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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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dieser im Kreisverkehr plötzlich und ohne ersichtlichen Grund anhielt. Ein nachfolgendes Fahrzeug eines Express-Paketdienstes konnte nicht rechtzeitig bremsen und fuhr auf den Wagen des Kardinals auf. Dabei wurde der kirchliche Würdenträger, der nicht angeschnallt war, vom Rücksitz nach vorne geschleudert, wobei er das Bewusstsein verlor. Gonzaga und sein Fahrer wurden in die Gimelli-Klinik eingeliefert. Beim Abtransport des Kleinwagens, der bei dem Unfall einen Totalschaden erlitt, wurde in dem Fahrzeug eine Plastiktüte mit einhunderttausend US-Dollar entdeckt. Über Zweck und Herkunft des Geldes und auf die Frage, warum der Kardinalstaatssekretär nicht in seinem Dienstwagen, sondern im Wagen seines Chauffeurs unterwegs war, wurde vom Vatikan keine Erklärung abgegeben. Gonzaga und sein Fahrer wurden inzwischen wieder aus der Klinik entlassen.«
    Malberg sah Caterina verständnislos an. »In meiner Situation«, knurrte er vorwurfsvoll, »interessiert mich eine Meldung wie diese ehrlich gesagt nicht im Geringsten.«
    »Das wird sich gleich ändern«, konterte Caterina kühl.
    Wortlos legte sie ein Foto neben den Zeitungsartikel. Es zeigte ein Dutzend dunkel gekleideter Männer bei Marlenes Beerdigung.
    »Ich dachte, Sie hätten den Chip mit den Fotos dem langen Kerl auf dem Cimitero ausgehändigt?«
    Caterina lachte verschmitzt: »Ach, wissen Sie, Reporter entwickeln bei der Ausübung ihres Berufes eine gewisse Routine. Wichtige Speicherkarten aus der Kamera zu nehmen und in der Tasche verschwinden zu lassen gehört unter anderem auch dazu.«
    »Aber trotzdem sehe ich keinen Zusammenhang zwischen den Bildern und dem Zeitungsartikel.«
    »Und jetzt?« Mit beiden Händen hielt Caterina Malberg ein Foto vors Gesicht, offensichtlich eine Ausschnittvergrößerung.
    »Das« – Malberg kam ins Stocken, »das ist doch …«
    »… Kardinalstaatssekretär Gonzaga!«
    »Aber was hat der Kardinal auf der Beerdigung von Marlene zu suchen?«
    »Das frage ich mich auch.«
    Malberg schob seinen Teller mit der Pasta beiseite und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. Er sah Caterinas triumphierende Miene. Sie blickte ihn an wie ein Kartenspieler, der überraschend sein Ass ausgespielt hat. »Jedenfalls ist die Anwesenheit des Kardinalstaatssekretärs kein Zufall!«
    »Natürlich nicht. Zwischen Marlene und dem Kardinal muss es irgendeine geheime Verbindung gegeben haben.«
    »Wenn Sie mich fragen …«
    »Ich frage Sie!«
    »Die geheime Verbindung dürfte sich nicht nur auf den Kardinalstaatssekretär beschränkt haben. Sehen Sie sich die dunkel gekleideten Herren einmal näher an.« Caterina reichte Malberg ein weiteres Foto.
    »Sie meinen, man kann sich diese Herren mit ihren leicht geröteten Wachsgesichtern eher im schwarzen Talar als im Bett einer Frau vorstellen?«
    »Genau das meinte ich.«
    »Aber was in aller Welt hatte Marlene mit dem Vatikan zu schaffen, dass die hohen Würdenträger gleich eine ganze Abordnung zu ihrer Beerdigung schicken?«
    »Das ist in der Tat die Frage, mit der wir uns zu beschäftigen haben.«
    Malberg sah Caterina lange an; dann sagte er: »Ihren Worten entnehme ich, dass sich Ihr Misstrauen mir gegenüber etwas gelegt hat.«
    »Etwas umständlich könnte man das durchaus so ausdrücken.« Sie lachte. »Allerdings«, wandte sie ein, »ist damit der Haftbefehl noch lange nicht vom Tisch.«
    »Aber wir haben doch jetzt Beweise, dass Marlene in irgendwelche dunklen Machenschaften verwickelt war!«
    »Dunkle Machenschaften?« Caterina lachte. »Dass die halbe Kurie zu Marlenes Beerdigung erscheint, beweist erst mal noch gar nichts. Es ist ein Indiz. Eine Spur, die bei den Ermittlungen vielleicht im Sand verläuft. Andererseits ist es sonderbar, dass Marlene Ammer anonym beerdigt wurde. Wie hieß es so schön? – Sconosciuto, unbekannt! Diese seltsamen Zusammenhänge, und wie das alles auf wundersame Weise miteinander verzahnt ist, ist auf jeden Fall äußerst verdächtig.«
    »In der Tat.« Malberg griff in seine Jackentasche und zog Marlenes Notizbuch hervor. »Schauen Sie sich das mal an.«
    Caterina sah ihn fragend an. »Was ist das?«
    »Das Notizbuch von Marlene. Ich habe es in ihrer Wohnung gefunden.«
    Neugierig blätterte Caterina in dem Kalender.
    »Lauter seltsame Namen. Was hat das zu bedeuten?«
    »Das kann ich Ihnen sagen. Der jeweils erste Begriff ist eine Zeitangabe aus dem Kirchenjahr, also zum Beispiel Oculi – der erste Fastensonntag.«
    Caterina hörte ihm gespannt zu.

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