Die Akte Daniel (German Edition)
den Kopf. »Lasst mich einfach nur in Ruhe. Mehr will ich gar nicht. Ich weiß nicht, was ihr an mir gefressen habt. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Wenn wir uns einfach nur ignorieren können, genügt mir das.«
»In Ordnung, wenn du das so willst. Wir wollten es dir nur sagen.« Die anderen gaben Daniel den Weg frei, vor allen Dingen angesichts seiner Freunde, die sich hinter ihm gesammelt hatten und sie nun finster anstarrten. Sie hatten nicht gewusst, dass Daniel drangsaliert worden war und waren entsprechend verärgert. Unmissverständlich nahmen sie ihn in ihre Mitte und lotsten ihn hinaus. »Warum hast du nichts gesagt?«, fuhren sie ihn aber auch gleich an, als sie außer Hörweite waren. »Wir hätten dir geholfen.«
»Das wollte ich alleine klären, aber irgendwie ...« Daniel schüttelte den Kopf. »Ist ja jetzt egal.«
»Nein, ist es nicht«, widersprach Kate aufgeregt. »Du hast Freunde und wir wussten nicht, dass du von denen gemobbt wurdest. Das ist unfair. Die waren in der Überzahl und du warst allein. Du hättest etwas sagen sollen!«
»Und was hättet ihr machen können? Lasst es gut sein.«
»Gut, aber wenn das noch mal passiert, dann sag Bescheid«, wurde er ernst ermahnt.
Daniel war froh, der Standpauke eine halbe Stunde später entronnen zu sein, als er Sunday fand. Ihm war die Strafrede sehr unangenehm gewesen. Eigentlich hätte eine solche mehr seinen Peinigern zugestanden, aber letztlich hatte er es sich wohl selbst zu zuschreiben, dass er sich seinen Freunden nicht anvertraut hatte.
»Hey, geht’s dir gut?« Sunday hatte auf einem Mäuerchen gesessen und lief Daniel entgegen. Heute trug er trotz des kühlen Wetters Shorts und Kniestrümpfe. Sunday schien nie wirklich zu frieren, sodass dieser Anblick nicht ungewöhnlich für Daniel war. Er begrüßte ihn mit einem Kuss und dachte nicht einmal darüber nach. Es war einfach selbstverständlich.
»Klar, geht’s mir gut und dir? Unterricht gut überstanden?«, fragte Daniel im Gegenzug.
Sunday grinste breit, wurde dann aber schlagartig ein Stückchen betrübt, was jedoch durch das amüsierte Funkeln wieder aufgehoben wurde. »Och, das Übliche eben. Ich werde Mathe nie begreifen, und wenn ich so alt werde wie Diadree.« Er seufzte theatralisch und herzzerreißend. »Wie Mrs. Terranto draufkommt, ich könnte Lehrer werden bei meinen Leistungen ... auweia.« Er hakte sich bei Daniel unter. »Sie muss anscheinend nichts davon mitbekommen haben – offenbar sind selbst Telepathen nicht immer ganz auf Zack.”
»Na ja«, meinte Daniel, »Du musst ja kein Mathelehrer werden. Aber in anderen Sachen, warum nicht? Du bist nicht dumm!«
»Trotzdem ist die Idee eindeutig bizarr, ich weiß auch nicht ...« Sunday sah Daniel fragend an; seine Miene änderte sich merklich und Daniel wusste, dass ihm eine zweite Standpauke bevorstand. »Und was war jetzt wegen der anderen Telepathen? Haben die einen Tritt in den Hintern bekommen?«
»Nein, haben sie nicht.«
»Was? Wieso nicht?«, fragte Sunday eindeutig erbost und tief in seinem Gerechtigkeitssinn getroffen.
»Ich wollte es nicht«, antwortete Daniel. »Und sag mir jetzt nicht, dass es falsch war. Ich brauche nicht noch mehr Feinde. Ich will das hier kapieren mit der Telepathie und dabei werde ich wohl oder übel irgendwann ihre Hilfe brauchen.«
»Trotzdem! Gerade deshalb kannst du dir nicht alles gefallen lassen. Sieh bloß zu, dass du Sonderübungen machst, damit das nicht wieder vorkommt. Ich mache mir echt Sorgen.« Sunday drückte Daniels Hand.
Daniel plagte das schlechte Gewissen. »Hatte ich sowieso vor. Du erinnerst dich? Ich will Tracker werden. Ich darf nicht angreifbar sein und wenn doch, dann muss ich die Typen abwehren können.«
»Eben. Aber von Leuten aus den eigenen Reihen erwartet man das nicht. Irgendwem muss man ja vertrauen können.«
Daniel nickte. »Klar, ich glaube auch, dass sie das gefressen haben.« Er beugte sich zu Sunday. »Was glaubst du, wie viel Widerstand bestehen kann, wenn Mrs. Terranto droht?«
Sunday lachte. »Wenig!«, musste er zugeben, »Die Frau ist echt eine Giftschlange, wenn sie mal wütend wird. Da bin ich zumindest beruhigt. Gehen wir essen?«
»Klar, darum bin ich hier.«
»Gut! Es gibt mal wieder Apfeltorte.«
Daniel schüttelte den Kopf. »Du süßer Lügner, als ob das nicht dein Lieblingsdessert wäre. Am besten ich vernasche dich mit Äpfeln!«
»Wer ist denn jetzt die Naschkatze? Vergiss den Honig nicht!« Sunday tippte
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