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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Denunziationen völlig grundlos und das Ergebnis von Dummheit und Ignoranz. Die meisten Einwohner von Würzburg sind Bauern. Würzburg ist nicht Berlin, auch wenn es das gerne wäre.
    Meine eigene Situation ist ein typischer Fall, Herr Gunther. Weinberger ist kein jüdischer Name. Ich bin kein Jude. Keiner meiner Großeltern war Jude, und doch wurde ich schon als Jude denunziert, mehrmals sogar. Was meinem beruflichen Fortkommen hier in Würzburg nicht gerade hilfreich ist.»
    «Das kann ich mir gut vorstellen», sagte ich und erlaubte mir ein Lächeln, doch das war alles. Ich hatte die Informationen noch nicht erhalten, die ich wollte, und bis dahin wollte ich den jungen Gestapo-Mann nicht verärgern. Wir bogen in die Adolf-Hitler-Straße ein und gingen nach Norden, in Richtung meines Hotels.
    «Es ist wirklich lustig. Natürlich ist es das. Ich kann es verstehen. Aber irgendwie denke ich, es würde nicht passieren in einer weltoffeneren Stadt wie Berlin. Schließlich gibt es eine Menge Leute mit jüdisch klingenden Namen, die Nationalsozialisten sind, nicht wahr? Liebermann von Sonnenberg beispielsweise? Ich bitte Sie. Nun, ich bin sicher, er würde meine Zwangslage verstehen.»
    Ich konnte ihm kaum erzählen, dass der stellvertretende Chef der Berliner Polizei zwar Mitglied in der nsdap war, aber zugleich die Gestapo verabscheute und alles, wofür sie stand.
    «Ich denke, mein Name wäre mir in einer Stadt wie Berlin nicht so im Weg wie hier», sagte er ernsthaft. «Hier in Würzburg wird es immer einen Verdacht geben, dass ich kein reiner Arier bin.»
    «Wer ist das schon?», entgegnete ich. «Man muss doch nur weit genug in die Vergangenheit gehen, und wenn die Bibel recht hat, waren unsere Vorfahren allesamt jüdisch. Bis zum Turm von Babel.»
    «Hm. Ja.» Er nickte unsicher. «Aber abgesehen davon - die Fälle, die ich hier auf den Schreibtisch bekomme, sind so unbedeutend, dass man sich nicht die Mühe machen muss, ihnen nachzugehen. Deshalb habe ich mich anfangs überhaupt für Max Reles interessiert.»
    «Was wollen Sie, Hauptmann? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich ein wenig präziser ausdrücken könnten.»
    «Eine Chance. Eine Chance, mich zu beweisen, das ist alles. Ein Wort des stellvertretenden Polizeichefs an die Berliner Gestapo würde eine Versetzung nach Berlin möglich machen, meinen Sie nicht?»
    «Sicher», sagte ich. «Durchaus.»
    Wir betraten das Hotel und durchquerten die Halle zum Cafe, wo ich für uns beide Kaffee und Kuchen bestellte.
    «Wenn ich zurück bin in Berlin», sagte ich zu ihm, «werde ich sehen, was ich tun kann. Tatsache ist, ich kenne selbst jemanden bei der Gestapo. Er leitet eine Abteilung in der Prinz-Albrecht-Straße. Er kann Ihnen vielleicht helfen. Ja, bestimmt kann er Ihnen helfen. Vorausgesetzt, Sie können mir helfen, natürlich.»
    Dieser Tage lief in Deutschland alles auf diese Weise. Eine Ratte wie Othman Weinberger konnte nur so überhaupt weiterkommen. Und während ich persönlich ihn so interessant fand wie den Dreck unter Sohlen meiner guten Salamander, konnte ich ihm kaum verdenken, dass er wegwollte aus Würzburg. Ich war gerade vierundzwanzig Stunden hier und konnte es kaum erwarten, hier wegzukommen.
    «Aber dieser Fall», sagte ich. «Zusammen können wir vielleicht etwas daraus machen. Etwas, das Ihrer Karriere ganz allein dienlich ist. Etwas, das Ihre Vorgesetzten beeindruckt, sodass niemand mehr ein Wort für Sie einlegen muss.»

     
    Weinberger grinste schief und musterte die hübsche Kellnerin mit lüsternem Blick, als sie sich vorbeugte, um unseren Kaffee und den Kuchen zu servieren. «Meinen Sie? Ich bezweifle es. Niemand hier scheint sich für das zu interessieren, was ich über Max Reles herausgefunden habe.»
    «Ich bin nicht hier, um den Kaffee in meine Ohren zu schütten, Hauptmann. Lassen Sie mich hören, was es zu hören gibt.»
    Er ignorierte seinen Kaffee und den ausgezeichneten Kuchen und beugte sich aufgeregt vor. «Dieser Mann ist ein richtiger Gangster!», sagte er. «Ein Kerl wie Al Capone und dieses andere Gesindel in Chicago! Das fbi ...»
    «Warten Sie. Ich möchte, dass Sie mir alles erzählen.»
    «Nun gut. Sie wissen vielleicht, dass Würzburg die Hauptstadt der deutschen Natursteinindustrie ist. Unser Kalkstein ist sehr begehrt bei Architekten überall in Deutschland. Doch es gibt im Grunde genommen nur vier Firmen, die den Stein verkaufen. Eine davon ist die Würzburger Jura-Sandstein, und sie gehört einem bekannten

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