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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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und in Konzentrationslager zu sperren. Zu diesen ›Reichsfeinden‹ zählten neben Kommunisten, Sozialdemokraten und Liberalen auch Anhänger bestimmter christlicher Sekten, Journalisten und Geistliche, die sich nicht gescheut hatten, unerwünschte Wahrheiten auszusprechen; auch Widerstandskämpfer in den besetzten Gebieten. Später kamen kritische hohe Militärs, natürlich die Männer des 20.   Juli und sogar der Chef des Geheimdienstes, Admiral Wilhelm Canaris, dran. Sie mußten wegen ihrer Gegnerschaft zum Regime sterben.
    Das RSHA bestand aus sechs Abteilungen, und die wurden als ›Ämter‹ bezeichnet. Amt I war für die Verwaltung und Personal zuständig; Amt II für Ausrüstung und Finanzen. Amt III war die vorgesetzte Behörde des inländischen Sicherheitsdienstes und der Sicherheitspolizei. Das RSHA wurde zunächst von Reinhard Heydrich geleitet und nach dessen Ermordung 1942 in Prag von Ernst Kaltenbrunner, den die Alliierten nach dem Krieg hinrichten ließen. Dem Chef des RSHA waren die Spezialisten für Folterungstechniken unterstellt; Fachleute, die Verdächtige im Reichsgebiet und in den besetzten Ländern zum Reden bringen sollten.
    Amt IV war die Gestapo, die Heinrich Müller (dessen Verbleib bis heute unaufgeklärt geblieben ist) leitete; dazu gehörte auch das als Abteilung b4 geführte ›Judenreferat‹, Chef Adolf Eichmann. Er wurde von den Israelis aus Argentinien entführt und in Jerusalem hingerichtet. Amt V war die Kriminalpolizei, Amt VI der Auslandsnachrichtendienst. Später kam ein Amt VII für ›Gegnerforschung‹ hinzu.
    Während der Amtszeit von Kaltenbrunner und Heydrich fungierte der Leiter von Amt I in personellen Fragen als ihr Stellvertreter. Das war SS-General Bruno Streckenbach; er lebt heute in Hamburg und hat eine gutbezahlte Stellung bei einer großen Firma.
    Wenn man nach Verantwortung fragt, so wird man sie überwiegend bei den Ämtern des RSHA zu suchen haben. Der Täterkreis umfaßt Tausende, aber nicht die Millionen und aber Millionen Bürger der heutigen Bundesrepublik. Die These von der Kollektivschuld der Deutschen, die sechzig Millionen Menschen betrifft und Millionen von Kindern, Müttern, Rentnern, Soldaten, Seeleuten und Fliegern nicht ausnimmt, die an den Greueln unbeteiligt waren – diese These ist ursprünglich von den Alliierten aufgestellt worden. Und sie paßte den ehemaligen SS-Angehörigen nur allzu gut ins Konzept. Diese Theorie hat sich als ihr bester Verbündeter erwiesen. Denn im Gegensatz zu den meisten Deutschen ist diesen Männern eines durchaus klar: Solange die These von der Kollektivschuld unangefochten bleibt, wird man nicht so gründlich nach den einzelnen Tätern suchen. Die SS-Mörder verstecken sich daher noch heute hinter der Kollektivschuld-Theorie.«
    Miller dachte nach. Mit den Zahlen, um die es dabei ging, konnte er nichts anfangen; sie überstiegen sein Vorstellungsvermögen. Sich bei jedem dieser vielen Millionen Opfer einen einzelnen Menschen vorzustellen war unmöglich. Da konnte man schon eher an einen einzigen Toten denken, einen alten Mann, den man in Hamburg aus einem Haus in einer häßlichen Straße auf einer Bahre in den Regen hinausgetragen hatte.
    »Der Grund, weswegen Tauber sich umgebracht hat – ich meine, glauben Sie daran?« fragte Miller.
    Simon Wiesenthal betrachtete angelegentlich zwei wunderschöne afrikanische Briefmarken auf einem der Umschläge. Es war der Blick eines passionierten Sammlers.
    »Ich glaube, er hat sich nicht getäuscht in der Annahme, niemand würde ihm glauben, daß er Roschmann aus der Hamburger Staatsoper hatte herauskommen sehen. Wenn er das glaubte, dann hat er damit allerdings recht gehabt.«
    »Aber er ist ja doch nicht einmal zur Polizei gegangen«, warf Miller ein. Simon Wiesenthal schnitt ein weiteres Kuvert entlang der Falzkante auf, zog das Papier heraus und überflog das Schreiben.
    »Nein«, sagte er dann. »Technisch gesehen, hätte er das freilich tun sollen. Ich bin nicht sicher, daß daraufhin irgend etwas Konkretes erfolgt wäre. In Hamburg jedenfalls wäre keine Überraschung möglich.«
    »Wieso? Was stimmt denn in Hamburg nicht?«
    »Sie haben doch die dortige Staatsanwaltschaft aufgesucht, nicht wahr?« fragte Wiesenthal sanft.
    »Ja, das habe ich. Daß man besonders entgegenkommend gewesen wäre, kann ich allerdings nicht behaupten.«
    Wiesenthal blickte auf.
    »Das betreffende Referat der Hamburger Justiz steht hier in diesem Büro in einem ganz speziellen Ruf«,

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