Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Titel: Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
Vom Netzwerk:
zahllosen Pflanzensorten, die man von Niwjesta hierhergebracht hatte, Refugium uralter Erinnerungen und deren Echos. Chel meinte beinahe, sie rufen zu hören …
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter und versetzte ihm einen Stoß.
    »Geh weiter!«
    Er hatte gar nicht gemerkt, dass er stehen geblieben war. Ängstlich setzte er sich wieder in Bewegung.
    »Ich beobachte dich«, sagte Rory. »Man hat mir gesagt, ich soll dich und meinen Wirt im Auge behalten und auf Anzeichen von Schwäche achten. Vergiss das nicht, ich beobachte dich.«
    Es war Rorys Stimme, doch es war nicht Rory, der da sprach. Erst hatte das Schmerzensregiment des Legionsritters seine Persönlichkeit zerstört, dann hatte man ihm eine Lüge eingepflanzt. Die wahnsinnige Angst vor Bestrafung veranlasste ihn, an die Lüge zu glauben, die besagte, auch er sei ein Ritter der Legion der Avatare, deren Intellekt man auf einen Menschen übertragen habe, damit er eine wichtige Mission erfülle. Die Implantate versorgten ihn mit einem steten Strom von Hintergrundunterhaltungen, so als lauschte er einem Wortwechsel zwischen anderen Legionseinheiten und den Botschaften der Ritter und Jäger, die angeblich alte Freunde und Kampfgefährten waren. Es war eine plumpe Lüge, doch der Glaube daran bewahrte ihn vor Schmerzen.
    Wie sie so dahinstapften, spürte Chel das Gewicht der Strahlenpistole, die in einer Innentasche seines Gewandes steckte. Sie wussten, was sie zu tun hatten. Chel sollte Washutkin töten und Rory einen gewissen Gideon. Das würde das Signal für die Kampfmechas sein, aus dem Hinterhalt zu kommen und von beiden Talseiten her anzugreifen. Er war bereit, den Auftrag auszuführen, denn sonst müsste er unaussprechliche Qualen erleiden.
    Schon häufig hatte er daran gedacht, sich das Leben zu nehmen, doch die Implantate reagierten sensibel auf bestimmte Bewegungen und Stresssignale und sandten entsprechende Schmerzimpulse aus. Außerdem war nicht auszuschließen, dass der Legionsritter persönlich sie beobachtete.
    Als sie die untere Baumgrenze des Tochterwaldes erreichten, hörte Chel hinter sich ein Rascheln. Er wandte den Oberkörper herum und erblickte zwei Menschen in Tarnkleidung, die sich aus dem Unterholz aufrichteten. Vor ihnen tauchte ein dritter auf. Alle zielten mit langläufigen Laserwaffen auf sie.
    »Identifiziert euch«, sagte der vor ihnen stehende Mann, ein nervöser Halbwüchsiger.
    »Einen Moment«, sagte einer der anderen beiden, näherte sich Rory und schob dessen Kapuze zurück. »Ja, hab ich mir gedacht – Sie sind Rory McGrain, hab ich recht? Ich hab Sie am Hauerberg gesehn, bevor Sie verschwunden sind.« Er musterte Chel. »Und Sie müssen Chel, der Uvovo-Seher sein – das Kopfband, mit dem Sie die Augen bedecken, ist mir schon mal aufgefallen.«
    »Ja«, bestätigte Chel, »der bin ich.«
    »Aye«, sagte Rory. »Wir wurden geschnappt … von den Brolts, aber wir konnten entkommen.«
    »Sie sollten mit mir kommen«, sagte der ältere Scout. »Ich bringe Sie zu Mr. W. und dem Captain. Paul, Gennady, ihr verteilt euch und geht etwas tiefer ins Tal runter.«
    Das Himmelsblau über den Felsgraten und Gipfel im Westen verblasste allmählich, und im Tal sammelte sich bereits der Abenddunst, als sie eine steile, nach Süden weisende Schlucht erreichten. Hier am Anfang des Tals war der Tochterwald hoch und dicht, und nur zwanzig Schritte vom Weg entfernt herrschten Nebel und Schatten, stellenweise fiel aber auch milder Lichtschein durchs Gezweig. Chel spürte die Nähe des Waldes und hörte das Echo von Segranas Lied, das sich in seine Sinne einschmeichelte. Die Angst verlieh ihm die Kraft, es zu verdrängen.
    Die Dunkelheit in der Schlucht wurde gemildert von einigen Inekakäfern, die auf tief hängenden Ästen umherkrochen, und gelegentlichen Ansammlungen von Ulbywurzeln, die sich in tropfende Spalten im Hang verkeilt hatten. Von oben näherten sich mehrere hoch gewachsene Menschen. Zwei leuchteten auf sie herunter, andere trugen merkwürdige Brillen mit kleinen Lichtflecken an der Seite. Man geleitete sie zu einer Gruppe von mit langen Mänteln bekleideten Menschen. Im Licht der stabförmigen Fackeln machte Chel das bärtige Gesicht Washutkins aus, den Russenpolitiker, den er töten sollte. Er betastete die harte Strahlenpistole in der Innentasche seines Gewands.
    »Rory!«, sagte Washutkin überrascht. »Schön, Sie wiederzusehen, mein Freund. Es war hier ganz schön einsam ohne Sie und den Seher Cheluvahar.«
    Ein anderer

Weitere Kostenlose Bücher