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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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geschehen, dass sich die Regierung bereit erklärt, eine geringe Quote Juden in ihrer Mannschaft zuzulassen, allerdings nur bei jenen sportlichen Disziplinen, in denen Deutschland von vornherein nur eine geringe Chance hat, eine Medaille zu gewinnen, beispielsweise Schach oder Krocket. Eine Tatsache bleibt bestehen: Es gibt gewisse Sportarten, in denen der Sieg eines Deutschjuden uns vor ein politisches, um nicht zu sagen philosophisches Problem stellen würde.>»
    «Ist das so?» Ich drückte meine Zigarette aus. Sie war erst halb aufgeraucht, doch ich hatte das Gefühl, als hätte ich etwas im Hals stecken. Als hätte ich den kleinen silbernen Totenkopf von der schwarzen Schirmmütze des Leutnants verschluckt.
    «Niederschmetternd, nicht wahr?»
    «Wenn ich bei dir den Eindruck erweckt habe, ein harter Brocken zu sein, dann ist jetzt der Zeitpunkt, um zu gestehen: Ich bin es nicht. Ich schätze es, vorgewarnt zu werden, bevor mir jemand in den Magen boxt.»
    «Es geht noch weiter. Von Tschammer und Osten sagt, dass es sämtlichen römisch-katholischen und evangelischen Jugendorganisationen genau wie den jüdischen Organisationen ausdrücklich verboten ist, sich sportlichen Betätigungen hinzugeben. Wenn es nach den Nazis geht, müssen sich die Menschen in Deutschland zwischen Sport und Religion entscheiden. Mit dem Hintergrund, dass sämtliche sportlichen Aktivitäten unter der Schirmherrschaft der Nazis stattfinden. Von Tschammer und Osten hat wortwörtlich gesagt, dass die Nazis einen kulturellen Krieg gegen die Kirche fuhren.»
    «Das hat er gesagt?»
    «Jeder katholische oder protestantische Athlet, der sich nicht einem Sportverein der Nazis anschließt, wird Deutschland bei den Olympischen Spielen nicht vertreten.»
    Ich zuckte die Schultern. «Dann ist es eben so. Wen interessieren schon ein paar Idioten, die um die Wette im Kreis herumrennen?»
    «Du übersiehst den entscheidenden Punkt, Bernhard. Die Nazis haben die Polizei gesäubert. Jetzt säubern sie den Sport. Wenn sie Erfolg haben, gibt es keinen Bereich mehr im öffentlichen Leben, in dem sie nicht ihre Autorität ausüben. Nazis werden überall bevorzugt. Wenn du im Leben weiterkommen willst, bleibt dir gar nichts anderes übrig, als selbst ein Nazi zu werden.»
    Sie lächelte, worüber ich mich ärgerte, denn ich wusste genau, warum sie lächelte. Sie dachte, sie hätte endlich den großen Aufhänger für ihren Zeitungsartikel gefunden. Für mich ging es um mehr als nur eine Story. Für mich ging es um mein Land.
    «Du bist es, die den entscheidenden Punkt übersieht», sagte ich gereizt. «Glaubst du etwa, es war ein Zufall, dass ein SS-Leutnant dich angesprochen hat? Glaubst du, er wollte nur höfliche Konversation mit dir betreiben?» Ich lachte auf. «Die Gestapo hat dich aufs Korn genommen, Engel. Warum sonst hätte er dir erzählen sollen, dass er sich bei der Gestapo beworben hat? Er ist dir wahrscheinlich hierher gefolgt nach deinem Interview mit dem Reichssportführer.»
    «Unsinn, Bernie.»
    «Tatsächlich? Höchstwahrscheinlich hat man Leutnant Seetzen ausdrücklich beauftragt, dich zu umgarnen, um herauszufinden, was für ein Mensch du bist. Wer deine Bekanntschaften sind. Und jetzt wissen sie, dass ich dazugehöre.» Ich blickte mich suchend um. «Wahrscheinlich werden wir jetzt in diesem Augenblick von ihnen beobachtet. Der Kellner gehört zu ihnen, oder dieser Mann dort drüben, der die Zeitung liest. Es könnte jeder sein, Noreen. So funktioniert das.»
    Sie schluckte nervös und steckte sich eine weitere Zigarette an. Ihre schönen blauen Augen zuckten nervös hierhin und dorthin, als sie verstohlen zuerst den Kellner, dann den Zeitungsleser musterte, um herauszufinden, ob sie uns tatsächlich beobachteten. «Glaubst du wirklich?»
    Sie machte den Eindruck, als hätte ich sie überzeugt, und ich hätte an dieser Stelle lächeln und ihr sagen können, dass ich nur einen Witz gemacht hatte, doch leider glaubte ich selbst, was ich da sagte. Warum sollte die Gestapo die amerikanische Journalistin nicht beschattet haben, die soeben von einem Interview mit dem Reichssportführer kam? Es war vollkommen logisch. Ich hätte es genauso gemacht, wäre ich in der Gestapo gewesen. Ich hätte sie warnen müssen.
    «Jetzt wissen sie also Bescheid über dich», sagte ich. «Und über mich.»
    «Ich habe dich in Gefahr gebracht, meinst du?» «Wie du heute Morgen so schön gesagt hast - bei meiner Arbeit kann man Gefahr nicht ausschließen.» «Es

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