Die Ajima-Verschwörung
Dunstwolke bildete sich und verbreitete sich zu einem Pilz, dessen Inneres infolge des Feuerballs kurz darauf aufbrach.
Die Meeresoberfläche senkte sich in einem Radius von dreihundert Metern wie eine riesige flache Schüssel. Dann schoß eine ungeheure Wassersäule zum Himmel empor, aus deren Wänden Tausende horizontaler Geysire schossen, jeder so groß wie die
Narvik
.
Die Schockwelle brandete vom Feuerball aus wie ein sich vergrößernder Ring nach außen; ihre Geschwindigkeit erreichte fast fünf Kilometer in der Sekunde. Sie traf auf die
Narvik
und verwandelte das Schiff in einen formlosen Klumpen.
Korvold, der im Freien auf einem Flügel der Brücke stand, sah die Vernichtung nicht mehr. Seinen Augen und seinem Verstand blieben keine Zeit, das Geschehene zu begreifen. Innerhalb einer Mikrosekunde verkohlte er in der Hitzewelle des Feuerballs.
Sein Schiff hob sich aus dem Wasser und wurde, wie von einem gigantischen Schmiedehammer getroffen, wieder zurückgeschleudert. Ein Regen geschmolzener Stahlteile und Staub von der
Divine Star
ergossen sich über die zerstörten Decks der
Narvik.
Aus dem zerrissene n Rumpf schlugen Flammen und hüllten das zerstörte Schiff ein.
Dann folgten tief im Innern Explosionen. Die Container auf dem Frachtdeck wurden davongewirbelt wie Blätter von einem Wirbelsturm.
Es blieb keine Zeit für heisere, schmerzerfüllte Schreie. Jeder Mensch, der sich auf Deck befand, flammte auf wie ein Streichholz und verbrannte spurlos. Das gesamte Schiff wurde für insgesamt zweihundertfünfzig Menschen, Mannschaft und Passagiere, zum Krematorium.
Die
Narvik
bekam Schlagseite und sank schnell. Fünf Minuten nach der Explosion kenterte sie, bald war nur noch ein kleiner Teil ihres Bodens zu sehen, dann glitt sie unter das aufgewühlte Wasser und verschwand in der Tiefe.
Fast ebenso schnell, wie sich die
Divine Star
in Luft auflöste, war das Ganze vorüber. Die große, pilzförmige Wolke, die sich über dem Feuerball gebildet hatte, zerfaserte und war bald von der Bewölkung nicht mehr zu unterscheiden. Das schimmernde, aufgewühlte Meer glättete sich, und die Wasseroberfläche lag, von der hohen Dünung abgesehen, wieder ruhig da.
Zwölf Kilometer entfernt lag die
Invincible
noch auf dem Wasser. Die unglaubliche Kraft der Schockwelle hatte kaum nachgelassen, als sie mit voller Wucht das Forschungsschiff traf.
Seine Aufbauten wurden eingedrückt und fortgerissen, so daß die Schotts im Innern des Schiffes zum Vorschein kamen. Der Schornstein wurde aus seiner Verankerung gerissen und wirbelte ins brodelnde Wasser. Die Brücke verschwand in einem wilden Wirbel von Stahl und zerfetzten Menschenleibern.
Jimmy Knox wurde ge gen ein Stahlschott geschleudert, taumelte zurück und rang verzweifelt nach Luft. Er fand sich auf dem Rücken liegend wieder, Arme und Beine von sich gestreckt, und starrte zu einem klaffenden Loch empor, das wie von Geisterhand in die Decke geschnitten worden war.
Er lag da, wartete darauf, daß der Schock nachließ, versuchte krampfhaft, sich zurechtzufinden und wie durch einen Nebel hindurch sich klarzuwerden, was passiert war. Langsam blickte er sich in der Kajüte um, sah die eingedrückten Schotts, die zerstörte Elektronikausrüstung, die wie ein Roboter aussah, dem man die Eingeweide herausgerissen hatte; der Rauch des Feuers drang ihm in die Nase, und er wurde von der Panik eines Kindes ergriffen, das in der Menge seine Eltern verloren hat.
Durch das Loch über sich konnte er direkt in den Brückenaufbau und den Kartenraum sehen. Beide hatten sich in ein Durcheinander von verbogenen Streben und Trägern verwandelt. Die qualmenden Überreste des Ruderhauses waren zum Grab für verbrannte und zerschmetterte Leiber geworden, deren Blut in die Kajüten darunter tropfte.
Knox rollte sich auf die Seite und stöhnte vor Schmerz. Er griff hoch, rückte seine Brille zurecht, überrascht, daß sie nach dieser unglaublichen Zerstörung immer noch auf seiner Nase saß.
Langsam teilte sich der dunkle Vorhang des Schocks, und sein erster Gang galt der
Old Gert.
Wie in einem Alptraum sah er das Unterseeboot vor sich: beschädigt, ohne Kontakt zur Oberfläche in der schwarzen Tiefe.
Wie in Trance kroch er auf allen vieren über das Deck, unterdrückte seine Schmerzen, bis er nach oben greifen und sich den Hörer des Unterwassertelefons angeln konnte.
»Gert?«
brach es voller Angst aus ihm heraus. »Hört ihr mich?«
Er wartete einige Sekunden. Keine Antwort. Knox
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