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Die Ängstlichen - Roman

Die Ängstlichen - Roman

Titel: Die Ängstlichen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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schnell gegangen: Dr. Ammar hatte ihn sachlich über die weiteren Schritte zur endgültigen Feststellung des Befunds informiert, und keine fünf Stunden später hatte Helmut sich auf dessen Operationstisch wiedergefunden.) Und während sich dessen zentrales Nervensystem auf eine Art Stand-by-Modus herunterfuhr, sämtliche vegetativen Nervenreaktionen gedämpft waren und eine komplette Erschlaffung der willkürlichen Muskulatur sichergestellt war, so dass Dr. Ammar ungehindert zur Tat schreiten konnte, läutete in Bens Apartment das Telefon.
     
    H allo?«, sagte Ben, noch ganz in Gedanken. Den ganzen Morgen hatte er an den letzten Sätzen eines Artikels für die »Hamburger Morgenpost« gefeilt. [email protected] war wieder im Geschäft und hatte sich zurückgemeldet in der Welt der Ergebnisse und Tabellen.
    »Ich bin’s«, sagte die Stimme.
    »Wer spricht denn da?«, erwiderte Ben irritiert und horchte gespannt in die Stille.
    »Ich, Ben! Janek!«
    Ben verstand nicht. »Was? Wer spricht denn da?«
    »Ich bin’s, Ben!«
    »Aber ich denke, du bist …«, stammelte Ben und blickte zu Boden, so als finde sich dort die Erklärung für das, was gerade geschah.
    »Tot!«, brachte die Stimme den Satz ungerührt zu Ende, um sich in einem trockenen Lachen zu ergehen.
    »Ja! Tot!«, echote Ben.
    Es wurde still am anderen Ende. Nur der Atem hauchte gegen die Membran. Dann sprach die Stimme weiter: »Zumindest für die Polizei.«
    »Wo bist du?«, sagte Ben und spürte, wie sein Herz bis zum Hals hinaufschlug.
    »Du musst mir helfen!«, sagte Janeks Stimme. Sogleich fegte ein wahrer Bildersturm über Bens Netzhäute. Bilder von Janek, so als habe sein Gehirn den Befehl erhalten, auf der Stelle jede nur erdenkliche Erinnerung an ihn abzurufen. (»Erinnerungen kann man nicht wegwerfen«, hatte Johanna kürzlich zu ihm gesagt. »Erinnerungen bleiben. Und kommen immer wieder. Ob man will oder nicht.«)
    »Du hast uns vielleicht einen Schrecken eingejagt, also wirklich!«, rief Ben knurrig. »Aber wieso? Wieso hast du das getan, um Himmels willen? Kannst du dir vorstellen, was das für uns bedeutet hat, besonders für Johanna?«
    »Ben! Später!«, erwiderte Janeks Stimme entschieden. (Ja, es war Janek. Und Ben war zu gerührt, um ihm zu widersprechen. Niemand sonst, den er kannte, betonte seine Sätze auf eine solche Weise, kein anderer sprach ein derart kantiges, slawisch gefärbtes Deutsch. Es war die Stimme des Mannes, den er liebte und der von den Toten wiederauferstanden war.)
    »Was ist? Was soll ich tun?«, sagte Ben entschlossen. Unaufhörlich schossen ihm neue Bilder und Gedanken durch den Kopf. »Wo bist du überhaupt?«
    »Die Leute, denen ich Geld schulde, haben herausbekommen, dass mein Selbstmord nur vorgetäuscht war. Du musst mir das Geld besorgen, Ben! Hörst du! Und zwar dalli. Das ist meine absolut letzte Chance! Sonst …«
    »Neunzigtausend Euro? Wie stellst du dir das vor?«, sagte Ben erregt. »Soll ich vielleicht eine Bank ausrauben oder wie? Du weißt doch selbst, wie meine finanzielle Lage ist!« (Gerade unlängst hatte Johanna ihm wieder mit einer größeren Summe aus einer Verlegenheit geholfen. In einem ultimativen Mahnschreiben der Künstlersozialversicherung Oldenburg hatte ihm eine Sachbearbeiterin namens Nicodemus zwecks Eintreibung dreier ausstehender Monatsbeiträge gerichtliche Schritte angedroht, und was das bedeutete, war Ben nicht neu: Vorladungen und Vollstreckungsbeamte, die frühmorgens an seiner Tür pochten und ihm amtlich beglaubigte Schriftstücke entgegenstreckten. Ohne Johannas mehr oder weniger regelmäßige Finanzspritzen hätte man ihn längst zu einem Offenbarungseid gezwungen und damit zu einem Geächteten, einem Vogelfreien gemacht.)
    »Deine Freundin muss mir das Geld beschaffen!«, antwortete die Stimme.
    »Iris?«, stammelte Ben. »Absolut unmöglich!«
    »Sie arbeitet in einer Bank! Sag ihr, sie soll sich was einfallen lassen! Oder willst du, dass sie mich wirklich abmurksen?«
    Abmurksen? Was für ein Wort, dachte Ben, ja, so redete nur Janek.
    Es folgte eine kurze Pause, und Ben vernahm das vertraute, sicher tausendmal gehörte Klicken von Janeks Feuerzeug, gefolgt von tiefem Inhalieren, und schließlich das trockeneZischen, mit dem er den Rauch ausstieß und seitlich an der Sprechmuschel vorbeiblies.
    »Nein, natürlich nicht. Aber Iris? Nein, wirklich, kommt nicht in Frage! Wie soll sie das denn machen … Ich meine … weißt du, was du da von uns verlangst?«
    »Ihr wird

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