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Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Titel: Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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einem Datenstocherer wie mir gibt es keine Geheimnisse. Ich habe von der Sache mit Ihren Beinen gehört.«
    Tsu Chung winkte ab. »Unerkannter präaneurystischer Zustand, ein kleinerer Gehirnschlag, und meine Beine … tja, man hat mir einen gehirnchirurgischen Eingriff empfohlen, aber das ist nicht ungefährlich, nicht wahr? Im Moment möchte ich auch nicht das kleinste Risiko eingehen.« Er zuckte die Achseln und musterte Nicodemus mit forschender Belustigung. »Sie sehen gut aus, Nicholas, sozusagen in Würde gealtert. Aber weshalb verlässt mein alter Lehrer seine elektronische Festung, um mich aufzuspüren? Habe ich etwa vergessen, meine Hausaufgaben abzugeben?«
    Nicodemus schüttelte den Kopf. »Nein, Tsu Chung, ganz im Gegenteil. Ich nehme an, Sie wissen von den Erdsphäre-Raumschiffen, die sich der Hegemonie-Armada anschließen wollen.«
    Der Überrat nickte bedrückt. »Allerdings, alter Freund, mein Enkel dient auf einem dieser Schiffe. Ich finde das sehr beunruhigend, zumal der Yamanon-Einsatz noch andauert. Aber die Koalition ist bislang stabil und unterstützt die Präsidentin.«
    »Darien soll bestraft werden, Tsu Chung«, sagte Nicodemus. »Das ist die Absicht der Hegemonie.«
    »Ich weiß.«
    »Wie wäre es, wenn ich – nein, wenn Sie beweisen könnten, dass das Ganze noch viel, viel tragischer ist, als es den Anschein hat? Dass die Überlebenden einer unbekannten Sino-Kolonie auf Darien gelandet sind und an der Seite der Einheimischen kämpfen wollen?«
    »Moment … Sie sprechen von diesem Scherzclip, der heute in Umlauf gekommen ist. Ist das der Grund, weshalb …?«
    »Nein, Tsu Chung, was Sie da gesehen haben, war ein übles Machwerk. Das Original sieht vollkommen anders aus.« Er zog eine kleine silbrige Karte aus einer Innentasche hervor. »Dürfte ich es Ihnen zeigen?«
    Tsu Chung Ho bedeutete ihm lächelnd, er solle fortfahren.
    Nicodemus drückte die Karte an die Innenseite der Glasverkleidung, wo sie sich zu einem hauchdünnen, etwa dreißig Zentimeter breiten Bildschirm entfaltete. Kaphiri Farags Bericht wurde abgespielt. Der Überrat schaute ihn mit undurchdringlicher Miene an. Dann nahm er die Brille ab, säuberte sie mit einem feinen Tuch und tupfte sich die Augenwinkel trocken.
    »Der Bericht wirkt authentisch«, meinte er.
    »Tsu Chung, ich versichere Ihnen …«
    Der Überrat hieß ihn mit erhobener Hand schweigen.
    »Ich habe nicht den geringsten Zweifel.«
    »Ihr Vertrauen ist gerechtfertigt. Die Frage ist die: Wird das reichen, um Ihre Kollegen dazu zu bewegen, das Erdsphäre-Kontingent entweder zurückzurufen oder aus den Kampfhandlungen herauszuhalten?«
    Tsu Chung breitete die Arme aus. »Ich müsste die Authentizität des Berichts beweisen. Ist das möglich?«
    Julia nickte – das war der Knackpunkt.
    »Also«, sagte Nicodemus. »Ich weiß Folgendes: Die Netzpolizeiabteilung des Sicherheitsdirektors hält den Bericht für wahr. Vor ein paar Stunden hat er eine ferngesteuerte Gruppe von Agenten ins Glow entsandt, die Electric Theatre City absperren lassen und 104761 Bürger mit elektronischem Arrest belegt, darunter auch vier Ihrer Sino-Kollegen vom Überrat. Es stimmt, dass ich sie dorthin gelockt habe in der Absicht, ihnen den Farag-Bericht nahezubringen, und es trifft ebenfalls zu, dass einige nebensächliche, untergeordnete Fakten an Kontaktpersonen der Netzpolizei durchgesickert sind. Aber das ist nahezu vernachlässigbar – gehen Sie online, und Sie werden sehen, welche Empörung das Glow erfasst hat. In endlosen Analyse-Zyklen und zahllosen Voxpop-Gruppen wird darüber diskutiert, ob die Freiheit des Glows grundlegend beschädigt worden sei. Wenn Sie eine Pressekonferenz einberufen und über den Farag-Bericht informieren, dürfte das eine … beachtliche Welle öffentlicher Unterstützung auslösen.«
    Der Überrat schaute skeptisch drein. »Einen Moment, Nicholas«, sagte er. Sein Blick wurde unscharf, als er sich mit einem Glow-vernetzten Implantat beschäftigte. Dann zwinkerte er, schaute Nicholas mit großen Augen an und brach in Gelächter aus. Nicholas stimmte ein.
    »Es … sieht besser aus, als Sie es dargestellt haben«, sagte er schließlich. »Einer der Subminister der Netzpolizei ist bereits zurückgetreten! Aber jetzt muss ich aufbrechen …« Er winkte einen seiner Leibwächter heran. »Ich werde mich beim Management des Jungfrauenjochs erkundigen, ob man die Funktionen eines Zimmers so erwei tern kann, dass ich dort Glow-Politik betreiben könnte

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