Die Adlon - Verschwoerung
Zigarette an - ihr einziges Requisit, das voll und ganz ins Tropicana passte.
Wie die meisten Kapellen in Havanna spielte auch diese hier eine Weile länger als erträglich. Ich besaß keine Waffe, doch wenn ich eine gehabt hätte, hätte ich wahrscheinlich mit Freuden einen Satz Congas oder Maracas als Zielscheibe benutzt. Oder jedes lateinamerikanische Instrument, solange es in Gebrauch war. Schließlich ertrug ich es nicht länger. Ich erhob mich, nahm Noreen bei der Hand und führte sie nach draußen.
Im Foyer angekommen, fragte sie mich: «Hier also verbringst du deine Freizeit, wie?» Aus alter Gewohnheit redete sie Deutsch mit mir. «So viel zu Montaigne.»
«Er hat tatsächlich ein Essay über dieses Etablissement geschrieben und über den Brauch, Kleidung zu tragen. Oder sie nicht zu tragen. Im Großen und Ganzen halte ich ihn für ziemlich gut. Meistens hat er den Durchblick. So ungefähr das Einzige, was dieser Mann nicht erklärt, ist, warum du den ganzen Weg hier heraus gefahren bist, um mich zu sehen. Ich habe aber eine Ahnung.»
«Gehen wir in den Garten», sagte sie leise.
Der Garten des Tropicana war ein Dschungelparadies aus Palmen und hoch aufragenden Mamoncillobäumen. Karibischen Legenden nach lernen die jungen Mädchen das Küssen, indem sie das süße Fleisch der Quenepa, der Frucht des Mamoncillobaums, essen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mich zu küssen so ungefähr das Letzte war, was Noreen im Sinn hatte.
Im Zentrum der geschwungenen Auffahrt stand ein großer Marmor-Springbrunnen, der einst den Eingang des Hotel Nacional geziert hatte. Er bestand aus einem runden Becken, umgeben von acht lebensgroßen, unbekleideten Nymphen. Gerüchte wussten, dass die Besitzer des Tropicana dreißigtausend Pesos für den Brunnen bezahlt hatten. Trotzdem erinnerten mich die Nymphen an eine von jenen Berliner Körperkulturschulen, die Alfred Koch einst für übergewichtige Matronen am Motzener See eingerichtet hatte und wo man sich nackt einander Medizinbälle zuwarf. Und trotz allem, was Montaigne in dieser Hinsicht zu sagen hatte, war ich froh, dass die Menschheit Nadel und Faden erfunden hatte.
«So», sagte ich. «Was willst du mir sagen?»
«Es fällt mir nicht leicht.»
«Du bist Schriftstellerin. Du wirst schon die richtigen Worte finden.»
Sie rauchte schweigend ihre Zigarette, überlegte einen Moment, und dann zuckte sie die Schultern, als wäre ihr schließlich eine Formulierung eingefallen. Ihre Stimme war weich. Im Mondlicht sah sie so schön aus wie eh und je. Ihr Anblick schmerzte mich, als enthielte der Duft der grünlich weißen Mamoncilloblüten eine magische Substanz, die machte, dass sich Narren wie ich in Königinnen wie sie verliebten.
«Dinah ist zurückgereist in die Staaten», sagte sie und redete immer noch um den heißen Brei herum. «Aber das wusstest du schon, oder?»
Ich nickte. «Geht es um Dinah?»
«Ich mache mir Sorgen um sie, Bernie.»
Ich schüttelte den Kopf. «Sie hat Kuba verlassen. Sie geht auf die Brown University. Ich wüsste nicht, warum du dir noch länger Sorgen machen solltest. Tut sie nicht genau das, was du von ihr gewollt hast?»
«Oh, sicher. Nein, es ist die Art und Weise, wie sie ihre Meinung geändert hat. Über alles. So vollkommen unerwartet.»
«Max Reles wurde ermordet. Ich denke, das hat eine Menge mit ihrer Entscheidung zu tun.»
«Diese Gangster, mit denen er Geschäfte gemacht hat. Du kennst einige von ihnen, oder?»
«Ja.»
«Haben sie einen Verdacht, wer Max getötet haben könnte?»
«Absolut keinen.»
«Gut.» Sie warf ihre aufgerauchte Zigarette weg und steckte sich rasch eine neue an. «Du hältst mich vielleicht für verrückt. Aber verstehst du, ich hatte überlegt, dass ... dass Dinah vielleicht etwas mit dem Mord zu tun haben könnte.»
«Wie kommst du auf diese Idee?»
«Zum einen ist mein Revolver - der, den Ernest mir gegeben hat - verschwunden. Es war ein russisches Modell. Ich hatte ihn irgendwo im Haus herumliegen, und jetzt kann ich ihn nirgendwo mehr finden. Fredo ... Alfredo Lopez, mein befreundeter Anwalt, hat einen Kontakt bei der Polizei, der ihm gesagt hat, dass Reles mit einem russischen Revolver erschossen wurde. Ich stelle mir Fragen, verstehst du? Ich frage mich, ob Dinah es gewesen sein könnte.»
Ich schüttelte den Kopf. Ich konnte ihr kaum sagen, dass Dinah den gleichen Verdacht gegen sie geäußert hatte.
«Und die Tatsache, dass sie so schnell über den Tod von Max hinweggekommen
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