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Die Akte Nr. 113

Titel: Die Akte Nr. 113 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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Fauvel und in
seinen Augen blitzte es unheimlich.
    Er öffnete eine Lade seines Schreibtisches, nahm
einen Revolver heraus und sah die Ladung nach.
    Dann faltete er den Verräterbrief wieder, schob ihn
in den Umschlag und trug ihn hinaus in das Vorzimmer, wo er ihn auf die
silberne Platte, die für die Briefe bestimmt war, mit den
übrigen Briefschaften legte.
    Seine Abwesenheit war nicht von langer Dauer gewesen, aber sie
hatte Nina, die nach der Weisung Verdurets Fauvel nicht aus den Augen
gelassen, genügt, um ins Zimmer zu schlüpfen und die
Kugeln aus dem Revolver zu nehmen.
    »Damit ist die erste Gefahr wenigstens
abgewendet,« sagte sie sich, »das übrige ist
Herrn Verdurets Sache.«
    Dann eilte sie hinab, ließ sich Cavaillon herausrufen
und bat ihn, schleunigst in den »Erzengel« zu gehen
und den Freund von dem Vorgefallenen zu verständigen.
    Eine Stunde später ließ Frau Fauvel
anspannen und fuhr aus.
    Und der Bankier ließ rasch einen Mietwagen holen und
folgte seiner Frau.
    »O Gott,« dachte Nina, »wenn Herr
Verduret nur nicht zu spät kommt, sonst sind Frau Fauvel und
Raoul verloren!«

23. Kapitel
    Von dem Augenblick an, wo der Marquis von Clameran in Raoul
ein Hindernis für seine Verbindung mit Magda sah, hatte er
keinen anderen Gedanken als »dieses Hindernis« zu
beseitigen.
    Schon am nächsten Tag hatte er Maßregeln
getroffen, und als Raoul nach Mitternacht zu Fuß nach Besinet
zurückkehrte, wurde er plötzlich auf der einsamen
Straße überfallen.
    Aber der Jüngling war gewandt und kräftig.
Nicht umsonst hatte er in England allerlei Sport betrieben und sich
unter den Boxkämpfern geradezu einen Namen gemacht. Es gelang
ihm, sich seiner Angreifer zu erwehren und sie in die Flucht zu
schlagen, er selbst ging ziemlich unbeschädigt aus dem Kampfe
hervor.
    Seit diesem nächtlichen Überfall wurde Raoul
vorsichtiger und ging nie mehr ohne Waffen aus. Es kam ihm aber nicht
in den Sinn, seinen ehrenwerten Oheim zu beargwöhnen.
    Einige Tage später fing ein Unbekannter im
Kaffeehause plötzlich ganz grundlos mit ihm Händel
an, warf ihm schließlich seine Karte ms Gesicht und sagte, er
sei zu jeder Genugtuung bereit.
    Der Kerl sah wie ein richtiger Raufbold und Bramarbas aus. Auf
seiner Karte stand:
    W. H.
B. Jakobsen
Früherer Garibaldianer
Ehemaliger Offizier der Südarmee
Italien – Amerika.
    »O, o, ein ruhmreicher Militär, der seine
Würden wahrscheinlich im Fechtsaal erworben hat,«
sagte Raoul lachend. Doch da die Beleidigung vor Zeugen stattgefunden
hatte, mußte er sich mit dem zweifelhaften Gesellen schlagen.
    Zwei Freunde Raouls begaben sich als Kartellträger zu
Herrn Jakobsen und vereinbarten mit seinen Zeugen die Duellbedingungen.
    Am nächsten Morgen schon fand der Zweikampf im
Vincenner Wäldchen statt und schon beim ersten Gange wurde
Raoul leicht verwundet.
    Der Garibaldianer und Offizier der Südarmee wollte
den Kampf bis zum Tode eines der Duellanten fortsetzen, und seine
Sekundanten stimmten ihm bei, allein Raouls Zeugen behaupteten, der
Ehre sei Genüge geschehen, und es sei
überflüssig, das Leben ihres Schutzbefohlenen noch
einmal aufs Spiel zu setzen.
    Damit war die Sache abgetan.
    Raoul aber waren plötzlich die Augen, aufgegangen. Er
sah einen Zusammenhang zwischen dem nächtlichen
Überfall und dem erzwungenen Duell und erkannte die Hand, die
die Fäden so geschickt lenkte.
    »Also so ist es gemeint?« sagte er,
»nun, der Schurke soll es büßen!«
    Raoul besaß 400 000 Frank, damit wollte er sich
begnügen und sich so schnell wie möglich von seinem
gefährlichen Genossen trennen, vorher aber wollte er ihn
mitten ins Herz treffen und die Heirat mit Magda hintertreiben.
    Das konnte nicht schwer fallen, er hatte nur offen Magdas
Partei zu ergreifen, und um diesen Entschluß
auszuführen, schrieb er Frau Fauvel und bat sie um eine
Unterredung.
    Die arme Frau erschien mit Angst und Herzklopfen, sie war auf
neue Forderungen, neue Drohungen gefaßt.
    Aber Raoul war heute wieder der zärtliche, liebevolle
Sohn. Er führte sie zu einem bequemen Sitz, kniete vor ihr
nieder und bedeckte ihre Hände mit Küssen.
    »Arme Mutter, was hast du alles um meinetwillen
leiden müssen! Vergib mir, ich bereue und ...«
    Er konnte nicht weitersprechen, die Tür hinter ihm
öffnete sich geräuschvoll und Fauvel erschien mit
erhobenem Revolver auf der Schwelle.
    Er war totenbleich, und es kostete ihm sicher eine

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