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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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steuerte, stellte Gropius die Frage: »Und was verlangt Prasskov für ein Organ?«
    »Verschieden. Mindestens hunderttausend Euro. Wenn es ist dringend, dann es kostet Vielfaches. Soviel ich weiß, werden sogar Autos manipuliert und Unfälle inszeniert, um an Organe heranzukommen.«
    »Ich habe davon gehört.«
    »Ist wahr, so wahr ich heiße Milena Plečnikowa. Aber hast du versprochen zu schweigen!« Mit ernstem Gesicht legte sie den rechten Zeigefinger auf die Lippen, und Gropius sagte: »Ehrenwort!«
    Der Himmel hatte sich zugezogen, und kein Sonnenstrahl drang durch den milchigen Dunst, als Milena in die Straße nahe dem Kurpark einbog, wo sich Prasskovs Kurklinik befand. Milena zog es vor, etwas abseits zu parken. »Will ich nicht gesehen werden«, meinte sie, »falls Prasskov anwesend ist.«
    Das parkähnliche Gelände, das die Villa umgab, war hell erleuchtet, ebenso das Gebäude selbst. Von vorne näherte sich eine dunkle Limousine, und Milena zog Gropius hinter einen der knorrigen Alleebäume, welche die Straße säumten. Einen kurzen Augenblick lagen sie sich in den Armen, und Gropius empfand das alles andere als unangenehm; aber um einen Blick in den schwarzen Wagen zu werfen, befreite er sich aus der Umklammerung und spähte im Schutz des Baumes in Richtung des Klinikeingangs. Nach kurzem Stopp öffnete sich das schwere Eisentor von selbst. Gropius erspähte Prasskov und Fichte auf den Vordersitzen, den Mann auf dem Rücksitz kannte er aus der Zeitung: Es war der Baulöwe Thomas Bertram.
    Auf einmal fügten sich die zusammenhanglosen Details, die er in den vergangenen Wochen herausgefunden hatte, zu einem logischen Ganzen. »Fichte, dieses Schwein!«, zischte Gropius durch die Zähne. Während sich das Gittertor hinter dem einfahrenden Wagen schloss, traten Gropius und Milena hinter dem schützenden Baum hervor.
    »Ich hätte es wissen müssen!«, geiferte Gropius vor sich hin. Endlich hatte er den Beweis: Fichte hatte es auf seinen Job abgesehen, weil er befürchtete, seine Aktivitäten außerhalb des Universitätsklinikums würden früher oder später entdeckt werden. Die mörderische Inszenierung von Schlesingers Tod war simpel gestrickt und dennoch von psychologischer Raffinesse. Fichte kannte ihn, Gropius, ganz genau. Fichte wusste, dass er den Tod eines Patienten nach einer Transplantation nicht einfach hinnehmen würde, dass er alles daransetzen würde, die Ursache zu ergründen. Der Anschlag musste also aufgedeckt werden, nicht aber der Täter. Niemandem, außer Fichte, standen alle Türen offen, um das Organ mit der todbringenden Injektion zu vergiften. Und niemand hatte so viele Möglichkeiten wie Fichte, alle Spuren zu beseitigen oder überhaupt keine Spuren zu verursachen! Und wie sich zeigte, war sein Plan aufgegangen. Zumindest bis zu diesem Tag.
    »Hey, Papiertiger!« Milena fasste Gropius am Arm, sie hakte sich bei ihm unter und zog ihn in Richtung ihres Autos. »Mit dir ist irgendetwas nicht in Ordnung«, meinte sie verunsichert, während sie nebeneinander hergingen, »langsam du machst mir Kummer.«
    »Unsinn!«, wehrte Gropius ab und versuchte zu lächeln. »Mir gehen einfach zu viele Dinge durch den Kopf. Das musst du verstehen.«
    »O.k. Papiertiger! Ich versuche es. Wollen wir jetzt fahren nach Mlada Boleslav, in Prasskovs andere Klinik?«
    Gropius schüttelte den Kopf. »Nein, ich möchte zurück ins Hotel. Ich habe genug gesehen.« Er warf einen Blick zurück auf das hell erleuchtete Gebäude und sagte: »Komm!«

K APITEL 10
    A ls Gregor Gropius Tags darauf auf dem Münchner Flughafen landete, wurde er schon erwartet.
    »Ah, Professor, auch mal wieder im Lande?«, begrüßte ihn Wolf Ingram, der Leiter der ›Sonderkommission Schlesinger‹, mit hämischem Unterton. »Wie war's in Prag? Kleiner Kurzurlaub?«
    Gropius sah den Mann mit den kurz geschorenen, dunklen Haaren verblüfft an: »Woher wussten Sie?«
    »Ach Gott!« Ingram rang sich ein mühsames Grinsen ab. »Sie sind doch ein kluger Kopf, Professor, Sie sollten die Polizei nicht für dümmer halten, als sie ist.«
    »Entschuldigen Sie, Herr Ingram, das war keineswegs meine Absicht. Meine Reise nach Prag hatte nur den einen Grund, nämlich zu meiner Rehabilitierung beizutragen, und ich glaube, es ist mir sogar ein bisschen gelungen.«
    »Interessant«, bemerkte Ingram, jetzt weniger hämisch als mit einer gewissen Überheblichkeit. »Das sollten Sie mir näher erklären. Wollen Sie mich ins Präsidium

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