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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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entgegen.
    Obwohl es noch früh am Morgen war, begann die Luft über den Mauerresten, die die Ausgrabungen zu Tage gefördert hatten, bereits zu flirren. Eine Bewässerungsanlage erzeugte künstlichen Regen. Es roch nach feuchtem Staub. Gropius blickte ungeduldig in östliche Richtung, wo der Palästinenser hinter einem Erdwall verschwunden war.
    Als der Mann nach endlosem Warten in praller Sonne wieder auftauchte, rief er schon von weitem, Miss Yadin arbeite schon seit längerem nicht mehr hier, und Mister Contenau wolle nicht gestört werden. Aus dem Augenwinkel bemerkte Gropius, dass er von der Holzhütte durch ein Fernglas beobachtet wurde.
    Gropius tat, als bemerke er es nicht. Mit dem Bescheid des Palästinensers wollte er sich jedoch nicht zufrieden geben, und er trug dem Alten auf, Contenau auszurichten, Professor Gropius aus München wünsche ihn zu sprechen. Der Palästinenser entfernte sich abermals, diesmal allerdings in eine andere Richtung.
    Nach wenigen Minuten kam ihm von dort, wo der Wächter verschwunden war, ein Mann entgegen, dessen Äußeres, ein khakifarbener Leinenanzug und auf dem Kopf ein Tropenhelm, unschwer auf Contenau schließen ließ. »Willkommen am Tell Be'er Sheva!«, sagte er auf Französisch, und Gropius antwortete in seiner Sprache: »Danke, Monsieur, es bedurfte großer Überredungskunst, bis Ihr Wachhund bereit war, mich zu melden!«
    Contenau lachte. »Ja, Yussuf übertreibt manchmal ein bisschen. Aber verzeihen Sie, wenn ich das frage: Sind wir Kollegen?«
    »Nein«, erwiderte Gropius, »ich bin Arzt, aber ich komme wegen einem Ihrer Kollegen!«
    »Schlesinger?«
    Plötzlich stand der Name wie ein Menetekel in der hitzeflirrenden Landschaft. Gropius hatte den Eindruck, dass Contenau es bedauerte, Schlesingers Namen so spontan erwähnt zu haben.
    »Ja, Schlesinger«, antwortete er. »Sie kannten ihn?«
    Contenau wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn und schloss für einen Augenblick die Augen. »Was heißt kennen«, meinte er schließlich, »wir hatten beide dasselbe Fachgebiet, Bibelarchäologie. Wir waren eher Konkurrenten als Freunde. Aber das schloss nicht aus, dass wir, wenn wir uns trafen, auch mal gemeinsam einen hoben. Sie verstehen.«
    »Aber natürlich!«, beteuerte Gropius und zwinkerte mit dem rechten Auge. Inzwischen hatte sich Yussuf den beiden genähert und im Schatten von Gropius' Chrysler auf der Erde Platz genommen. Teilnahmslos blickte er in die Ferne, sein Gewehr aufrecht zwischen den angewinkelten Beinen haltend. Mit ernster Stimme fuhr Gropius fort: »Man sagt, Schlesingers Autounfall sei gar kein Unfall gewesen.«
    Contenau trat einen Schritt näher und fragte: »Sondern?«
    »Ein Anschlag, ein Attentat, jedenfalls eine gezielte Aktion!«
    »Wer sagt das?«
    »Unter anderem auch Sie, Monsieur. Jedenfalls behauptet das Dr. Rauthmann vom Archäologischen Institut der Berliner Humboldt-Universität.«
    » Laveuse nennt man einen wie Rauthmann – in Ihrer Sprache, glaube ich, Waschweib.«
    Gropius musterte Contenau mit zusammengekniffenen Augen, zum einen wegen dem grellen Sonnenlicht, andererseits wollte er seinem Gesprächspartner deutlich machen, dass er dessen Worten nicht unbedingt traute. Dann hakte er nach: »Sie wissen also nichts von einem Attentat auf Schlesinger?«
    Unwillig schüttelte Contenau den Kopf. »Sind Sie deshalb gekommen, Monsieur Gropius, um etwas über Schlesinger zu erfahren? Schlesinger ist tot. Lassen Sie ihn in Ruhe.«
    »Woher wissen Sie eigentlich, dass Schlesinger tot ist?« Gropius sah den Franzosen erwartungsvoll an.
    Der wischte sich zum wiederholten Mal über die Stirn. Diesmal jedoch nicht wegen der Hitze, eher aus Verlegenheit. Ziemlich ungehalten antwortete er: »Von Sheba Yadin, nehme ich an. Die beiden kannten sich seit längerem.«
    »Ihre Mutter sagte mir, ich würde Sheba hier antreffen. Sie meinte, Sheba würde für Sie arbeiten.«
    »Für mich?« Contenau tat entrüstet. »Hören Sie, Monsieur, Ihre Fragerei geht mir allmählich auf die Nerven. Ich fühle mich hier wie bei einem Verhör. Was soll das eigentlich? Ich hatte weder mit Schlesinger noch mit Sheba Yadin etwas zu schaffen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen!« Auf Arabisch warf er dem Palästinenser ein paar Worte zu, worauf dieser aufstand und in Richtung des Grabungshauses lief.
    »Sie sollten es wirklich damit bewenden lassen«, meinte Contenau und drehte sich noch einmal kurz um. »Glauben Sie mir, Sie tun sich keinen

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