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Die Akte Kachelmann

Die Akte Kachelmann

Titel: Die Akte Kachelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Knellwolf
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Rechtsanwälte bezahlen. Vorgesehen war, wie aus dem Rest des E-Mail-Protokolls hervorgeht, einen Teil dieser Maßnahmen «für die Schublade» zu treffen und das meiste «reaktiv» umzusetzen und zu kommunizieren.
    Waren die drei Punkte nur ein Notfallplan zur Rettung von mehr als 100 Arbeitsplätzen? Oder versteckte sich dahinter eine Strategie, um Jörg Kachelmann sein Lebenswerk abzuluchsen? Jörg Kachelmanns Seite wird behaupten, Werner und seinen Mitstreitern sei es nur darum gegangen, die Schwäche des Inhaftierten auszunutzen. Die Beteiligten an der Planung hingegen beteuern, sie hätten in dieser Extremphase einzig und allein die Rettung der Arbeitsplätze im Auge gehabt.
    «Ich wollte», wird Werner sich rechtfertigen, «dass eine Art Brandschutzmauer zwischen Meteomedia und Jörg Kachelmann errichtet wird.» Die Konkurrenz witterte in den turbulenten Tagen nach der Verhaftung Kachelmanns bereits ihre Chance. Meteonews, eine andere Schweizer Wetterfirma, zeigte sich öffentlich «gerne bereit – falls nötig – auszuhelfen», wenn Meteomedia ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen könne. Werner fand es, so wurde er in der Schweizer Zeitung «Der Sonntag» zitiert, «unappetitlich, dass die Konkurrenz schon bereitsteht, bevor die Untersuchung abgeschlossen ist».
    Bereits sechs Tage nach der Festnahme seines Noch-Geschäftsfreundes hatte er in einer internen E-Mail an die Mitarbeiter festgehalten: «Nicht unerwartet drehen die Medien das Thema Kachelmann mit vielen unappetitlichen Details weiter.» Er sei überzeugt, «dass es uns allen mit gemeinschaftlicher Anstrengung gelingen wird, die Schäden dieses Spuks für unser Unternehmen überschaubar zu halten». Werner fürchtete damals weiteren Imageschaden. Ihm war zu Ohren gekommen, dass die Boulevardblätter von Springer über vieles aus dem Intimleben des Verhafteten Bescheid wussten.
    Werner hatte auch von anderer Seite Überraschendes und durchaus Skandalisierbares aus dem Privatleben Kachelmanns erfahren, als er das erste und einzige Mal in der JVA auftauchte. Gleich zwei Partnerinnen Jörg Kachelmanns aus der Ostschweiz hatten sich mit Bitten an ihn gewandt. In seinem Stapel Papiere, den er ins Gefängnis mitbrachte, befanden sich zwei Auflösungsverträge, die er auf Wunsch der beiden Frauen dem Inhaftierten vorlegte. Die eineExfreundin hatte mit Jörg Kachelmann ein Haus oberhalb des Zürichsees gemietet. Nachdem sie hatte lesen müssen, dass sie nicht die einzige Partnerin war, verlangte die enttäuschte Frau, dass der Untersuchungshäftling den gemeinsamen Mietvertrag auf sie allein übertrage. Die andere Freundin war in einer vergleichbaren Lage an Werner herangetreten. Sie wollte eine ähnliche Sache mit einem Auto geregelt haben. Jörg Kachelmann unterschrieb beide Verträge. Vier Monate später wird im «Spiegel» stehen, «Putschist» Werner hätte nicht nur versucht, Kachelmann in der Firma «aus dem Eigentümerkreis zu drängen». Der Untersuchungshäftling hätte «sogar Autos und eine für ihn angemietete Wohnung verlieren» sollen. Viele andere Medien werden diese Version – mit Frank-B. Werner als Bösewicht – ungeprüft verbreiten.
    Zum Streit war es in der JVA Mannheim jedoch kaum wegen Fahrzeugen oder einem Mietverhältnis gekommen. Kachelmann hielt schlicht und einfach wenig bis nichts von den Maßnahmen, welche die Firmenleitung ohne ihn geplant hatte. Er wollte nicht einsehen, dass er seine Funktion abgeben oder auch nur ruhenlassen sollte. Vielmehr war er – sofern ihn sein Besucher gegenüber Dritten korrekt wiedergegeben hat – der Meinung: «Das muss die Firma jetzt aushalten.» Werner war gegenteiliger Ansicht: «Nicht die Firma, sondern Kachelmann selber muss die Belastung des Strafverfahrens aushalten.» Im Falle einer Interessenkollision, so soll Werner erklärt haben, müsse er sich für Meteomedia entscheiden – und damit letzten Endes gegen Kachelmann.
    Der Untersuchungshäftling muss diese Auffassung als Akt der Illoyalität aufgefasst haben. Auf den Vorschlag Werners, seine 49 Prozent Aktien – auch nur als Pfand – zu übernehmen, ging er nie ein. Vielmehr machte er deutlich, er brauche kein geliehenes Geld, um seine Anwälte zu bezahlen. Kachelmann erklärte – immer in der Darstellung Werners gegenüber anderen Involvierten –, er werde Immobilien verkaufen, um die Verfahrenskosten zu decken.
    Schnell stellte sich aber heraus, dass zumindest eine erwähnte Wohnung bereits beliehen war, was Werners Vertrauen

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