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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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wenn Sie mir nicht helfen können, kann es niemand.«
    Der Anwalt lehnte sich in seinem Sessel zurück und starrte zur Decke hinauf.
    »Ich frage mich, warum er mich nicht angerufen hat, wenn er etwas von mir wollte«, sagte er wie zu sich selbst. Aber offensichtlich wartete er auf eine Antwort.
    »Vielleicht wollte er nicht das Telefon benutzen – bei einer solchen Sache«, gab Miller zu bedenken.
    Der Anwalt warf ihm einen ärgerlichen Blick zu.
    »Möglich«, sagte er kurz. »Jetzt erzählen Sie mir mal von Anfang an, wie Sie überhaupt in diese Schweinerei hineingeraten sind.«
    »O ja, Herr Doktor. Das war nämlich so – dieser Mann hat mich erkannt, wissen Sie, und dann hieß es, sie werden kommen und mich abholen. Und da bin ich dann raus, nicht? Ich meine, was hätte ich sonst machen sollen?«
    Der Anwalt seufzte.
    »Also nun. Erzählen Sie mal hübsch der Reihe nach«, sagte er gereizt. »Wer hat Sie erkannt – und als was?«
    Miller holte tief Atem.
    »Also, Herr Doktor, das war in Bremen. Da wohne ich nämlich und da arbeite ich – das heißt arbeitete ich, bis diese Sache eben passierte – bei Herrn Eberhardt. In der Bäckerei. Also, ich ging auf der Straße, das war vor vier Monaten, und da wurde mir auf einmal ganz komisch. Ich fühlte mich furchtbar schlecht, mit schlimmen Magenschmerzen und so. Also, ich muß wohl umgekippt sein, und die haben mich dann von der Straße weg ins Krankenhaus geschafft.«
    »In welches Krankenhaus?«
    »Ins Bremer Zentralkrankenhaus, Herr Doktor. Sie haben ein paar Tests gemacht, und dann hieß es, ich habe Krebs. Im Magen. Ich dachte, ich bin dran, verstehen Sie?«
    »Mit Magenkrebs ist man meistens dran«, bemerkte der Anwalt trocken.
    »Ja, das habe ich ja auch gedacht, Herr Doktor. Aber er ist wohl frühzeitig entdeckt worden. Jedenfalls haben sie mich auf Medikamente gesetzt und nicht operiert. Und nach einer Weile ging der Krebs zurück.«
    »Da haben Sie aber wirklich Glück gehabt, Mann. Aber was war denn das nun mit dem Mann, der Sie erkannt hat?«
    »Ja, also, das war dieser Krankenpfleger, wissen Sie. Der war Jude, und er starrte mich dauernd so an. Jedesmal wenn er Dienst hatte, starrte der mich so an. Mit diesem komischen Blick, wissen Sie. Und das hat mich langsam nervös gemacht. Die Art, wie der mich ansah – als wollte er sagen: ›Ich kenne dich.‹ Ich habe ihn nicht gekannt, aber den Eindruck gehabt, daß er mich kennt.«
    »Und was passierte dann?« Der Anwalt zeigte wachsendes Interesse.
    »Vor so ungefähr einem Monat sagten sie, ich sei transportfähig, und verlegten mich in eine andere Klinik. Die Krankenkasse hat alles bezahlt. Also, bevor sie mich da wegbrachten, aus dem Zentralkrankenhaus, meine ich, fiel es mir wieder ein. Wer er war, der Judenjunge, meine ich. Ich brauchte Wochen dazu, aber dann wußte ich es wieder. Er war Häftling in Flossenbürg.«
    Der Anwalt richtete sich kerzengerade auf.
    »Was, Sie waren in Flossenbürg?«
    »Jawohl, ich bin dahin abkommandiert worden. Und diesen Krankenpfleger im Bremer Zentralkrankenhaus, also den kannte ich von daher. In Flossenbürg war er in der Gruppe Juden gewesen, die wir zum Verbrennen der Leichen von Admiral Canaris und den anderen Offizieren abgestellt hatten, die wir liquidiert haben, weil sie am Anschlag auf das Leben des Führers beteiligt gewesen waren.«
    Der Anwalt starrte ihn an.
    »Sie waren einer von denen, die Canaris und Konsorten aufgehängt haben?«
    Miller hob die Schultern.
    »Ich habe das Hinrichtungskommando befehligt«, sagte er. »Das waren doch Verräter, oder? Sie haben den Führer umbringen wollen.«
    Der Anwalt lächelte.
    »Ich mache Ihnen gar keine Vorwürfe, mein Guter. Selbstverständlich waren das Verräter. Canaris hat den Alliierten sogar geheime Informationen geliefert. Das waren alles Verräter, diese feinen Herren von der Wehrmachtsführung. Ich hätte es nur nie gedacht, dem Mann zu begegnen, der sie aufgehängt hat.«
    Miller grinste schwach.
    »Aber dafür wollen die mich jetzt drankriegen«, sagte er. »Ich meine, das mit Canaris ist noch was anderes als Juden totschlagen, nicht wahr? Denn heute sagen viele, Canaris und die ganze Bande, also daß das Helden gewesen sind.«
    Der Rechtsanwalt nickte.
    »Ja, das kann Sie natürlich in ernste Schwierigkeiten bringen. Erzählen Sie weiter.«
    »Ich wurde in diese Klinik da verlegt und sah den Krankenpfleger nicht wieder. Aber letzten Freitag kam auf einmal ein Anruf für mich in die Klinik. Ich dachte,

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