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Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Titel: Die Adler von Lübeck: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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hassen. Einen dritten Grund brauchten sie nicht.
    Bis zu seiner letzten Stunde hatte Rosländer nicht begriffen, dass er nie dazugehören würde. Vielleicht seine Kinder, vielleicht seine Enkel. Er nicht. Seine Frau, das war eine Nette. Die tat keinem weh, die war angenehm handfest. Kokettierte nicht, war kein Püppchen. Sie war schlau. Vor allem war sie so schlau, nicht schlauer sein zu wollen als ein männlicher Händler. Das schätzte man in Lübeck. Es hatte Kaufleute gegeben, deren Frauen den Ehrgeiz entwickelten, ihren Mann zu lenken, ihm zu sagen, was richtig war und was falsch; mit wem er verkehren sollte und mit wem nicht. Solche Paare kamen und gingen – sie gingen spätestens zwei Jahre nach ihrer ersten Grenzüberschreitung. Solche brauchte man in Lübeck nicht. Sollten sie in andere Orte ziehen und anderen Kaufleuten auf die Nerven gehen.
    Die Stadt Lübeck besaß für Grenzüberschreiter ein eigenes Verdauungssystem. Durch dessen Gänge und Röhren leitete man diese Nervensägen, um sie zu zerhäckseln , ihnen die Zähne zu lockern und die Muskeln zu zerbröseln. Dergestalt geschwächt war es ein Leichtes, den Unrat zu beseitigen. Viele Menschen passten nach Lübeck, manche nicht. Es gab zwei Möglichkeiten, mit ihnen umzugehen. Man konnte sich an sie gewöhnen oder sie übersehen. Oder man konnte sie loswerden. Die letzte Möglichkeit war für alle Beteiligten die beste.
    Anna Rosländer sagte: »Ich hatte Besuch von Schnabels Frau.«
    Das fand man nun doch interessant.
    »Sie hat gesagt, er wird krank vor Ärger. Ob ich mich nicht beeilen kann mit meinen Geschäften, damit er sich schneller daran gewöhnt.«
    »Fand sie das nicht peinlich, zu dir zu gehen und für ihren Mann zu bitten?«
    »Nein, Hedwig, fand sie nicht. Und so war es ja auch nicht. Sie hat nicht gebettelt. Sie hat nur geschildert, wie sehr er leidet.«
    »Aber worunter denn bloß? Es steht doch gar nichts fest. Es ist doch alles bloß Gerücht!«
    »Es ist, weil ich eine Frau bin. Sie sagt, er leidet darunter, dass ich eine Frau bin.«
    »Hat sie auch gesagt, dass er einen Knall hat?«
    »Nein, hat sie nicht. Sie sagt, dass sie Angst um ihren Mann hat. Sie sagt, er könnte vor Gram sterben, und dann sei ich schuld.«
    Trine stand auf und begann herumzugehen.
    »Das kann alles nicht sein«, murmelte sie. »Die Stadt fängt an durchzudrehen. Anna, wie können wir dir helfen?«
    »Ihr könnt mir sagen, ob es richtig ist, was ich tun werde.«
    In Windeseile nahm Trine wieder Platz. Na endlich! Es wurde konkret! Das behagte ihr. Das Warten war bei ihrer Arbeit der schlimmste Teil. Wenn das Kind sich in Bewegung setzte, war alles leicht.
    So erfuhren die Frauen von Annas Traum. Vier Wochen nach seinem Tod hatte es damit begonnen und seitdem nicht mehr aufgehört. In den ersten vier Wochen hatte sie nicht geträumt, sie hatte im Gegenteil sehr gut geschlafen. Unfassbar, aber wahr. Dann kam der Traum, jede Nacht der gleiche. Rosländer fuhr mit seinen Männern über ein Meer aus Sand. Ein Sturm zog auf, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte. Die Männer schlossen mit ihrem Leben ab und legten sich zum Sterben hin. Jeder suchte die Nähe von Rosländer. Der Sturm aus Sand tobte, sie waren bereit.
    »Ein Meer aus Sand?«, fragte Sybille. »Wieso denn aus Sand?«
    »Frag mich was Leichteres. Ich weiß es nicht. Ich kenne kein Meer aus Sand. Ich war nie in der Wüste. Ich kenne nur die großen Dünen im Osten, von denen man sagt, so sähe auch die Wüste aus.«
    Rosländer war ihres Wissens nie in der Wüste gewesen, Wüsten hatten in seinem Leben keine Rolle gespielt.
    Anna sagte: »Ich denke mir, es ist das Entsetzen. Er hatte mit Wasser und dem Meer zu tun. Er ist zur See gefahren und mehr als einmal in Stürme geraten. Damals vor Rügen wäre es beinahe passiert, vier Männer der Besatzung sind ertrunken. Und gestorben ist er auf gefrorenem Wasser. Wasser hat ihn begleitet, im Leben und im Sterben. Vielleicht war das Eis das Letzte, was er gesehen hat, bevor er die Augen schloss. Ich denke wirklich, es ist das Entsetzen. Nicht seins, sondern meins. Ich traue mich nicht, in Verbindung mit ihm an Wasser zu denken. Vielleicht ist er erst dann wirklich tot, wenn ich ihn in Wasser sehe. Oder auf dem Wasser. Bis dahin versinken sie im Sand. Er dringt in ihre Nasen und in den Hals. Wenn ich aufwache, huste ich und krächze. Als wäre ich dabei gewesen, im Sandmeer.«
    Anna nahm einen Schluck vom Tee, der kalt geworden war.
    »Ich werde ihm ein

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