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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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meinem Auftrag in Prag unterwegs.«
    »Und Sie fanden es angebracht, Lewezows Hotelrechnung zu begleichen? Ist das nicht, nun ja, ich möchte einmal sagen, ungewöhnlich?«
    »Das mag vielleicht so aussehen; aber wenn ich Ihnen die näheren Umstände erkläre, werden Sie meine Haltung sicher verstehen.«
    Mucha nickte unwillig, so als wollte er sagen, da gibt es nichts zu verstehen, Sie haben sich verdächtig gemacht, dann meinte er: »Ich möchte Sie bitten, uns zu begleiten. Sie müssen den Toten identifizieren. Im Übrigen wäre es für Sie von Vorteil, wenn Sie das Nötigste einpackten. Nur für den Fall, dass es länger dauert!«
    Sie wollen dich verhaften, schoss es Gropius durch den Kopf. Sie wollen dir einen Mord in die Schuhe schieben. Sie wollen dich fertig machen. Panik stieg in ihm auf, und einen Augenblick trug er sich mit dem Gedanken zu fliehen, den Gang entlang, zum Treppenhaus, elf Stockwerke nach unten, durch das Foyer ins Freie; aber dann kam ihm in den Sinn, dass er sich dadurch nur noch verdächtiger machen würde, und er stopfte die nötigsten Dinge in seinen handlichen Pilotenkoffer.
    Auf der Fahrt in einem uralten Skoda ins Rechtsmedizinische Institut durch triste nebelverhangene Straßen fiel kein einziges Wort. Mucha hatte neben ihm auf der Rückbank des Wagens Platz genommen, und der Fahrer war von einer beamteten Langsamkeit, die Gropius beinahe zur Verzweiflung trieb. Er war aufgeregt, nervös, wollte das Ganze hinter sich bringen, aber der Wagen schlich provozierend langsam von Ampel zu Ampel.
    Endlich, nach fast dreißigminütiger Fahrt in eine ihm unbekannte Gegend, hielt der Skoda vor einem wuchtigen, alten, angsteinflößenden Gebäude. Nur aus Filmen kannte Gropius die Szene, wenn Angehörige einen Toten in einem grell erleuchteten Untergeschoss identifizieren müssen. Auf eigenartige Weise glaubte sich Gropius auf einmal in einem solchen Film. Erst als der Pathologe, ein unappetitlicher Fünfziger ohne Haare auf dem Kopf und ohne Wimpern, das zerknitterte Tuch von dem Toten zog, der auf einem der drei Seziertische in der Mitte des weiß gefliesten Raumes lag, und Lewezows Leiche zum Vorschein kam, wurde er von der Realität eingeholt.
    »Ja, das ist Dirk Lewezow«, erklärte Gropius ohne sichtbare Regung.
    »Kommen Sie!« Mucha fasste Gregor am Arm und drängte ihn aus dem Raum.
    Vom Rechtsmedizinischen Institut wurde Gropius ins Polizeipräsidium gebracht, ein Gebäude mit ein paar hundert Türen und kilometerlangen Gängen und dem Geruch des 19. Jahrhunderts. In einem kahlen Raum im dritten Stockwerk bot Mucha Gropius einen Stuhl an, er selbst nahm hinter einem durch zahllose Verhöre heruntergekommenen Schreibtisch Platz. Mit dem Ellenbogen und einem Gesicht, welches verriet, dass er seiner Arbeit nur widerwillig nachkam, schob er ein paar Akten beiseite und vertiefte sich wortlos in ein Papier. Angeekelt verzog er dabei sein Gesicht, als wollte er mit der Sache nichts zu tun haben. Schließlich blickte er auf und meinte: »Eine dumme Sache ist das, Sie verstehen?«
    Gropius nickte und stellte die Frage: »Gibt es irgendwelche Anhaltspunkte, wie das passieren konnte? Ich meine, ist Lewezow ertrunken? Hatte er Alkohol im Blut?«
    Mucha erhob sich, entledigte sich seiner Lederjacke und hängte das Kleidungsstück über die Stuhllehne. Dann setzte er sich wieder und schob Gropius gedankenlos den Obduktionsbefund über den Schreibtisch. »Der Tod trat durch einen einzigen gezielten Nackenschlag ein, vermutlich mit einer speziellen Waffe, die das Rückenmark durchtrennte. Es floss kein Blut, nichts. Dann warf man den Mann in die Moldau. Kein Hinweis auf den Tatort oder den Tathergang. Saubere professionelle Arbeit.«
    Gropius fröstelte bei den nüchternen Worten des Kommissars. Hinzu kam, dass er sich in gewisser Weise schuldig an Lewezows Tod fühlte. Schließlich war er es gewesen, der ihn nach Prag geschickt hatte. Warum, dachte er, interessierte sich dieser Mucha nicht für den Auftrag, den er Lewezow erteilt hatte? Es hätte ihn nicht einmal verwundert, wenn Mucha ihn der Tat bezichtigt hätte. Aber nichts dergleichen geschah.
    Stattdessen stellte Mucha die Frage: »Was sind Sie eigentlich für ein Professor, Herr Gropius?«
    »Ich bin Arzt am Münchner Klinikum«, antwortete Gropius.
    Mucha blickte aus dem Fenster, als sagte ihm der Befragte nichts Neues. Mehr der Höflichkeit halber antwortete er: »So, so, Arzt sind Sie? Und seit wann halten Sie sich in Prag auf, Professor

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