Die Ajima-Verschwörung
glitzernde Wasseroberfläche schien kilometerweit entfernt zu sein. Er hätte liebend gern ein Jahresgehalt für ein paar Schwimmflossen gegeben. Außerdem wäre er auch gerne fünfzehn Jahre jünger gewesen. Mehr als einmal war er damals, mit Anfang Zwanzig, am Strand von Newport Beach, Kalifornien, nur mit einem Schnorchel bis auf achtzig Fuß Tiefe getaucht. Er war immer noch gut in Form, doch die Zeit und sein hartes Leben hatten ihren Tribut gefordert.
Mit weitausholenden, gleichmäßigen Zügen schwamm er auf die Meeresoberfläche zu, durch die Lichtstrahlen nach unten drangen. Er nahm über sich die Schatten zweier Schiffe war.
Ohne Tauchermaske konnte er die Konturen ihrer Rümpfe nur verschwommen ausmachen. Bei dem einen schien es sich um ein größeres Boot zu handeln, während der andere Rumpf ihm gigantisch vorkam.
Er änderte seinen Kurs, so daß er zwischen ihnen auftauchen würde. Unter ihm folgten Giordino und Sandecker im Tauchboot und feuerten die beiden Schwimmer an wie bei einer Kanalüberquerung.
Er erreichte Plunkett, der offensichtlich Schwierigkeiten hatte.
Der Ältere sah aus, als wäre jede Kraft aus seinen Muskeln gewichen. Pitt war klar, daß Plunkett sich am Rande einer Ohnmacht befand. Er packte ihn am Kragen und zog den Briten hinter sich her.
Pitt stieß die verbliebene Luft aus seinen Lungen aus, hatte das Gefühl, die Oberfläche nie mehr zu erreichen, in seinen Ohren rauschte das Blut. Dann plötzlich, als er gerade seine letzten Kräfte zu einer letzten Anstrengung aktivierte, erschlaffte Plunkett. Der Brite versuchte einen letzten, tapferen Zug, bevor er ohnmächtig wurde, doch er war kein guter Schwimmer.
Dunkelheit trübte Pitts Blick, und hinter seinen Augen sprühte ein Feuerwerk. Sauerstoffmangel peinigte sein Gehirn, doch der Wunsch, die Wasseroberfläche zu erreichen, war überwältigend.
Meerwasser brannte in seinen Augen und drang in seine Nase.
Nur noch Sekunden trennten ihn vom Ertrinken, doch, verdammt noch mal, er würde nicht aufgeben.
Er legte den Rest seiner schwindenden Kraft in einen letzten Zug, um das Ziel zu erreichen. Plunketts schlaffe Gestalt hinter sich herziehend, paddelte er wie ein Besessener mit Händen und Füßen. Er konnte bereits die Spiegelung in der Dünung erkennen. Das Bild stand quälend nah vor seinen Augen und schien sich dennoch von ihm zu entfernen.
Er hörte ein lautes Platschen, als ob etwas ins Wasser fiele.
Dann tauchten plötzlich vier schwarze Gestalten zu seinen beiden Seiten im Wasser auf. Zwei griffen sich Plunkett und zogen ihn fort. Einer der beiden anderen schob ihm ein Sauerstoff-Mundstück in den Mund.
Mit einem tiefen Atemzug sog er die Luft ein, immer wieder, bis der Taucher ihm schließlich sanft das Mundstück entzog, um selbst ein paar Atemzüge zu tun. Sicher, es war abgestandene Luft, die normale Mischung aus Stickstoff, Sauerstoff und einem Dutzend weiterer Gase, doch Pitt schmeckte sie wie die kühle trockene Brise, die nach einem Regenguß durch die Pinienwälder der Felsengebirge Colorados wehte.
Pitts Kopf kam aus dem Wasser, und fassungslos blickte er zur Sonne auf, als hätte er sie niemals zuvor gesehen. Nie waren ihm der Himmel blauer und die Wolken weißer erschienen. Das Meer war ruhig, der Wellengang erreichte kaum einen halben Meter.
Seine Retter versuchten ihm zu helfen, doch er schüttelte sie ab. Er rollte sich auf den Rücken, trieb dahin und blickte zum riesigen Turm eines Atom-U-Boots auf, der über ihm aufragte.
Dann entdeckte er die Dschunke. Woher, um alles in der Welt, kam denn die? überlegte er. Das U-Boot war die Erklärung für die Marinetaucher, doch eine chinesische Dschunke?
Eine Menge Leute standen an der Reling der Dschunke. In den meisten erkannte er die Mitglieder seiner vermißten Mannschaft, die ihm wild zuwinkten. Er sah Stacy Fox und winkte zurück.
Seine Gedanken wandten sich jetzt schnell Plunkett zu, doch er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Der große Brite lag bereits auf dem Vorderdeck des U-Boots, von amerikanischen Matrosen umringt. Ihre Wiederbelebungsversuche hatten bald Erfolg; er fing an zu keuchen und erbrach sich dann über die Seite.
Kaum eine Armlänge von Pitt entfernt kam das Tauchboot der NUMA an die Wasseroberfläche.
Giordino stemmte sich durch die Turmluke und sah aus wie einer, der in der Lotterie gerade den Hauptgewinn gezogen hatte. Er war Pitt so nahe, daß sie sich ganz normal unterhalten konnten.
»Siehst du jetzt, was
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