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Die Äbtissin

Die Äbtissin

Titel: Die Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toti Lezea
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heißt es?«
    »Etxeberri…« Inés’ Stimme klang traurig und tonlos.
    »Ist etwas?« María war stehen geblieben und sah sie aufmerksam an.
    »Nein. Oder doch… Der Turm Etxeberri gehört meinem Onkel Tristán de Leguizamón.«
    »Aber…« María war überrascht und verstand dieses ganze Namenswirrwarr nicht so recht. »… aber wir suchen doch meinen Onkel, Pedro de Larrea, der in einem Haus namens Etxeberri lebt. Was hat das mit deinem Onkel zu tun?«
    »Die Larreas und vor ihnen die Etxeberris sind eine Nebenlinie der Leguizamóns. Folglich nimmt es nicht wunder, dass sie in diesem Haus leben.«
    »Und dein Onkel lebt auch dort?«, fragte María immer verwirrter.
    »O nein! Die Leguizamóns besitzen ihre eigenen Türme. Der bedeutendste ist der dort drüben.« Das Mädchen wies mit dem Finger darauf. »Es ist der größte Turm am Platz.«

In Inés’ Stimme schwang erneut Angst mit, und María hatte Mitleid mit ihr. Gleichzeitig war ihre Neugier so groß, dass ihr die Sorge der Novizin bedeutungslos erschien.
    »Los, Inés, mach ein fröhlicheres Gesicht! Niemand wird dich beachten. Siehst du nicht, dass uns niemand eines Blickes würdigt? Wo ist dieser Etxeberri-Turm?«
    »Am Ende des Platzes. Vor dem Torbogen, den Ihr dort drüben seht.«
    Sie machten sich auf den Weg. María hatte das Gefühl zu ersticken, so groß war ihre Freude und zugleich ihre Angst vor dem, worauf sie in diesen ganzen letzten Monaten gewartet hatte. Wie würde Pedro de Larrea sein? War er wirklich der Bruder ihrer Mutter? Ihr Onkel also? Würde er ihr etwas Neues sagen können? Toda de Larrea! Sie wollte den Namen herausschreien, den sie nun endlich kannte. Sie sah ein junges, lachendes Mädchen vor sich, das Haar kurz geschoren wie die Mädchen, die sie seit ihrer Ankunft im Baskenland gesehen hatte, ein junges Mädchen, das von dem mächtigsten Mann mehrerer Königreiche begehrt wurde. Aber was, wenn sie doch nicht ihre Tochter war? Diese Frau konnte genauso gut die Mutter der anderen María oder irgendeiner anderen Tochter des Königs sein. Weshalb sollte sie die Richtige sein? Je näher sie dem anderen Ende des Platzes kamen, desto stärker begann der Zweifel an ihr zu nagen. Wer konnte ihr Gewissheit geben, dass sie tatsächlich die Tochter Toda de Larreas war? Einzig ihr Vater, aber es war völlig ausgeschlossen, dass sie ihn irgendwann würde fragen können.
    Als sie vor dem mächtigen Portal des Wohnturms standen, packte Inés sie am Arm.
    »Da ist noch etwas, Doña María… Mein Vater war ein Verwandter der Larreas. Don Pedro kennt mich und sieht mich als seine Nichte an.«
    María starrte sie an. Plötzlich sah sie Inés mit anderen Augen. »Das ist ja wundervoll!«, rief sie.
    Inés schaute verständnislos drein.
    »Begreifst du denn nicht? Vor wenigen Monaten noch war ich völlig alleine auf der Welt, und nun stellt sich heraus, dass ich Verwandte habe, wo ich am wenigsten damit rechnete. Möglicherweise gehören wir beide ein und derselben Familie an. Aber ich verstehe deine Sorge«, setzte sie hinzu. »Wenn es dir lieber ist, kannst du zum Kloster zurückkehren oder hier auf mich warten. Ich will um keinen Preis, dass meine Nachforschungen dich in Ungemach stürzen.«
    Zum ersten Mal an diesem Morgen lächelte Inés.
    »Ich will Euch helfen, wo immer ich kann«, sagte sie. »Don Pedro ist stets liebevoll und gut zu mir gewesen, er wird mich nicht verraten… Kusine.«
    Als sie hörte, wie Inés sie Kusine nannte, fühlte María, wie eine Welle des Glücks sie durchlief, sie vergaß ihre Ängste, drückte fest Ines’ Arm und klopfte an die Tür.
    Sie mussten eine ganze Weile warten, bis ihnen eine alte Dienerin öffnete, die sie misstrauisch beäugte. Auf ihre Frage nach Don Pedro antwortete sie auf Baskisch, dass ihr Herr den Nonnen bereits Geld gegeben habe. Inés musste mit Engelsgeduld beteuern, dass dies nicht der Anlass ihres Besuches sei, bis die Alte sie schließlich missmutig einließ und in einen Raum führte, während sie sich auf die Suche nach ihrem Herrn machte.
    Es war ein großer, quadratischer Raum, in dem gerade so viele Möbel standen, dass er nicht kahl wirkte. In der Mitte stand eine große, geschnitzte Truhe und an einer der Wände mehrere Bänke mit hoher Rückenlehne, deren mittlere durch einen Baldachin auffiel. An der gegenüberliegenden Wand befand sich ein großer Kamin mit steinernen Sitzbänken, in dem nun kein Feuer brannte. Die gesamte Einrichtung machte einen bedrückenden

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