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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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eine halbe Stunde zu früh.
    Während er zwischen lärmenden Menschen, Händlern, Bauern, Arbeitern aus den Palästinensergebieten und Großfamilien, die mit ihrem gesamten Hausstand unterwegs waren, nach Yussuf Ausschau hielt, wurde ihm bewusst, auf welch leichtsinniges Unternehmen er sich eingelassen hatte. Mit den Armen presste er das Geld, das er in zwei Umschlägen in den Innentaschen seines Jacketts versteckt hatte, fest an sich. Er kannte nicht einmal Yussufs vollen Namen, und vielleicht hätte er sich die undurchsichtige Sache noch anders überlegt, hätte nicht im nächsten Augenblick ein klappriges Auto neben ihm angehalten. Auf dem Rücksitz saß Yussuf, er öffnete die Wagentür und forderte Gropius auf einzusteigen.
    Yussuf kam gleich zur Sache, indem er ohne Umstände fragte: »Haben Sie das Geld, Mr. Gropius?« Dabei streckte er Gregor die offene Hand entgegen. Zögernd übergab Gropius dem Palästinenser, der in seiner herausgeputzten Kleidung kaum wiederzuerkennen war, einen der beiden Umschläge, und Yussuf machte ein Zeichen, worauf der Fahrer losfuhr.
    Die Fahrt ging die Yafo-Straße entlang über die King George V nach Süden; dann verlor Gropius jegliche Orientierung.
    »Wohin fahren wir?«, erkundigte er sich zögernd, während der Fahrer, ebenfalls ein Palästinenser, mutige Ausweichmanöver vollführte.
    »Warten Sie's ab!«, erwiderte Yussuf, und dabei rollte er mit den Augen.
    Vor ihnen kam die alte Stadtmauer ins Blickfeld, und an der Stelle, wo die Mauer ihre Richtung ändert und im rechten Winkel nach Osten abbiegt, gab Yussuf dem Fahrer ein Zeichen anzuhalten.
    »Kommen Sie, Mr. Gropius«, sagte er, und mit seinem Gehstock wies er auf den Berg Zion, auf dem sich Turm und Kuppelbau einer Kirche und ein Kloster erhoben. Ein schmaler Weg führte bergan. Es war Mittag, und die Frühlingssonne brannte gnadenlos vom Himmel.
    Gropius hatte es sich abgewöhnt, dem eigensinnigen Palästinenser Fragen zu stellen. Er ließ die Dinge auf sich zukommen. Lange brauchte er nicht zu warten. Bald schon verließ Yussuf den Gehweg und durchquerte mit weit ausholenden Schritten Gestrüpp und steiniges Gelände. Gropius folgte ihm.
    Vor einem Steinwall machte er Halt, stieß seinen Stock in den steinigen Boden, als wollte er damit eine Markierung anbringen, und sagte: »Hier hat Mr. Schlesinger zuletzt gegraben. Ich war sein Vorarbeiter. Hier kannte ich jeden Stein, kein Felsvorsprung und keine Erdformation war mir fremd. Und hier ist es passiert.«
    »Der Unfall mit Schlesinger?«
    Yussuf schenkte Gropius Frage keine Beachtung und fuhr fort: »Schlesinger hatte die Genehmigung der ›Israel Antiquity Authorities‹ für zwei Grabungskampagnen. Offiziell suchte er nach den Fundamenten des Wohnhauses der Mutter Maria, die in Ihrem Glauben eine große Rolle spielt; ich glaube aber, dass er, als er mit der Arbeit begann, bereits etwas ganz anderes im Kopf hatte. Schlesinger musste irgendeinen Hinweis gefunden haben, der ihn dazu brachte, gerade an dieser Stelle zu graben!« Dabei beschrieb Yussuf mit seinem Stock einen Kreis, und Gropius erkannte den Erdwall, der einen Ring von etwa zehn Metern Durchmesser beschrieb.
    »Meine Leute«, fuhr Yussuf fort, »gruben gerade mal vier Tage, als wir in zweieinhalb Meter Tiefe auf einen grob behauenen Trog aus Kreidestein stießen, weniger als einen Meter lang und mit einem Steindeckel verschlossen. Mr. Schlesinger gab mir den Auftrag, den Deckel mithilfe einer Brechstange aufzuwuchten. Der Inhalt war ziemlich enttäuschend, jedenfalls für mich: Menschliche Knochen. Na ja, zusammengesetzt mochten sie das Skelett eines Menschen ergeben; aber sehr spannend war das nicht gerade. Ganz anders für Mr. Schlesinger: Er schien sehr aufgeregt und befahl, den Steintrog sofort wieder zu verschließen. Außerdem musste ich meine Männer von einem Tag auf den anderen entlassen. Wir bekamen alle eine anständige Abfindung. Ich selbst wurde zum Stillschweigen verurteilt. Am folgenden Tag nahmen die Dinge eine dramatische Entwicklung.«
    Gropius scharrte nervös auf dem steinigen Boden und sagte leise: »Erzählen Sie weiter!«
    »Ich hatte nicht bemerkt, dass auf der Vorderseite des steinernen Behälters Schriftzeichen eingemeißelt waren, aber selbst wenn mir die Zeichen aufgefallen wären, hätte es nichts genutzt, denn ich konnte sie nicht lesen. Auch Mr. Schlesinger war sich seiner Sache nicht sicher. Er zog einen Schriftexperten zu Rate, und der stellte fest, dass es sich um

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