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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Delmenhorst«, sagte das Mädchen.
    Der Anwalt legte auf und rief die Arcadia-Klinik an. Ein Mädchen meldete sich. Als es hörte, was der Anrufer zu erfahren wünschte, wandte es sich leise an den Arzt, der neben ihr stand.
    »Da ist eine Anfrage wegen des Mannes, den Sie erwähnten – Kolb«, sagte sie. Der Arzt nahm den Hörer zur Hand.
    »Ja«, sagte er. »Chefarzt Doktor Braun – kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Als ihr Arbeitgeber sich mit »Braun« meldete, warf ihm das Mädchen einen überraschten Blick zu. Ohne mit der Wimper zu zucken, hörte er der Stimme aus Nürnberg zu und gab ihr geläufig Auskunft.
    »Herr Kolb hat unser Sanatorium am Freitagnachmittag leider eigenmächtig verlassen. Höchst ungewöhnlich, sein Verhalten, aber ich konnte ihn nicht daran hindern. Ja, das stimmt, er ist uns vom Zentralkrankenhaus in Bremen überwiesen worden. Mit einem Magentumor, der bereits in Zurückbildung begriffen war.«
    Er hörte wieder einen Augenblick lang zu und sagte dann: »Aber keineswegs. Freue mich, daß ich Ihnen behilflich sein konnte.«
    Der Arzt, dessen richtiger Name Rosemeyer war, legte auf und wählte gleich darauf eine Münchner Nummer. Ohne sich erst mit einer langatmigen Einleitung aufzuhalten, sagte er:
    »Jemand hat wegen Kolb angerufen. Die Nachforschungen haben eingesetzt.«
    In Nürnberg legte der Anwalt den Hörer auf die Gabel und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
    »In Ordnung, Kolb. Offenbar sind Sie wirklich der Mann, der Sie zu sein behaupten.«
    Miller sah ihn verwundert an.
    »Trotzdem möchte ich Ihnen noch ein paar weitere Fragen stellen. Dagegen haben Sie doch sicher nichts?«
    Noch immer verwundert, schüttelte Miller den Kopf.
    »Nein, Herr Doktor.«
    »Gut. Sind Sie beschnitten?«
    »Nein, bin ich nicht«, sagte Miller.
    »Vorzeigen«, sagte der Anwalt gleichmütig. Miller blieb auf seinem Stuhl sitzen und starrte ihn an.
    »Los, zeigen Sie her«, kommandierte der Anwalt.
    »Jawohl«, antwortete Miller und sprang auf.
    Drei Sekunden lang blieb er mit den Händen an der Hosennaht wie angewurzelt in militärischer Haltung stehen. Dann öffnete er seinen Hosenschlitz. Der Anwalt blickte kurz hin und war zufrieden. Miller richtete wieder seine Kleidung.
    »Na, wenigstens sind Sie kein Jude«, polterte er.
    Miller, der sich wieder hingesetzt hatte, starrte ihn ungläubig an.
    »Natürlich bin ich kein Jude«, protestierte er.
    Der Anwalt lächelte.
    »Trotzdem sind Fälle vorgekommen, in denen Juden sich als ehemalige Kameraden getarnt hatten. Die bleiben nicht lange unentdeckt. Jetzt beantworten Sie mir erst noch rasch folgende Fragen:
    »Wo sind Sie geboren?«
    »Bremen, Herr Doktor.«
    »Stimmt. Ist als Geburtsort in Ihrer SS-Akte angeführt. Habe das gerade nachgeprüft. Waren Sie in der Hitlerjugend?«
    »Jawohl, Herr Doktor. Bin 1935 mit zehn Jahren eingetreten.«
    »Ihre Eltern waren gute Nationalsozialisten?«
    »Jawohl, Herr Doktor. Beide.«
    »Leben sie noch?«
    »Nein, Herr Doktor. Beide sind bei den Terrorangriffen auf Bremen umgekommen.«
    »Wann wurden Sie in die SS aufgenommen?«
    »Im Frühjahr vierundvierzig, Herr Doktor. Im Alter von Achtzehn.«
    »Wo sind Sie ausgebildet worden?«
    »Im Ausbildungslager Dachau.«
    »Sie haben Ihre tätowierte Blutgruppenbezeichnung unter der rechten Achsel?«
    »Nein, Herr Doktor. Und wenn, wäre es unter der linken Achsel.«
    »Warum wurden Sie nicht tätowiert?«
    »Nun, Herr Doktor, wir sollten im August vierundvierzig mit der Grundausbildung fertig sein und zum Einsatz zu einer Waffen-SS-Einheit kommen. Dann wurde im Juli eine große Gruppe von Wehrmachtsoffizieren nach Flossenbürg eingeliefert, weil sie an der Verschwörung gegen den Führer beteiligt gewesen war. Flossenbürg forderte zusätzliches Personal beim Ausbildungslager Dachau an. Ich und zwölf andere wurden als besonders geeignete ausgesucht und sofort nach dort in Marsch gesetzt. Wir sind nicht mehr tätowiert worden. Der Kommandant hat gesagt, daß die Blutgruppentätowierung nicht erforderlich ist, weil wir nicht an die Front kämen.«
    Der Anwalt nickte. Zweifellos war sich der Kommandant im Juli 1944, als die Alliierten bereits tief nach Frankreich eingedrungen waren, auch bewußt gewesen, daß der Krieg nicht mehr allzu lange dauern konnte.
    »Haben Sie Ihren Dolch erhalten?«
    »Jawohl, Herr Doktor. Aus der Hand des Kommandanten.«
    »Wie lauten die eingravierten Worte?«
    »Blut und Ehre, Herr Doktor.«
    »Was für eine Ausbildung erhielten Sie in

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