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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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einem Tisch lagen ein paar alte Nummern des Tatler sowie einige Prospekte, die den Aufschwung der britischen Industrie illustrierten. Schon nach wenigen Sekunden erschien einer der beiden Ex-Sergeants und führte ihn in ein kleines Bürozimmer am Ende eines langen Gangs im oberen Stockwerk.. Der Presseattaché war ein Mann von Mitte Dreißig; zu Millers Erleichterung war er sehr entgegenkommend.
    »Was kann ich für Sie tun?« fragte er.
    »Ich recherchiere eine Story für eine Illustrierte«, schwindelte Miller. »Es geht um einen ehemaligen SS-Hauptsturmführer, einen von der allerübelsten Sorte. Ein Mann, nach dem unsere Behörden noch immer vergeblich fahnden. Ich glaube, er stand auch auf der britischen Fahndungsliste, als es noch eine britische Besatzungszone gab. Können Sie mir sagen, wie ich feststellen könnte, ob er jemals von den Engländern gefaßt wurde? Und wenn es der Fall gewesen sein sollte, was dann danach mit ihm geschah?« Der junge Diplomat war einigermaßen ratlos.
    » Good Lord «, sagte er. »Ich fürchte, da habe ich keine Ahnung. Wir haben Ihren Behörden schon 1949 sämtliche Unterlagen und Akten aus unserer Verwahrung übergeben. Die Deutschen haben die Ermittlungen dann dort fortgesetzt, wo unsere Leute sie seinerzeit eingestellt hatten. Ich nehme doch an, daß Sie alle diese Dinge haben müssen.«
    Miller versuchte das Eingeständnis, daß die deutschen Behörden ihm jede Hilfe verweigert hatten, zu umgehen.
    »Das stimmt«, sagte er. »Aber alle meine bisherigen Nachforschungen lassen vermuten, daß er in der Bundesrepublik nach 1949 nie vor Gericht gestanden hat. Das würde bedeuten, daß er seit 1949 nicht gefaßt worden ist. Im amerikanischen Document Center in Berlin bin ich jedoch auf eine Aktennotiz gestoßen, die besagt, daß die Engländer 1947 eine Kopie seiner Personalakte anforderten. Dafür werden sie sicher ihre Gründe gehabt haben.«
    »Ja, das sollte man meinen«, sagte der Attaché. Auf seiner Stirn erschien eine nachdenkliche Falte. Offenbar hatte er aus dem Hinweis auf das Document Center in Berlin den Schluß gezogen, Miller habe sich der Kooperation amerikanischer Behörden versichern können.
    »Welche Stelle wäre denn auf britischer Seite während der Besatzungszeit als Anklagebehörde aufgetreten?«
    »Nun, das wäre damals die Dienststelle des Chefs der Militärpolizei gewesen. Unabhängig von den Nürnberger Prozessen, die ja die Hauptkriegsverbrecherprozesse waren, ermittelten die Alliierten jeder für sich auf eigene Faust – obwohl sie natürlich auch zusammenarbeiteten. Das heißt: mit Ausnahme der Russen. Diese Ermittlungen führten zu einer Reihe von Kriegsverbrecherprozessen, die jeweils in einer der drei westlichen Besatzungszonen stattfanden. Können Sie mir folgen?«
    »Ja.«
    »Die Ermittlungen wurden englischerseits von der Dienststelle des Provost-Marschalls – des Chefs der Militärpolizei – durchgeführt und die Prozesse von der Gerichtsabteilung vorbereitet. Aber beide Instanzen haben ihre Akten 1949 den deutschen Behörden übergeben. Verstehen Sie?«
    »Doch, durchaus«, sagte Miller. »Aber es muß doch sicher Kopien geben, die in englischer Verwahrung geblieben sind.«
    »Das nehme ich an«, räumte der junge Diplomat ein. »Aber Sie werden längst in den Archiven der Armee liegen.«
    »Wäre es möglich, sie einzusehen?«
    Die Frage versetzte dem Attaché offensichtlich einen gelinden Schock. »Oh, das möchte ich doch sehr bezweifeln. Anerkannte Wissenschaftler werden vielleicht die Möglichkeit haben, einen entsprechenden Antrag zu stellen, aber bestimmt ist das eine langwierige Angelegenheit. Ich glaube jedoch nicht, daß ein Journalist die Genehmigung erhalten würde, Einblick zu nehmen – womit natürlich nichts gegen Journalisten gesagt sein soll. Sie verstehen schon.«
    »Ja, ich verstehe schon«, sagte Miller.
    »Die Schwierigkeit liegt darin«, fuhr der Diplomat fort, »daß Sie – nun, daß Sie nicht in amtlichem Auftrag tätig sind, nicht wahr? Und wir wollen doch die deutschen Behörden nicht verstimmen. Das werden Sie begreifen?«
    »Selbstverständlich.«
    Der Attaché erhob sich.
    »Ich glaube wirklich nicht, daß die Botschaft viel tun kann, um Ihnen zu helfen.«
    »Offenbar nicht. Eine letzte Frage – ist heute noch jemand an der Botschaft, der schon damals hier tätig war?«
    »Jemand vom Botschaftspersonal? Du meine Güte, nein, nein, die haben alle mehrfach gewechselt seit damals.« Er brachte Miller zur Tür.

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