Die Ajima-Verschwörung
In seiner Jugend war er schmächtig gewesen, doch mit fünfzehn Jahren hatte er mit dem Gewichtheben angefangen und nicht geruht, bis er seinen Körper in den eines Athleten verwandelt hatte. Dabei hatte seine größte Befriedigung nicht in der Zunahme seiner Kraft gelegen, sondern darin, daß er sein Fleisch und seine Sehne n nach seiner eigenen Vorstellung hatte formen können.
Moro Kamatori, der ihm gleichzeitig als Chauffeur und Leibwächter diente und jetzt hinter ihm das schwere Bronzetor schloß, war sein ältester Freund und Helfer. Toshie Kudo, seine Sekretärin, saß geduldig auf einer der beiden Sitzbänke im Fond einer speziell für Suma gebauten Murmoto-Limousine, die von einem Zwölfzylindermotor mit 600 PS angetrieben wurde.
Toshie war wesentlich größer als die meisten ihrer Landsmänninnen. Mit ihren langen Beinen, dem pechschwarzen Haar, das ihr bis zur Hüfte reichte, der makellosen Haut und wunderschönen, haselnußbraunen Augen sah sie aus, als sei sie einem James-Bond-Film entstiegen. Doch im Gegensatz zu den exotischen Schönheiten, mit denen sich der lebensfrohe Meisterspion umgab, verfügte Toshie über einen ausgeprägten Intellekt. Ihr IQ lag knapp unter 165, ihr Gehirn arbeitete auf Hochtouren.
Sie blickte nicht auf, als Suma den Wagen bestieg. Ihre Gedanken richteten sich auf einen kompakten Computer, der auf ihrem Schoß stand.
Kamatori telefonierte. Seine Intelligenz lag vielleicht nicht auf gleicher Stufe wie die Toshies, doch er war peinlich genau und außerordentlich gerissen, wenn es um die Durchführung von Sumas Geheimprojekten ging. Sein besonderes Talent lag in der unauffälligen Finanzierung aus dem Hintergrund, sowie darin, die richtigen Fäden zu ziehen und Suma zu vertreten, der es vorzog, sich nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu bewegen.
Kamatori hatte ein massives, willensstarkes Gesicht, flankiert von übergroßen Ohren. Unter den schweren, schwarzen Brauen blickten dunkle, leblose Augen durch eine Brille mit dicken Gläsern. Nie umspielte ein Lächeln seine schmalen Lippen. Er war ein Mann ohne Emotionen oder Überzeugungen.
Suma war er fanatisch ergeben, und seine größte Begabung lag darin, andere Menschen zur Strecke zu bringen. Wenn jemand, wie reich oder in welch hoher Stellung auch immer, im Regierungsapparat für Sumas Pläne ein Hindernis darstellte, räumte Kamatori ihn für gewöhnlich auf eine so geschickte Art und Weise aus dem Weg, daß es entweder wie ein Unfall aussah oder die Schuld der Gegenseite in die Schuhe geschoben werden konnte.
Kamatori führte über seine Morde Tagebuch mit peinlich genauen Notizen. Im Laufe der vergangenen fünfundzwanzig Jahre war die Summe seiner Opfer auf 237 angestiegen.
Er brach sein Gespräch ab, klemmte den Hörer in die Halterung an der Armlehne und sah Suma an.
»Admiral Itakura von unserer Botschaft in Washington. Seine Quellen haben bestätigt, daß das Weiße Haus darüber informiert ist, daß es eine Atomexplosion war, die sich auf der
Divine Star
ereignet hat.«
Suma antwortete mit stoischem Schulterzucken. »Hat der Präsident bei Premierminister Junshiro formellen Protest eingelegt?«
»Die amerikanische Regierung hat sich eigenartigerweise zurückgehalten«, antwortete Kamatori.
»Allerdings regen sich die Norweger und Briten wegen der Verluste ihrer Schiffe auf.«
»Aber nichts von den Amerikanern?«
»Nur vage Berichte in ihren Nachrichten.«
Suma lehnte sich vor und tippte mit seinem Zeigefinger auf Toshies nylonbestrumpfes Knie. »Ein Foto von der Explosionsstelle, bitte.«
Toshie nickte respektvoll und gab den erforderlichen Code in den Computer ein. In weniger als dreißig Sekunden rollte ein Farbfoto aus der Faxmaschine, die in die Trennwand zwischen Fond und Fahrer eingebaut war. Sie reichte Suma das Foto. Er schaltete die Innenbeleuchtung ein und ließ sich von Kamatori ein Vergrößerungsglas reichen.
»Dieses Infrarotfoto wurde vor anderthalb Stunden bei einem Überflug unseres Akagi-Spionagesatelliten aufgenommen«, erklärte Toshie.
Wortlos blickte Suma durch das Vergrößerungsglas. Dann blickte er fragend auf. »Ein amerikanisches Atom-Jagd-U-Boot und eine chinesische Dschunke? Die Amerikaner reagieren nicht wie erwartet. Seltsam, daß sie nicht die halbe Pazifikflotte in Marsch gesetzt haben.«
»Verschiedene Marineeinheiten laufen auf das Explosionsgebiet zu«, erklärte Kamatori, »dazu ein Meeresforschungsschiff der NUMA.«
»Was ist mit der
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