kardinalstaatssekretärs, der ein Leben lang nichts anderes gewöhnt gewesen war, als Befehle von höherer Stelle auszuführen.
    Auf dem Beifahrersitz lag, noch immer ungeöffnet, das Päckchen mit dem brisanten Inhalt. Daneben der Umschlag mit den kleinformatigen Röntgenbildern. Und dafür zweihundertfünfzigtausend Dollar? Wo die Bruderschaft ohnehin das Grabtuch des Jesus von Nazareth in ihrem Besitz hatte?
    Irgendetwas, schoss es durch Sofficis Gehirn, irgendetwas stimmte nicht an dieser Situation. Das Grabtuch hatten sie den Fideles Fidei Flagrantes sozusagen frei Haus geliefert, dahinter steckte eine knallharte Erpressung. Aber es gab keine Erklärung dafür, warum ein briefmarkengroßer Ausschnitt aus diesem Tuch denselben Leuten so viel Geld wert sein sollte.
    Nahezu symbolhaft erschien Soffici die Tatsache, dass der steil bergan führende Fahrweg nach Burg Layenfels keine Möglichkeit bot auszuweichen oder umzukehren. Eine Böschung auf beiden Seiten verhinderte das. Hätte die Möglichkeit sich ergeben, Soffici wäre auf der Stelle umgekehrt und hätte sich das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen lassen. So aber gab es nur eine Richtung: bergan. Es durfte einfach nicht schiefgehen!
    Mehr aus Gewohnheit als aus tiefem Glauben schlug Soffici ein dreifaches Kreuzzeichen. Bis ins Detail hatte er alles geplant. Auf den Namen Frederico Garre hatte Soffici einen Nachtflug nach Buenos Aires gebucht. Ab Frankfurt, neunzehn Uhr zwanzig. In der Innentasche seines Jacketts steckte ein Pass auf denselben Namen lautend. Er stammte von Brandgesicht, der mit bürgerlichem Namen Garre hieß. Das Passfoto war vor seinem Brandunfall aufgenommen, also nicht mehr ganz neu und obendrein der Grund, warum sich Soffici unterwegs bei einem oberitalienischen Barbiere das Haar auf drei Millimeter hatte stutzen lassen. Nahm er seine Brille mit Goldrand ab, dann ging Giancarlo Soffici ohne Weiteres als Frederico Garre durch.
    Zweihundertfünfzigtausend Dollar! Viel Geld! Geld hatte ihm nie etwas bedeutet. Allein schon deshalb, weil er nie welches hatte. Soffici kannte die Problematik klerikaler Aussteiger nur zu gut. Wer dem geistlichen Stand abschwor, stand da wie ein neugeborenes Kind: ohne Einnahmen, ohne Sozialleistungen, ohne Perspektive. Zweihundertfünfzigtausend Dollar würden genügen, um in Südamerika ein neues Leben zu beginnen.
    Vor dem Tor von Burg Layenfels angelangt, brachte Soffici den schweren Wagen zum Stehen. Weil das letzte Wegstück steil bergan führte, zog er die Handbremse an. Ein seltsames Geräusch ließ ihn aufhorchen. Es klang, als wäre die Saite eines Streichinstruments gerissen, ein hohes »Pling«. Im selben Augenblick begann der Mercedes rückwärtszurollen.
    Instinktiv stemmte Soffici sich gegen das Bremspedal. Einen Sekundenbruchteil setzte die Bremse der Rückwärtsbewegung des Wagens Widerstand entgegen, dann gab das Pedal nach, ließ sich bis zum Anschlag durchtreten und klemmte schließlich im Fahrzeugboden.
    Mit weit aufgerissenen Augen sah Soffici, wie das Buschwerk zu beiden Seiten des Fuhrweges von hinten kommend an ihm vorbeisauste, schneller und schneller werdend, bis er plötzlich den Himmel sah, weil sich das Auto, von der Böschung gelenkt, seitlich überschlug. Es war das Letzte, was Monsignor Giancarlo Soffici wahrnahm.
    In der ersten Kurve, die einen Winkel von neunzig Grad beschrieb, bohrte sich das Heck des Wagens in die Böschung. Mit einem Knall barsten Heck-und Windschutzscheibe zu einem Netzwerk. Letztere löste sich aus dem Rahmen und flog wie ein Gleitschirm in Richtung des Laubwaldes. Das Auto bäumte sich auf, als wäre es ein gepeitschter Gaul, stieg hoch und überschlug sich mehrere Male, bis es mit dem Dach voran gegen den dicken Stamm einer Eiche krachte. Wie ein k.o. geschlagener Boxer sackte das Wrack des Wagens zu Boden. Der geplatzte Kühler gab noch ein leises Zischen von sich. Dann war es plötzlich unheimlich still.
    Aufgeregt mit den Armen gestikulierend, näherten sich vom Burgtor drei Männer. Der steile Weg hinderte sie am schnellen Vorankommen. Mit dem modrigen

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