Die Achtsamkeits-Revolution
Sie nun Ihren Gewahrseinsraum auf die ganze Welt aus, wenden Sie sich denen zu, die leiden, ob nun unter Hunger und Durst, unter Armut oder dem Elend eines Krieges, unter sozialer Ungerechtigkeit oder de n Störungen, Trübungen und negative Regungen ihres eigenen Geistes. Wir verdienen alle Mitgefühl, ganz besonders, wenn wir aus Verblendung handeln und uns selbst und anderen schaden und Leid zufügen. Lassen Sie Ihr Herz die Welt mit dem Wunschgebet umarmen: »Mögen wir alle frei sein von Leiden und seinen wahren Ursachen. Mögen wir alle einander helfen, unseren Schmerz zu lindern.« 18
STUFE 3
WIEDER ZURÜCK GERICHTETE ACHTSAMKEIT
W enn Sie die dritte Stufe, Wieder zurück gerichtete Achtsam keit, erreichen, bleibt die Achtsamkeit bei jeder Praxissit zung die meiste Zeit über fest auf Ihren Meditationsgegenstand gerichtet. Inzwischen werden Sie die übliche Sitzungsdauer vielleicht auf das Doppelte der anfänglichen vierundzwanzig Minuten ausgedehnt haben. Mit sich zunehmend stabilisierender Achtsamkeit können Sie Ihre Sitzungen vielleicht immer um weitere drei Minuten verlängern. Stets sollten Sie aber mehr Wert auf die Qua lität der Meditation legen als auf die Quantität an Zeit, die Sie auf jede Sitzung verwenden. Wenn Sie lange Sitzungen abhalten, den Geist aber unbemerkt in seinen Ablenkungen umherstreifen oder in Dumpfheit verfallen lassen, vergeuden Sie nicht nur Ihre Zeit, sondern legen sich auch schlechte Gewohnheiten zu, die sich dann umso schwerer durchbrechen lassen. Als Sie sich noch auf Stufe zwei befanden, erlebten Sie zwar Phasen, in denen Sie die Achtsamkeit bis zu einer Minute stetig auf den Meditationsgegenstand gerichtet halten konnten, verstrickten sich aber nach wie vor zumeist in Ablenkungen. Mit dem Erreichen der dritten Stufe hat Ihre Achtsamkeit an Stabilität gewonnen, sodass Sie jetzt die meiste Zeit bei Ihrem Meditationsobjekt bleiben. Gelegentlich kommen noch Ausrutscher vor und Sie vergessen Ihr Objekt vollkommen, doch werden Sie sich dessen rasch bewusst und können die Löcher mehr und mehr stopfen. Lange bevor Sie diese Stufe erreichten, haben Sie vielleicht ab und zu eine Sitzung erlebt, bei der der Geist die meiste Zeit bei seinem Objekt zu bleiben schien. Lassen Sie sich davon nicht täuschen! Auch Amateurgolfspieler schlagen mal ein Birdie, was aber nicht bedeutet, dass sie schon mit den Profis mithalten können. Die dritte Stufe ist erst dann erreicht, wenn wir praktisch in allen unseren Sitzungen den Geist die meiste Zeit über auf sein Objekt gerichtet halten können. In dieser Praxisphase ist bei einem Großteil der Leute das Hauptproblem nach wie vor die grobe Erregung. Gemeistert wird die dritte Stufe mit der Kraft der Achtsamkeit. Manche Menschen neigen jedoch beim Shamatha-Training von Anfang an zur Laschheit, die sich in groben, mittleren und subtilen Graden manifestiert. Für den Augenblick befassen wir uns nur mit der groben Laschheit , die dann auftritt, wenn die Achtsamkeit sich weitgehend von ihrem Objekt löst und in leerer Gedankenlosigkeit versinkt. Das ist so, wie wenn der Empfang eines Radiosenders immer mehr dahinschwindet, ohne dass ein anderer Kanal dazwischenfunkt. Dieses Verweilen im Zustand grober Laschheit, in dem der Geist von gedanklichem oder emotionalem Aufruhr relativ ungestört bleibt, kann ausgesprochen friedvoll sein. Aber wenn Sie jeden Tag viele Stunden in diesem stumpfsinnigen Zustand verbringen, hat das, wie tibetische Kontemplative berichten, nicht nur keinen Nutzen, sondern kann sich auch ziemlich nachteilig auf Ihre Intelligenz auswirken. Ihre Geistesschärfe verkümmert allmählich, was langfristig gesehen ernsthaften Schaden anrichten kann. In den frühen siebziger Jahren war mir jemand bekannt, der eigenmächtig entschied, dass es beim Meditieren eigentlich nur darum ging, mit den Denken aufzuhören, ein Ziel, dem er sich fortan sehr fleißig und kontinuierlich widmete. Und er erreichte sein Ziel auch, indem er schließlich nur noch dahinvegetieren, nicht einmal mehr selbstständig essen konnte und in die Klinik eingewiesen werden musste. Das könnte man als einen Extremfall von grober Laschheit ansehen!
Wenn Sie mit dieser Praxis fortfahren und auf den Entwicklungsstufen vorankommen wollen, müssen Sie die Fähigkeit zur Überwachung der Qualität Ihrer Achtsamkeit schärfen. Während die Hauptkraft Ihres Gewahrseins mit Achtsamkeit auf das Meditationsobjekt gerichtet ist, muss dieser
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