Die Achtsamkeits-Revolution
mir bevorzugt, als Erweckung eines Geistes der Emergenz bezeichnet. Durch ihn bewegen wir uns definitiv aus Samsara heraus, entfernen wir uns mit Gewissheit von den Quellen der Unzufriedenheit und machen uns auf den Weg zu echtem Glück. Etwas Mitfühlenderes können wir für uns gar nicht tun.
Niemand lebt in totaler Isolation, ganz gleich wie einsam oder entfremdet wir uns zuweilen fühlen mögen. Unser Wohlergehen ist aufs engste mit allen Wesen um uns herum verknüpft; vor allem mit jenen, mit denen wir häufig in Kontakt sind. Wenn wir lernen, uns selbst gegenüber mitfühlend zu sein und uns nicht zu verurteilen, dann ist es nur natürlich, dass wir die Gefühle und Sichtweise dieses sanften Herzens auch auf andere ausdehnen. Das fängt bei der Empathie an - dass wir uns in die Freuden und Kümmernisse, die Erfolge und Misserfolge der von uns geliebten Personen, unserer Kollegen und auch in die von Fremden einfühlen, dass wir sie mit-empfinden können. Das ist der fruchtbare Bo den, in dem die Saat des Mitgefühls aufkeimt und sprießt. Aber Empathie und Mitgefühl sind nicht dasselbe. Mitgefühl bedeutet nicht, dass uns jemand einfach leidtut. Mitgefühl geht über die Empathie hinaus bis zum aus tiefem Herzen empfundenen sehnlichen Wunsch: »Mögest du frei sein vom Leiden und seinen Ursachen. Wie kann ich helfen?«
MITGEFÜHL-MEDITATION
Versetzen Sie den Körper in einen ruhigen und entspannten Zustand wie bereits beschrieben und beruhigen Sie den Geist einige Momente durch Achtsamkeit auf die Atmung. Beginnen Sie die Sitzung damit, dass Sie Mitgefühl für Ihre eigene Person entwickeln. Wie lange haben Sie sich abgemüht, um sich von Angst, Sorge und Unzufriedenheit zu befreien? Welche Tendenzen Ihres Geistes und Verhaltens kamen Ihnen dabei immer wieder in die Quere? Dies ist nicht der Zeitpunkt für Bestürzung, Selbstverurteilung oder Apathie. Hier ist jetzt eine Neueinschätzung angesagt. Wie können wir uns angesichts der Tatsache, dass wir so wenig Kontrolle über äußere Umstände haben, von den inneren Ursachen des Leidens befreien? Lassen Sie in sich das Wunschgebet aufsteigen: »Möge ich frei sein von den wahren Ursachen von Sorge und Traurigkeit.« Stellen Sie sich Ihren Geist frei von sinnlosem Begehren, frei von Feindseligkeit, frei von Verwirrung vor. Stellen Sie sich die gelassene Heiterkeit und Freude eines ausgeglichenen Geistes vor, dessen Antennen sehr präzise auf die Wirklichkeit eingestellt sind.
Wenden Sie nun Ihre Aufmerksamkeit einem geliebten Menschen zu, der unter physischem oder psychischem Schmerz leidet. Der englische Begriff attention für »Aufmerksamkeit, Achtsamkeit« ist mit dem Verb to tend verwandt, was sich jemandem zu wenden, sich um jemanden kümmern, jemanden pflegen und über jemanden wachen bedeutet. Wenn Sie sich jemanden ganz und gar zuwenden und sich um ihn oder sie kümmern, bieten Sie sich dieser Person selber dar. Das ist Ihr innigstes Geschenk - Sie kümmern sich um jemanden mit liebevollem, mitfühlendem Herzen. Lassen Sie zu, dass Ihr Herz und Ihr Geist von dieser Person erfüllt werden. Wenden Sie sich der Erfahrung dieses Menschen zu, und wenn Sie die Gründe für seinen Kummer oder Schmerz kennen, vergegenwärtigen Sie sich diese Gründe, lassen Sie sie in sich präsent sein. Stellen Sie sich vor, wie Sie sich nun in diese Person hineinversetzen, ihre Schwierigkeiten aus ihrer Sicht erleben. Kehren Sie dann zu Ihrer eigenen Sicht zurück und lassen Sie den sehnlichen Wunsch erstehen: »Mögest du frei sein von Leiden und den Ursachen des Leidens.« Stellen Sie sich vor, wie diese Person zu der von ihr angestrebten Erlösung und Freiheit findet, um ein glückliches und sinnvolles Leben zu führen.
Halten Sie sich nun eine andere Person vor Augen, einen Menschen, der von Leiden frei sein möchte, aber in seiner Verblendung sich selbst und anderen Leiden schafft. Nehmen Sie auch hier wieder seine Sicht der Dinge an und erleben Sie seine Schwierigkeiten. Kehren Sie danach zu Ihrer eigenen Sichtweise zurück und wünschen Sie im Wissen um die Konsequenzen des Verhaltens dieses Menschen, dass er frei sein möge von den negativen Geistesregungen und Leid verursachenden Emotionen, die die Wurzel seines zerstörerischen Verhaltens bilden. Lassen Sie aus ganzem Herzen den Wunsch erstehen: »Mögest du eine klare Sicht vom Pfad der Freiheit von Leiden haben«, und stellen Sie sich vor, dass diese Person von den Ursachen des Leidens frei ist.
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