Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
Teufelszeug!«
    Bei diesen Worten überschlug sich die Stimme des Kardinalstaatssekretärs. Dabei warf er seinem Sicherheitschef Beat Keller einen hilfesuchenden Blick zu, als wollte er sagen: So stehen Sie mir doch endlich bei!
    Aber Keller schwieg.
    Stattdessen drückte er auf einen Knopf seines Abspielgerätes und ließ die Aufnahme weiterlaufen. »Hier«, meinte Keller und zeigte auf den Bildschirm, »sehen wir eine weitere Szene, die Rätsel aufgibt. Das Brandgesicht überreicht dem Unbekannten drei Fotos - jedenfalls dachte ich zunächst, es handle sich um Fotografien. Nach mehrmaligem Betrachten der Szene kam ich jedoch zu dem Schluss, dass es sich um Filmnegative oder Röntgenaufnahmen handeln könnte. Hier, sehen Sie, der Unbekannte legt die Folien übereinander und hält sie gegen das Licht!«
    »Sie haben recht!«, rief Canella aufgeregt. Und scherzend fügte er hinzu: »Wenn Sie mal einen neuen Job brauchen, rufen Sie mich an!«
    »In Ordnung«, gab Keller locker zurück. »Aber das ist noch nicht alles. Diese Aufnahme zeigt, wie der Mann mit dem Brandgesicht seinem Gegenüber beide Hände mit gespreizten Fingern vor Augen hält, als wollte er damit die Zahl zehn andeuten. Auf dem nächsten Bild sehen wir Brandgesicht in ähnlicher Haltung und noch immer mit den gespreizten Fingern beider Hände. Die erste und die zweite Aufnahme liegen genau zehn Sekunden auseinander.«
    Gonzaga war verwirrt. »Was wollen Sie damit sagen, Keller?«
    Der Sicherheitschef hielt das Bild an. Dann sagte er: »Blicken Sie auf den Sekundenzeiger Ihrer Armbanduhren.«
    Der Kardinal und der Polizeipräsident sahen sich ratlos an. Schließlich kamen sie Kellers Aufforderung nach. Der spreizte die Finger beider Hände und vollführte mit den Unterarmen zehn Mal hintereinander eine Bewegung, als wolle er ein entgegenkommendes Auto zum Langsamfahren veranlassen.
    »Wie lange hat das gedauert?«, fragte er.
    Canella ahnte, worauf der Sicherheitschef hinauswollte.
    »Exakt zehn Sekunden«, antwortete er.
    »Genau jene zehn Sekunden, die zwischen beiden Aufnahmen liegen. Zehn Mal dieselbe Bewegung - macht hundert. Und jetzt betrachten Sie die Lippen von Brandgesicht!«
    »Er hält seine Lippen zusammengepresst, als wollte er etwas verheimlichen«, mischte Gonzaga sich ein.
    »Möglich, aber unwahrscheinlich, wo die beiden doch gerade über etwas verhandeln.«
    »
Mille
- tausend!«, warf Canella in die Debatte. »Der Kerl hält die Lippen geschlossen, als formulierte er das Wort
mila
. Im Zusammenhang mit den Andeutungen seiner Hände könnte man darauf schließen, das Brandgesicht fordert von dem Unbekannten Hunderttausend!«
    »Dollar?«, rief der Kardinalstaatssekretär aufgeregt.
    Canella machte eine abwehrende Handbewegung. »Dollar oder Euro, was macht das aus. Auf jeden Fall eine bedeutende Summe. Und damit stellt sich die Frage, wer ist bereit, für etwas so viel Geld auszugeben, wenn nicht ein Drogenhändler, der in großem Stil operiert?«
    Keller tat so, als bemerke er nicht Gonzagas fahrige Bewegungen und dass dessen rechte Hand zitterte. Als Sicherheitschef des Vatikans wusste er, dass der Vatikanstaat zwar einen besonderen Status hatte, im Übrigen aber ein Staat war wie alle anderen, mit Guten und Bösen und Parteigängern der einen wie der anderen Seite. Nicht nur einmal hatte Keller mit den Alleingängen des Kardinalstaatssekretärs zu tun gehabt, und nicht zum ersten Mal stürzte ihn Gonzagas Verhalten in eine gewisse Ratlosigkeit. Schließlich war der Kardinalstaatssekretär sein oberster Chef, wenn man von Gottes Stellvertreter auf Erden einmal absah. Der aber ließ sich nie in die Niederungen des vatikanischen Sicherheitsdienstes herab. Vielmehr vertrat er die Ansicht, Gott der Herr halte seine Hände schützend über die Päpste. Dabei lehrte die Geschichte das Gegenteil. Gift, Dolche und die bloßen Hände haben nicht selten eine päpstliche Ära beendet.
    Was aber wusste Gonzaga, dass ihn die Videoaufnahmen so in Unruhe versetzten?
    Auch Canella blieb das seltsame Verhalten des Kardinalstaatssekretärs nicht verborgen. Er sah ihn von der Seite an und stellte die Frage: »Herr Kardinal, kann es sein, dass Sie uns etwas verschweigen ...«
    »Oder dass Sie zumindest eine Ahnung haben, was hier auf dem Bildschirm vor sich geht?«, fiel ihm Keller ins Wort.
    Gonzaga wischte sich über die feuchte Stirn und schnappte nach Luft. »Ist das hier ein Verhör?«, rief er empört und schlug mit der Hand auf den

Weitere Kostenlose Bücher