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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Tisch.
    »Excellenza!«, erwiderte Keller. »Verzeihen Sie, wenn es den Anschein hat. Aber der Vorfall ist zu bedeutsam und außerdem zu rätselhaft, als dass auch eine scheinbar nebensächliche Information nicht von Nutzen sein könnte. Sie wissen selbst, sogar die Gefahr eines Terroranschlags ist in unruhigen Zeiten wie diesen nicht von der Hand zu weisen. Deshalb wiederhole ich meine Frage: Haben Sie eine Ahnung ...«
    »Neiiin!«, brüllte Gonzaga. »Das Brandgesicht kenne ich nur aus der Pathologie, und den anderen habe ich nie gesehen. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe!« Der Kardinal presste die Fingerspitzen beider Hände gegen die Schläfen, und mit krebsrotem Kopf stöhnte er: »Meine Nerven, meine Nerven!«
    Keller klappte seinen Laptop zu und klemmte ihn unter den Arm. Canella machte die Andeutung einer Verneigung und sagte: »Zum Tod Ihres Sekretärs Soffici mein Mitgefühl!« Auch Keller nickte etwas ungelenk. Gemeinsam verließen sie das Büro des Kardinalstaatssekretärs.
    In dieser Nacht fand Kardinalstaatssekretär Philippo Gonzaga kaum Schlaf. Getrieben von der Ahnung, dass er sich durch sein Schweigen bei dem Polizeipräsidenten verdächtig gemacht hatte, erhob er sich immer wieder, trat ans Fenster und blickte auf den hell erleuchteten Petersplatz. Es war noch dunkel, als er gegen Morgen für kurze Zeit einnickte und in schweinische Träume versank.
    Gonzaga träumte, er liefe nackt einen endlos langen Gang entlang, in dem auf beiden Seiten Schweinehälften von der Decke baumelten. Bei näherem Hinsehen entpuppten sich die Schweinehälften als geschundene Frauenkörper mit prallen Brüsten und nackter Scham. Alle Versuche, sich zu bekreuzigen und so der teuflischen Erscheinung Einhalt zu gebieten, misslangen, weil seine Arme schwer wie Blei an ihm herabhingen. Und als er sich umblickte, erkannte er ein Heer von Bischöfen und Kardinälen, Nonnen und Monsignori in pittoresken Gewändern, mit Schwertern bewaffnet wie Racheengel. Er begann zu rennen, um seine Verfolger abzuschütteln. Doch die kamen näher und näher. Schon schwang der Erste sein Schwert und holte aus, um ihn in zwei Hälften zu spalten. Da wachte Gonzaga auf, schweißgebadet und zitternd am ganzen Körper.

Kapitel 49
    Mit neunzigminütiger Verspätung landete der Embraer Regionaljet auf dem Flughafen in München. Flug Alitalia AZ 0432 war im Übrigen ruhig verlaufen. Malberg hatte im Flugzeug vor sich hingedöst, nachdem er die anderen Passagiere, soweit es sein Blickfeld erlaubte, ausgiebig gemustert und als unbedenklich beurteilt hatte. War es ein Wunder, wenn er noch immer an einer Art Verfolgungswahn litt? Erst allmählich musste er sich daran gewöhnen, dass er nicht mehr per Haftbefehl gesucht wurde.
    Nieselregen und ein böiger Wind, der die feuchten Herbstblätter über das Pflaster peitschte, empfingen ihn, als er vor der Ankunftshalle Terminal 1 ein Taxi bestieg. Sein Apartment in München-Grünwald hatte er seit über zwei Monaten nicht betreten, trotzdem entschied er sich, zuerst sein Antiquariat in der Ludwigstraße aufzusuchen. Noch nie, seit er das Antiquariat führte, war er so lange abwesend gewesen. Allerdings konnte er Fräulein Kleinlein vertrauen.
    In der Tat waren Malbergs Bedenken unbegründet. Die Umsätze der letzten zwei Monate hatten sogar, entgegen dem Trend, der in den Sommermonaten magere Geschäfte bescherte, zugenommen. Es sei Zeit, beklagte Fräulein Kleinlein, dass Malberg neue Einkäufe tätigte. Aber der Markt an Inkunabeln und kostbaren Büchern sei wie leergefegt, seit Spekulanten Altpapier – wie sie sich scherzhaft auszudrücken pflegten – als Geldanlage entdeckt hätten. Zwar gebe es durchaus Angebote, aber meist nur der unteren, bestenfalls der mittleren Kategorie und dann in einem Zustand, der kaum Spitzenpreise zuließ.
    Über die Geschäftsbücher vertieft, erreichte Malberg ein Anruf aus Rom.
    »Lukas, bist du’s?« Es war Barbieri.
    »Hätte mich auch gewundert, wenn du mich mal zwei Tage in Ruhe gelassen hättest«, knurrte Malberg ins Telefon. »Also was gibt’s?«
    »Es hat sich da eine neue Situation ergeben. Wirklich eine blöde Geschichte!«
    »Wovon redest du? Könntest du dich nicht ein bisschen klarer ausdrücken?«
    Pause. Lukas hörte Giacopo schnaufen, und es hörte sich an, als sei er wütend.
    Schließlich polterte er los: »Warum hast du mir nicht gesagt, dass du dich mit diesem Mann mit dem entstellten Gesicht getroffen hast, wenige Tage bevor seine Leiche in der

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