Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Titel: Die Adler von Lübeck: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
Vom Netzwerk:
auf, frei von der Leber weg zu sprechen.
    »Vielleicht wollt Ihr gleich zu den Leuten reden!«, rief Polikoff gehässig und wies zu den Fenstern, die auf den Markt hinausgingen.
    »Bitte etwas Sachlichkeit«, sagte Ebel . Polikoff fragte sich, warum seine Kollegen einem alten Stadtarzt gestatteten, das große Wort zu führen.
    »Glaubt Ihr, Ihr könntet es besser?«, raunte ein Kollege.
    Verdutzt starrte Polikoff ihn an. Das glaubte er in der Tat. Die alte Generation tritt ins Glied zurück, an ihre Stelle tritt die neue Zeit. Missmutig starrte Polikoff die blonde Frau an. Sie trug eine dunkelgrüne Jacke, wie er sie bei Seeleuten gesehen hatte. Um den Hals lag ein Pelz, nicht groß und breit, kein Zobel, aber ein Pelz war es. Man sollte die Hebamme fragen, woher das Stück stammte. Vielleicht vermisste ein Bürger seit einiger Zeit diesen Pelz. Hebammen waren räuberisches Volk. Wenn ihr Auge erst einmal begehrlich auf einem fremden Stück Eigentum ruhte, war es nur eine Frage der Zeit, bis es die Besitzerin wechselte. Polikoff kannte Hebammen. Zwar stammte das meiste aus Erzählungen von Kollegen, aber er glaubte jedes Wort.
    »Es geht um den Schweden auf der Werft«, begann die Hebamme.
    Wie frech sie jedem Anwesenden ins Gesicht blickte! Als hätte sie nichts zu verbergen! Als befände sie sich in einem Raum mit Gleichgestellten. So war es ja nun nicht, Polikoff verspürte Lust, dies klarzustellen.
    Doch die Hebamme sprach schon weiter, und die Medici machten nicht den Eindruck, als würden sie sich beleidigt fühlen. Zuerst schmierte sie den Anwesenden Honig ums Maul, indem sie deren Wissen und Klugheit betonte. Polikoff hörte das nicht ungern, aber bei einem Lob kam es darauf an, aus wessen Mund es über einen kam. Den meisten Lobpreisern glaubte Polikoff unbesehen, denn sie sprachen die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
    Bei einer Hebamme war es anders. Ihr durfte man nicht trauen, sie führte etwas im Schilde, das sich nicht gleich erschloss. Deshalb durfte man sich nicht einwickeln lassen, musste hellwach bleiben und jedes Wort auf den verborgenen Sinn abklopfen. Polikoff war hellwach und unbestechlich. Mochte er den Hamburgern mit seiner Art am Ende auch auf die Nerven gegangen sein, den Lübeckern wollte er zeigen, dass sie nicht einen x-beliebigen Medicus gewonnen hatten, sondern einen mit Verstand und Scharfsinn.
    »Es handelt sich um Maulwurf.«
    » Häh !«
    »Maulwurf«, wiederholte die Hebamme, »was ich am Hals trage, ist vom Maulwurf. Ich dachte, ich sollte es verraten, bevor Euch die Augen aus dem Kopf fallen.«
    Sieben Männer glucksten vergnügt, einer kochte vor Zorn.
    Trine Deichmann fuhr fort: »Mir wurden Informationen zugetragen, die ich nicht für mich behalten kann.«
    »Wir sind gespannt«, sagte Ebel neugierig.
    »Der schwedische Seemann Lundberg , der auf der Rosländer-Werft festgehalten wird, hat nicht die Pest. Er ist ein Betrüger.«
    Überraschtes Murmeln erfüllte den Raum.
    »Das könnt Ihr gar nicht wissen«, rief ein Medicus , es war nicht Polikoff .
    »Mir stehen Informationen zur Verfügung, die keinen anderen Schluss zulassen.«
    »Redet nicht so geschwollen daher. Nennt Ross und Reiter!«, rief Polikoff .
    »Gerne. In Lübeck hat sich eine Vereinigung gegründet, die den Kampf gegen das Schiff der Witwe Rosländer auf schmutzige Art führt.«
    »Daran ist nichts schmutzig«, protestierte ein Medicus . »Dies ist eine freie Stadt, hier darf jeder Bürger eine Meinung haben und sie vertreten. Jedenfalls, wenn seine Meinung von allgemeinem Interesse ist und nicht aus dem Schweinekoben aufsteigt.«
    »Ihr meint die Armen.«
    »Die vor allem. Und noch einige andere, die ich nicht einzeln nennen will.«
    »Ich meine nicht den Widerstand, den der Reeder Schnabel und seine Freunde anführen.«
    Alle starrten Trine an. Wie seltsam es war, eine Wahrheit, die jedem im Raum bekannt war, aus einem Mund zu hören, von dem man das nicht erwartet hätte.
    »Weiter, weiter«, forderte Ebel die Hebamme auf.
    »Der Reeder Schnabel und seine Freunde haben sich einige Finten und Gemeinheiten einfallen lassen   …«
    »Das nehmt Ihr zurück! Das ist eine Meinungsäußerung, die Euch nicht zusteht. Nicht einer wie Euch!«
    Polikoff wusste, dass er aufpassen musste. Er war bis zu einer Grenze vorgedrungen.
    »Kollege, ich muss doch sehr bitten.« So kannte Polikoff den alten Arzt noch nicht. Schneidend, ohne seine sonstige Verbindlichkeit, die nach Blumen roch. Ernüchtert und

Weitere Kostenlose Bücher