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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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»Warten Sie mal, Cadbury natürlich. Ich glaube, der war damals schon hier. Jedenfalls ist er seit ewigen Zeiten in Bonn, das steht fest.«
    »Cadbury?« fragte Miller.
    »Anthony Cadbury. Der Auslandskorrespondent. Er ist etwas wie der dienstälteste hiesige britische Pressevertreter. Hat eine Deutsche geheiratet. Kam gleich nach dem Krieg hierher, soviel ich weiß. Den könnten Sie fragen.«
    »Werde ich machen«, erklärte Miller. »Wo finde ich ihn?«
    »Heute ist Freitag«, sagte der Attaché. »Da sitzt er am späten Abend bestimmt auf seinem Stammplatz im Cercle Français. Kennen Sie sich hier gut aus?«
    »Nicht besonders gut.«
    »Also, passen Sie auf, der Cercle Français ist ein Restaurant in Bad Godesberg. Man ißt dort sehr gut. Die Besitzer sind Franzosen, wissen Sie. Es ist nicht weit von hier, nur ein Stück die Straße hinunter.«
    Miller fand das Restaurant hundert Meter vom Rheinufer entfernt in der Straße Am Schwimmbad. Der Barkeeper kannte Cadbury gut, hatte ihn an diesem Abend aber noch nicht gesehen. Wenn Cadbury an diesem Abend nicht mehr hereinschaue, käme er gewiß am Samstagvormittag, um vor dem Lunch einen Drink zu nehmen.
    Miller stieg im Hotel Dreesen ab, einem Bau aus der Zeit der Jahrhundertwende, das sich Adolf Hitlers besonderer Wertschätzung erfreut hatte; er hatte es 1939 zum Schauplatz seiner ersten Begegnung mit dem britischen Premierminister Neville Chamberlain gemacht. Miller aß im Cercle Français zu Abend und saß dann in der Hoffnung auf Cadbury noch längere Zeit vor seinem Kaffee.
    Aber als der Engländer um dreiundzwanzig Uhr noch nicht erschienen war, ging er ins Hotel zurück, um sich schlafen zu legen.
    Am nächsten Vormittag war es dann soweit. Cadbury betrat wenige Minuten vor zwölf die Bar des Cercle Français, grüßte ein paar Bekannte und setzte sich auf seinen Stammhocker an der Barecke. Als er den ersten Schluck von seinem Ricardi getrunken hatte, stand Miller von seinem Fenstertisch auf und ging an die Bar.
    »Mister Cadbury?«
    Der Engländer wandte sich um und sah ihn prüfend an. Er hatte straff zurückgebürstetes weißes Haar und mußte einmal das gewesen sein, was man einen »schönen Mann« nennt. Seine Gesichtsfarbe war gesund und die Haut auf den Wangen von einem feinverästelten Geäder durchzogen. Das Blau der Augen unter den buschigen Brauen war sehr hell, der Blick, mit dem er Miller musterte, verriet Wachsamkeit.
    »Ja.«
    »Mein Name ist Miller, Peter Miller. Ich bin Reporter und komme aus Hamburg. Könnte ich Sie bitte einen Augenblick sprechen?«
    Anthony Cadbury wies auf den Hocker neben sich.
    »Ich glaube, wir reden besser deutsch, was meinen Sie?« sagte er.
    Miller war erleichtert, und das mußte ihm anzumerken gewesen sein, denn Cadbury grinste.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    Miller begegnete dem forschenden Blick der hellen Augen und folgte einer plötzlichen Eingebung, Cadbury die ganze Geschichte zu erzählen – angefangen mit Taubers Tod bis zu seinem Besuch in der britischen Botschaft.
    Der Mann aus London war ein guter Zuhörer. Er unterbrach Miller kein einziges Mal. Als Miller fertig war, gab er dem Barkeeper einen Wink, seinen Ricardi nachzuschenken. Miller bekam noch ein Bier.
    »Spatenbräu, oder?« fragte er.
    Miller nickte und füllte sein Glas aus der vollen Flasche genau bis zu dem Punkt, wo die Schaumkrone überzulaufen droht.
    »Prost«, sagte Cadbury. »Na, da haben Sie sich ja auf etwas eingelassen. Ich bewundere Ihren Mut, das muß ich schon sagen.«
    »Mut?« fragte Miller.
    »Nun ja, angesichts der derzeitigen Geistesverfassung Ihrer Landsleute. Eine undankbarere Geschichte hätten Sie sich schwerlich aussuchen können«, sagte Cadbury. »Aber das werden Sie schon noch selbst feststellen.«
    »Hab ich schon«, sagte Miller.
    »Hm. Das dachte ich mir«, sagte der Engländer und grinste plötzlich. »Wie ist es – essen wir hier einen Happen zum Lunch zusammen? Meine Frau ist heute nicht zu Hause.«
    Beim Lunch fragte Miller, ob Cadbury bei Kriegsende in Deutschland gewesen sei.
    »Ja, ich war Kriegsberichterstatter und natürlich noch sehr jung damals. Etwa in Ihrem Alter. Ich kam mit Montgomerys Armee nach Deutschland – aber nicht nach Bonn, versteht sich. Zu der Zeit hatte niemand je von dieser Stadt gehört. Montgomerys Hauptquartier war damals in Lüneburg. Na ja, irgendwie ergab es sich dann, daß ich blieb. Ich berichtete über das Ende des Krieges, die Kapitulationsverhandlungen und all diese

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