Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)
Wunsch aussprechen. Jeder, der Cecil wirklich liebt, kann sich wünschen, ihn zu retten – und uns alle gleich mit. Aber ich warne euch: Wenn uns einer von euch hier raus wünscht, kann der Erzähler nicht mehr für unsere Sicherheit garantieren, bei niemandem, und zwar noch weniger als bisher! Versteht ihr? Das ist kein Spiel mehr.«
»Ich wurde in Mist verwandelt!«, protestierte Ralph. »Das Ganze ist noch nie ein Spiel gewesen!«
Daphne unterbrach ihr Heulen, um Chessie zuzunicken. Dann wischte sie sich den Rotz von der Nase und heulte noch lauter weiter, als ein ganzer Mörtelbrocken aus der Decke brach und sie mit Staub und Schutt bedeckte.
»Los! Eine von euch soll den Wunsch sagen!«, verlangte Chessie.
»Ich will zu meiner Mummy und meinem Daddy! Können wir nicht nach Hause gehen?«, heulte Daphne.
»Nein!«
»Das kann nicht dein Ernst sein, Tante Chessie!«, ereiferte sich Cecil. »Ich habe ja schon einige verantwortungslose Erwachsene gesehen, aber du bist wirklich …«
»Halt den Mund! Mit dir sind wir fertig.«
»Du willst uns umbringen, bloß um uns eine Lektion zu erteilen?«
»Das mit dem Umbringen war nicht geplant«, schniefte Chessie.
Cecil verdrehte die Augen.
»Ich teleportiere euch raus aus eurem Verderben! Oder wollt ihr meine Geduld noch weiter auf die Probe stellen?«
»Na los, voran jetzt!«, drängte Ralph.
»Beatrice, sag du einen Wunsch!«, forderte Cecil seine Schwester auf.
»Ich … ich wollte mir eigentlich etwas anderes wünschen. Ich hatte schon einen anderen Wunsch im Sinn.«
»Ich kann’s nicht fassen! Egoistischer geht’s ja wohl nicht!«
»Ich-wünsche-mir-dass-ich-gerettet-werde-und-Cecil-und-Ralph-und-Chessie-und …«, sagte Daphne hastig, aber da schnitt Chessie ihr schon das Wort ab: »So gewähre ich dir nun feierlich und in Übereinstimmung mit der alten Tradition hochherrschaftlichen Wunschgewährens diesen deinen Wunsch in der Hoffnung, dass du deine größten Sehnsüchte stillen und somit zur Selbsterkenntnis gelangen mögest!« Dann scharte sie alle dicht um sich.
»Warte, Moment mal«, mischte Ralph sich ein. »Sie hat Beatrice nicht genannt, spielt das eine Rolle?«
»Genug!«, giftete Chessie. »Dummer Junge! Von dir will ich nichts mehr hören, du Besserwisser!«
»Das klingt aber gar nicht nett …«
»Ich sagte genug!«
Die ganze Decke bebte. »Ach, du meine Güte! Ach, du meine Güte!«, quiekte Daphne, zwischen Ralphs und Cecils Beine geduckt.
»Ruhe!«, befahl Chessie. »Ich muss mich konzentrieren, du kleiner Kobold!«
»Bitte!«, sagte Ralph. »Was ist mit Bea…«
Aber in diesem Moment wurde der Wunsch mit einem hektischen »Tut mir leid, wenn’s nicht funktioniert!« gewährt. Chessie, Cecil, Daphne und Ralph waren verschwunden – gerade noch rechtzeitig. Denn jetzt brach tatsächlich die Decke ein und stürzte mit ihren tonnenschweren Steinen in den Saal hinab.
Und Beatrice? Wenn die Steinmassen sie nicht erschlagen hätten (was sie taten), hätten die zerbrochenen Nippfiguren sie unter Bergen von Porzellanscherben und Edelsteinen begraben. Nein, sie war im Bruchteil einer Sekunde tot. Mausetot.
29. Kapitel
Ja, Beatrice starb wirklich. Einfach so. Von allen verlassen. Zermalmt und erschlagen.
Jetzt heul hier nicht herum!
30. Kapitel
Ralph erwachte in einem Bett. Ein idealer Ort zum Aufwachen. Um ihn herum hatte jemand ein gestärktes, wohlriechendes Baumwolllaken festgesteckt und seinen Kopf auf ein kratziges, besticktes Kissen gebettet. Vom Fußende der Strohmatratze starrte ihn ein aus Stoffresten genähter Bär an. Ralph rieb sich die Augen und blickte sich um.
Wo er auch hinsah, nichts als Zierdeckchen und Staub. An der Wand holzgeschnitzte Gänse, an Bastbändern aufgehängt. In der Nähe brannte eine Kerze, obwohl das Tageslicht so hell war, dass die Vorhänge leuchteten. Ebenfalls an der Wand verkündete eine Stickerei Regeln für ein gemütliches Heim . Aufgrund der Entfernung konnte Ralph sie nicht lesen. Sicher aber hätten sie ihn enorm gelangweilt.
»Hallo?«, rief er.
Alles blieb still. Dann jedoch hörte er irgendwo hinter der geschlossenen Tür Schritte.
Er schlug die Laken zurück. Er wollte wach sein und stehen, wenn sein Gastgeber (oder Kidnapper) den Raum betreten würde.
Jemand hatte seine Jeans und das Wams gegen ein altmodisches Nachthemd getauscht. Es hatte einen blumenbestickten Saum. Trotz Ralphs begrenzten Modeverständnisses wusste er, dass er nicht gerade überzeugend aussah.
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