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Die Achtsamkeits-Revolution

Die Achtsamkeits-Revolution

Titel: Die Achtsamkeits-Revolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Wallace
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nicht wert ist, getan zu werden, ist es auch nicht wert, dass man es überhaupt macht. Auch wenn wir mehrere »Programme« zugleich auszuführen meinen, geht nach buddhistisch-psychologischer Anschauung unsere Aufmerksamkeit nur in äußerst rasantem Tempo von einer Aufgabe zur nächsten über. Das ist zuweilen nötig, und wenn es so ist, dann versuchen Sie dabei so achtsam wie möglich zu sein.

ZWISCHENSPIEL · MITGEFÜHL
    W enn Sie die mit der Shamatha-Praxis verbundene Erfahrung von innerer Ruhe, Einfachheit und innerem Frieden zu machen beginnen, werden Sie vielleicht Anhaftung an diesen Geisteszustand entwickeln. Und das kann wiederum zu apathischer Gleichgültigkeit gegenüber Ihren Mitmenschen und der Welt im Allgemeinen führen. Sie haben Ihren eigenen Bereich stiller Heiterkeit und Gelassenheit und wollen darin ungestört bleiben. Das so wertvolle Unternehmen der meditativen Schulung entgleist, wenn daraus eine derartige Selbstzufriedenheit entsteht; das Ganze ist dann vielleicht nicht viel mehr als ein Prozac- oder Valium-Ersatz. Das wahre Ziel dieser Praxis besteht in der Entwickelung und Pflege einer mentalen Ausgewogenheit, die zu echtem Glück führt — und Gleichgültigkeit gegenüber anderen ist kein Zeichen von echtem Glück oder mentaler Gesundheit. Während manche Leute diesem Gefühl der inneren Ruhe stark anhaften, sind andere mit der Zeit vielleicht mit ihren Fortschritten unzufrieden und von der Praxis gelangweilt. Dieses Training bringt gewöhnlich keine rasche Befriedigung oder sofor tige Resultate mit sich. Es kann zu außergewöhnlicher geistiger Gesundheit und mentalem Wohlbefinden führen, aber das erfordert Zeit und Mühe.
    Statt die Symptome eines unausgeglichenen Geistes durch ein Sich-Verlieren in der Arbeit oder im Vergnügen zu unterdrücken, können wir uns unserer Praxis widmen, bis zur Wurzel des Pror blems vordringen und unseren Geist kultivieren. Heutzutage assoziiert man mit dem Begriff Meditation oft, dass man etwas Spezielles tut, um den Geist zu beruhigen oder um in einen veränderten Bewusstseinszustand zu gelangen. Doch bhavana , das Sanskrit-Wort für Meditation, bedeutet ganz schlicht »Kultivierung«. In der Tat kultivieren wir alle fortwährend unseren Geist so oder so durch die Art und Weise, wie wir von der Achtsamkeit Gebrauch machen. In der qualitativen Beschaffenheit unseres Lebens spiegelt sich wider, wie wir unseren Geist bisher kultiviert haben.
    Selbstverurteilung, Schuldgefühle und ein geringes Selbstwertgefühl sind vor allem im Westen verbreitete Hindernisse, die der mentalen Ausgewogenheit entgegenstehen. Wir praktizieren möglicherweise mit gewissen Erwartungen. Wenn wir dann nicht so gute Fortschritte machen, wie wir sie unserer Meinung nach machen müssten, verlieren wir vielleicht die Geduld mit uns und haben Schuldgefühle, wenn wir uns keine Zeit zum Praktizieren nehmen. Noch so ein Versagen auf der langen Liste unserer Misserfolge! Mit dem Achtsamkeitstraining gehen wir gegen viele Jahre Gewohnheit an; ganz zu schweigen von den Äonen biologischer Evolution, die uns zwar half, zu überleben und uns fortzupflanzen, aber nur wenig tat, um uns auf eine so heiter gelassene, fokussierte Achtsamkeit vorzubereiten. Es ist also kein Wunder, wenn unser Geist so zerstreut und für alle möglichen Unausgewogenheiten und Störungen anfällig ist. Aber mit sanfter Geduld können wir ihn allmählich so trainieren, dass er uns das Gefühl von innerem Wohlbefinden übermittelt, statt ständig Angst, Sorge, Unzufriedenheit und Rastlosigkeit zu produzieren. Und das erfordert Mitgefühl mit uns selbst und mit anderen.
      Der erste Schritt besteht darin, dass wir allmählich die wirklichen Ursachen für unsere Unzufriedenheit ausfindig machen. Praktisch alles kann den Anstoß zum Unglücklichsein geben, aber dessen wahre Quelle ist immer im Geist zu finden. Manche Leute fühlen sich verzweifelt und elend, auch wenn ihre äußeren Umstände ganz wunderbar sind, während andere selbst angesichts der schrecklichsten Widrigkeiten glücklich und zufrieden sind. Wir leiden, weil unser Geist von Störungen der verschiedensten Arten geplagt wird, die dazu führen, dass wir immer am falschen Ort nach dem Glück suchen. Aber wir können dieser hedonistischen Tretmühle entkommen, indem wir herausfinden, was uns in Wahrheit quält und peinigt und was uns wahre Befriedigung verschafft. Diese Verlagerung der Prioritäten wird im Buddhismus als »Entsagung« oder, von

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