Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
Name des Gastes war Dr. Heinrich Rubusch, und das Zimmermädchen hätte ihn normalerweise nicht gestört, hätte er nicht um elf Uhr abreisen wollen. Als sie an seine Tür klopfte, antwortete niemand. Deshalb versuchte sie, mit ihrem eigenen Schlüssel einzutreten, und stellte fest, dass die Tür von innen verschlossen war und der Schlüssel steckte. Nach einer ganzen Weile vergeblichen Klopfens und Wartens informierte sie den stellvertretenden Geschäftsführer, Herrn Pieck, der das Schlimmste befürchtete und mich herbeirief.
    Ich ging zum Hotelsafe und nahm einen der Schlüsseldreher, die wir dort aufbewahrten - ein einfaches Stück Metall von der Form und Größe einer Stimmgabel, passgenau angefertigt, um durch das Schlüsselloch hindurch den Schlüssel umzudrehen. Wir hatten eigentlich sechs dieser Werkzeuge, doch eines war nicht da, was wahrscheinlich bedeutete, dass Kollege Muller, der andere Hoteldetektiv, ihn genommen und vergessen hatte, ihn wieder zurückzubringen. Typisch für ihn - Muller war ein rechter Trunkenbold. Ich nahm einen anderen Schlüsseldreher und ging damit nach oben in den zweiten Stock.
    Herr Rubusch lag noch im Bett. Ich hoffte, dass er aufwachen und uns anbrüllen würde, gefälligst zu verschwinden und ihn ausschlafen zu lassen, doch das tat er nicht. Ich legte meinen Finger an seine Halsschlagader, doch sein Hals war so fett, dass ich bald aufgab und stattdessen seine Pyjamajacke aufknöpfte, um das Ohr an seine kalte, reglose Brust zu pressen.
    «Soll ich Dr. Küttner rufen?», fragte Pieck.
    «Ja. Aber sagen Sie ihm, dass er sich Zeit lassen kann. Herr Rubusch ist tot.»
    «Tot?»
    Ich zuckte die Schultern. «Das Leben in einem Hotel ist genau wie draußen. Irgendwann lösen wir alle die goldene Fahrkarte.»
    «Du lieber Gott, Gunther - sind Sie sicher?»
    «Nicht einmal Baron Frankenstein würde diese Gestalt hier wieder zum Leben erwecken.»
    Das Zimmermädchen stand in der Tür und bekreuzigte sich feierlich. Pieck schickte sie nach unten, wo sie den Arzt des Hauses informieren sollte.
    Ich schnüffelte am Wasserglas auf dem Nachttisch des Toten. Es war noch Wasser darin. Die Fingernägel des Toten waren so sauber, als hätte er gerade erst eine Maniküre gehabt. Nirgendwo an der Leiche oder im Bett war Blut zu sehen. «Sieht so aus, als wäre er eines natürlichen Todes gestorben, aber wir warten lieber auf Dr. Küttner.»
    Pieck ging zum Fenster und wollte es öffnen. «Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun», sagte ich. «Es wird der Polizei nicht gefallen.» «Der Polizei?»
    «Wenn ein Leichnam gefunden wird, mag sie gerne darüber informiert werden. So lautet das Gesetz, oder lautete es jedenfalls. Andererseits, angesichts der Masse an Leichen, die dieser Tage so gefunden werden - wer weiß? Sollte es Ihnen nicht aufgefallen sein, es hängt ein schwerer Geruch nach Parfüm im Raum. Blue Grass von Elizabeth Arden, wenn mich nicht alles täuscht. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass Herr Rubusch es selbst getragen hat, was bedeutet, dass vielleicht jemand bei ihm gewesen ist, als er den Löffel abgegeben hat. Und das bedeutet, dass die Polizei es vorzieht, wenn die Dinge so bleiben, wie wir sie vorgefunden haben. Das Fenster sollte also besser zubleiben.»
    Ich ging ins Badezimmer und ließ den Blick über eine ordentliche Reihe Herrenartikel schweifen. Es war der übliche Mist für einen Geschäftsreisenden. Auf einem der Handtücher war Schminke. Im Eimer lag ein Tuch mit einem Abdruck von einem Lippenstift. Ich öffnete seine Kulturtasche und fand eine Flasche mit Nitroglyzerinpillen und ein Päckchen Fromms Kondome. Ich öffnete das Päckchen und stellte fest, dass ein Kondom fehlte. Ein kleiner gefalteter Zettel kam zum Vorschein, auf dem stand: bitte geben sie mir unauffällig eine Packung fromms. Ich hob den Toilettendeckel und kontrollierte die Kloschüssel. Alles sauber. Ich verließ das Badezimmer und setzte meine Suche draußen fort. In einem Papierkorb unter dem Schreibtisch fand ich die leere fromms-Hülle. Ich tat, was ein echter Detektiv getan hätte - nur den geschmacklosen Witz ließ ich aus. Den gedachte ich Dr. Küttner zu überlassen.
    Bis er endlich durch die Tür kam, war ich mehr oder weniger so weit, ihm eine wahrscheinliche Todesursache zu nennen, doch aus Höflichkeit wartete ich damit, bis er sein Geld verdient hatte.
    «Leute in teuren Hotels sind selten richtig krank, wissen Sie?», sagte er. «Bei fünfzehn Mark für eine Nacht

Weitere Kostenlose Bücher