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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Jagdschlosses der Hohenzollern - ein Ort, wo die Prinzen und Prinzessinnen und Herrscher des alten deutschen Kaiserreichs ihren Kaffee oder Kümmel einnehmen konnten, nachdem sie den ganzen Morgen auf den Knien zu einem Gott gebetet hatten, der im Vergleich zu ihnen wie ein vulgäres, niederes Wesen erschienen sein musste.
    Unter der Glasdecke des Cafes war sie nicht zu übersehen - wie eine exotische Blüte in einem Treibhaus. Doch wie bei jeder exotischen Schönheit lauerte die Gefahr in unmittelbarer Nähe. Ein junger Mann in einer schicken schwarzen Uniform saß bei ihr am Tisch wie Miss Muffets Spinne. Keine sechs Monate nach dem Niedergang der sa, in der die Nazis eine konkurrierende politische Macht gesehen hatten, war die SS zur meistgefürchteten uniformierten Organisation in Hitlerdeutschland geworden.
    Ich war alles andere als erfreut über seinen Anblick. Er war groß und blond und attraktiv mit einem anziehenden Lächeln und Manieren, so geschliffen, wie seine Stiefel poliert waren. Er gab Noreen so eifrig-hilfsbereit Feuer, als hinge ihr Leben davon ab, und als ich mich ihrem Tisch näherte, sprang er auf und schlug die Hacken laut zusammen, dass es klang wie ein knallender Champagnerkorken. Der zu seiner Uniform passende schwarze Labrador zu seinen Füßen rührte sich auf den Hinterläufen und stieß ein finsteres Knurren aus. Herr und Hund erinnerten an einen Hexenmeister und seinen Vertrauten, und bevor Noreen uns einander vorstellen konnte, hoffte ich bereits inbrünstig, er möge sich mitsamt seinem Hund in eine dichte schwarze Rauchwolke auflösen.
    «Das hier ist Leutnant Seetzen», sagte sie höflich lächelnd. «Er hat mir Gesellschaft geleistet, während ich auf dich gewartet habe, und dabei seine englische Aussprache verbessert.»
    Ich setzte ein falsches Lächeln auf und tat, als freute ich mich über die Gesellschaft unseres neuen Freundes, doch ich war heilfroh, als er sich schließlich entschuldigte und ging.
    «Was für eine Erleichterung!», sagte Noreen. «Ich dachte schon, er geht überhaupt nicht mehr.»
    «Aha? Es sah so aus, als hättet ihr euch blendend verstanden.»
    «Sei nicht albern, Bernhard. Was hätte ich denn tun sollen? Ich habe in meinen Notizen gelesen, und er hat mich angesprochen und sich, ohne zu fragen, zu mir gesetzt. Abgesehen davon, es war eine faszinierende und zugleich schaurige Erfahrung. Er hat erzählt, dass er sich bei der Gestapo beworben hat.»
    «Eine Anstellung mit zweifellos blendenden Zukunftsaussichten. Wenn ich nur nicht solche Skrupel hätte, würde ich es ihm vielleicht nachmachen.»
    «Zurzeit ist er im Grunewald auf einem Ausbildungslehrgang.»
    «Ich frage mich, was er dort lernt. Wie man einen Gummischlauch gegen einen Mann einsetzt, ohne ihn gleich umzubringen? Woher kriegen sie nur all die Arschlöcher?»
    «Er kommt aus Eutin.»
    «Aha, daher also.»
    Noreen versuchte ein Gähnen zu unterdrücken, indem sie sich die eleganten, behandschuhten Finger vor den Mund hielt. Es war offensichtlich, warum der Leutnant sie angesprochen hatte. Sie war mit Abstand die bestaussehende Frau im gesamten Lokal. «Es tut mir leid», sagte sie. «Aber es war ein sehr anstrengender Nachmittag. Zuerst von Tschammer und Osten, dann dieser junge Leutnant. Dafür, dass ihr ein so gescheites Volk seid, könnt ihr Deutschen manchmal bemerkenswert begriffsstutzig sein.» Sie warf einen Blick auf ihr Notizbuch. «Euer Reichssportführer erzählt reinen Unsinn!»
    «Das ist der Grund, warum er die Stelle bekommen hat, Engel.» Ich steckte mir eine Zigarette an.
    Sie blätterte in ihren vollstenographierten Seiten und schüttelte den Kopf. «Hör dir das hier an. Er hat eine Menge Dinge gesagt, die in meinen Ohren schwachsinnig geklungen haben, aber das hier war die Krönung. Als ich ihn nach Hitlers Versprechen gefragt habe, dass Deutschland bei der Auswahl seiner olympischen Athleten die Statuten beachten und weder Rasse noch Religion berücksichtigen würde, hat er geantwortet, ich zitiere: Und hör dir das hier an, Bernie, jetzt kommt das Beste.