Die Ahnen von Avalon
seufzte. »Und Ardral. Doch es gibt einen Vorteil auf unserer Seite. Schon lange haben wir uns gefragt, welchen Nutzen der Omphalos-Stein in diesem neuen Land haben könnte. Wenn sie danach trachten, uns mit geistigen Mitteln anzugreifen, können wir den Stein ins Spiel bringen. Dann werden sie selbst ebenso viel Schaden erleiden wie wir. Doch wenn es zu einer echten Magierschlacht kommt…« Er schüttelte den Kopf. »Dann werden wir alle Verlierer sein. Nein, wir müssen vielmehr versuchen, sie auf unsere Seite zu ziehen. Irgendwie…«
»Wir müssen uns mit ihnen treffen«, sagte Tiriki in unnatürlich gleichmütigem Ton. »Das heißt, mit einigen von ihnen. Nicht dort, sondern hier… oder an einem neutralen Ort.« Sie blickte auf, und schließlich brach ihre Stimme doch, sodass sie nur mühsam weiter sprechen konnte. »Ich will nicht glauben, dass Micail mich betrügt. Aber ich darf nicht das Schicksal von euch allen aufs Spiel setzen.«
»Und wir dürfen Euer Schicksal nicht aufs Spiel setzen«, entgegnete Liala.
»Aber für Chedan ist die Reise zu anstrengend.« Tiriki hielt die Hand hoch, als er Einwände erheben wollte. »Wir müssen ja nicht beide gehen. Falls Micails… Bündnistreue infrage steht… Nun, ihr müsst doch zugeben, dass er am wahrscheinlichsten auf mich hören wird.«
Chedan seufzte erneut. Zweifellos erhielt er jetzt die Quittung dafür, dass er sie zuvor an der Reise gehindert hatte. Er hatte damals richtig gehandelt, und er vermutete, dass sie das wusste; aber ihm war auch klar, dass er sie jetzt nicht würde zurückhalten können.
»Es gibt auf halber Strecke zwischen hier und Azan die Überreste einer alten Bergfestung«, ergriff Reidel unerwartet das Wort, »wo wir unterwegs eine Rast eingelegt haben. Wir könnten es so einrichten, dass wir uns dort mit ihnen treffen. Ich bin bereit, noch einmal zu ihnen zu gehen und ihnen diesen Vorschlag zu unterbreiten.«
Du bist bereit, zu Damisa zu gehen, dachte Chedan, doch er schwieg. Reidels Eifer kam ihm schließlich nur zugute.
»Also gut. Wir wählen zwei unserer besten Seeleute als Begleitung aus, mehr jedoch nicht. Das Ganze soll doch ein Gespräch werden, kein Kampf«, erinnerte Tiriki ihn. »Vielleicht wird Tjalan während meiner Abwesenheit einen Gewaltstreich unternehmen - wir müssen also möglichst viele Männer hier behalten.« Sie ließ den Blick über die Gesichter der Anwesenden schweifen. »Elis, Rendano, seid ihr willens, mich zu begleiten?«
Chedan erwartete nicht, dass einer von beiden ablehnen würde, und sie taten es auch nicht, obwohl schwer zu beurteilen war, welcher von den beiden unglücklicher dabei aussah. Selbst jetzt stimmte ihn der Gedanke, sich dem Willen eines so berühmten Meisters der Mysterien wie Ardral zu widersetzen, äußerst nachdenklich. Chedan ertappte sich dabei, dass er sich wieder einmal fragte, welche Stellung sein Onkel in Tjalans neuer Gemeinschaft wohl einnehmen mochte… Reidel hatte nur eine sehr flüchtige Begegnung mit Ardral gehabt, und sie hatten nicht miteinander gesprochen, doch Anets Beschreibung des alten Meisters der Mysterien ging ihm immer noch im Kopf herum. Inzwischen wusste der gewitzte Alte wahrscheinlich schon besser über die Vorgänge Bescheid als Tjalan oder Micail.
Ich kenne sie alle so gut, dachte der Magier, dass ich mitgehen sollte. Aber Tiriki hat Recht, musste er sich eingestehen, als ein scharfer Schmerz im Knie ihn an seine eigene Gebrechlichkeit erinnerte. Ich bin derzeit wirklich nicht in der Verfassung, eine solche Reise zu unternehmen.
»Tiriki«, sagte Chedan vertraulich, als sie den Versammlungsraum verließen. »Ich hoffe, es ist überflüssig, dass ich Euch ermahne, vorsichtig zu sein. Aber vergiss nicht, das Rätsel des Schicksals besteht darin, dass wir ständig unsere eigene Rachegöttin wählen. Und für gewöhnlich ist es nicht die, von der wir annehmen, dass wir sie zu diesem Zeitpunkt gewählt haben.«
18. Kapitel
Tiriki war in Blau gekleidet. In den Träumen, die Micail im Schlaf heimsuchten, seit ihr Bote eingetroffen war, hatte er sich vorgestellt, dass sie, wenn schon nicht die unverfälschte Robe einer Hüterin des Lichtes, so zumindest die schlichte weiße Gewandung des Tempels trüge. Doch selbst über die Entfernung konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie es war, die sich da näherte. Niemand sonst weit und breit hatte so wundervoll goldfarbenes Haar.
Aber sie war nicht allein. Vier andere Personen kamen mit ihr zusammen den
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