Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)
Silberketten hatte Cecil gegen eine nicht minder große Zahl von Lederbändern eingetauscht. Die Armbrust und der Köcher auf seinem Rücken trugen Markennamen. Als die Elfen ihn bejubelten und die Arme nach ihm ausstreckten, um seine Lederhose zu berühren, sah er aus, als wäre er endlich Star einer Reality-Show geworden. Dabei war der wochenlange Verzicht auf Drogerieartikel und aufs Duschen nicht spurlos an seiner Haut vorübergegangen – seine Akne hatte astronomische Ausmaße angenommen.
Cecil war nun offenbar am Ende seiner Rede angelangt, die in einem fulminanten »Und morgen die Hauptstadt!« gipfelte. Als die Elfen jauchzend in die Luft sprangen, hüpfte Ralph so glaubhaft er konnte mit. Dann verabschiedeten sich Cecil und seine Elfenschar, während Fuchsia zu den Elfenwaisen aufbrach. Derweil stand Fingerfertig neben Ralph und wartete darauf, dass er den Beginn der großen Elfenrevolution verkündete.
»Ähm …«, meinte Ralph, »tja … okay dann.«
21. Kapitel
Tatsächlich besaß Fingerfertig ein ganz besonderes Talent, Funken zu schlagen. Was das betraf, hätte sie es beinahe mit sechsjährigen Zündlern an Silvester aufnehmen können. Aber nur beinahe.
Weil die Reise zur Elfenfarm durch tiefste Nacht führte, war Fingerfertigs Talent nützlicher, als man zunächst hätte annehmen können. Ralph umfasste ihre Fußknöchel und trug sie wie eine Fackel vor sich her, während aus den Wurzeln ihres hochtoupierten Haars Funken sprühten. Auf diese Weise war die nähere Umgebung ständig in schwaches, aber ausreichendes Licht getaucht. So verließen sie den Klotzwald, durchquerten das Vierzig-Strom-Land und umrundeten den Dschungel um den Grauguss-Turm.
Elfen sind sehr angenehme, unkomplizierte Reisegefährten. Fingerfertig war eine geübte Kundschafterin, eine freundliche (wenn auch etwas beschränkte) Gesprächspartnerin und brauchte keine Nahrung. Zudem lenkte sie, wie sich herausstellte, verlässlich die Aufmerksamkeit aller im Wald lebenden Raubtiere von Ralph ab. Denn nur Fingerfertig war bei sämtlichen Ungeheuern heiß begehrt, an denen sie in dieser Nacht vorbeikamen.
Schon nach ein paar Schritten etwa verlor Fingerfertig einen Zeh an einen fleischfressenden Farn. Dann wurden ihre Funken mehrmals von den vierzig Strömen gelöscht. Deren Wasser schoss explosionsartig mal in Kugel-, dann in Kegel- und manchmal auch in Ellipsenform aus der Tiefe nach oben. Daraufhin waren Ralph und Fingerfertig von undurchdringlicher Dunkelheit umgeben. Der Grauguss-Turm-Dschungel schließlich wäre eine Gelegenheit zum Verschnaufen gewesen. Aber an den Dachvorsprüngen der Türme hingen Fledermäuse, die sogar nach magischen Maßstäben abnorm groß waren. Fingerfertig verlor eine Halskette und auch eine gehörige Portion Selbstachtung in einer schmatzenden Fledermausschnauze, aus der Ralph sie in letzter Sekunde befreien konnte. Trotz aller Gefahren jedoch bestand Fingerfertig darauf, weiter die Fackel zu spielen.
Bei Tagesanbruch erreichten Ralph und die Elfe die Arkadischen Felder. Das ist bekanntermaßen ein friedliches Fleckchen Erde, wenn man über die massenhafte Versklavung von Elfen hinwegsieht, die dort stattfindet. Ralph schaute auf die Uhr: Es war sechs. Da Cecil nach eigenen Angaben bis zur Hauptstadt mindestens vier Stunden brauchen würde, blieben Ralph und Fingerfertig eine Stunde, um ein paar Tausend Elfen zu befreien.
Als Ralph noch klein gewesen war, war ihm auf einem Parkplatz ein abenteuerlustiger Zwergschnauzer in die Arme gesprungen. Sofort hatte Ralph seine Eltern angebettelt, ihm einen Hund zu kaufen. »Mal sehen«, hatte Mary in dem Ton gesagt, den sie immer dann anschlug, wenn sie schon eine wohlwollende Entscheidung getroffen hatte. Steve hatte in der Bibliothek einen Stapel Bücher über Haustierpflege besorgt, alle Seiten über Probleme der Hundehaltung markiert und Ralph die Bücher aufs Bett gelegt.
Am nächsten Sonntag stiegen sie in ihren Kombi, um zu einem der größten Züchter des Landes zu fahren, irgendwo auf Long Island. Eine Mrs Shirley Wilbefore führte die Schnauzer-Ranch, ein Anwesen, das man über eine gewundene, von gepflegten Ahornbäumen gesäumte Straße erreichte. Als die Stevens geparkt hatten, gingen sie – Ralph auf den Schultern seines Dads – zu dem weißen Lattenzaun, der die Ranch umgab. Auf den grünen, eingezäunten Hügeln tummelten sich Hunderte von Schnauzern. Es gab sie in allen Größen, von kälbergleichen Riesenschnauzern bis zu
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